1:1 – Mit Fußball-Idolen im Gespräch: RUDI VÖLLER - Teil 2

  • Teil 2


    kicker: Sie waren von Juli 2000 bis Juni 2004 Teamchef der Nationalmannschaft, aber auch jeweils kurz Vereinstrainer bei Bayer und dem AS Rom. Sind Sie froh, heute Sportdirektor zu sein?


    Völler: Ja, ich sehe mich eher in dieser Funktion. Wobei mir auch die Aufgabe als Trainer Spaß gemacht hat, obwohl ich nie Trainer werden wollte. Nationaltrainer und Vereinstrainer sind zwei grundverschiedene Dinge. In der Bundesliga stehst du Woche für Woche unter Druck, arbeitest nahezu täglich mit den Spielern. Als Nationalcoach hast du außerhalb der Länderspiele auch viele andere Aufgaben, aber bei entscheidenden Spielen schaut die ganze Nation auf dich. Ich erinnere mich an unsere Relegationsspiele zur WM 2002 gegen die Ukraine. Wir haben’s schließlich ja geschafft, aber es war ein riesiger Druck. Schließlich wollte ich nicht der erste Trainer sein, der mit dem DFB-Team in der WM-Qualifikation scheitert.


    kicker: In welches heutige Team hätte Rudi Völler gut gepasst?


    Völler: Schwer zu sagen. Tatsache ist, dass ich mir als Spieler schon immer Gedanken gemacht habe, was der Mannschaft und dann letztlich auch mir zugutekommt. So habe ich beim AS Rom zum Beispiel darauf gedrängt, Thomas Häßler von Juve zu uns zu holen. Der damalige Präsident hat mich geliebt und rund 14 Millionen Mark für „Icke“ gezahlt. Ich wusste: Der kann der gesamten Mannschaft helfen und haut mir von rechts die Bälle exakt auf die Rübe – und das war natürlich auch gut für mich. In Rom hatte ich sicher meine beste Zeit. Seitdem bin ich ein halber Römer und werde später sicher auch meinen Alterssitz dort haben.


    kicker: Wer von den heutigen Stürmern erinnert Sie am ehesten an Rudi Völler?


    Völler: Nun, ich war ja so eine Mischung aus Messi und Cristiano Ronaldo . . . (lacht). Im Ernst, so eine Kopie von mir sehe ich nicht.


    kicker: Sie sind einer der populärsten Sportler in Deutschland. Ist es nicht schwer, jedermanns „Rudi“ zu sein?


    Völler: Natürlich gehe ich am Freitagabend nicht unbedingt in die Kölner Altstadt, aber generell habe ich kein Problem mit der Popularität. Die Aufmerksamkeit, die ich noch immer bekomme, werte ich als Anerkennung für meine Leistungen.


    kicker: Wie gehen Ihre Kinder mit der Situation um ihren äußerst populären Vater um?


    Völler: Das ist für die unproblematisch. Okay, sie wissen, der Papa ist ein bisschen bekannter und ab und zu im Fernsehen, aber sie gehen damit unbelastet und auch distanziert um.


    kicker: Was würde Rudi Völler heute machen, wenn er nicht Fußballprofi geworden wäre?


    Völler: Ich habe zu meiner Offenbacher Zeit eine Lehre zum Bürokaufmann gemacht. Aber mir war schon mit 14, 15 Jahren klar: Ich werde Fußball-Profi! Mit beruflichen Alternativen habe ich mich nie beschäftigt.


    kicker: Wann hat Rudi Völler zuletzt ein Buch gelesen?


    Völler: Ich lese regelmäßig. Zuletzt waren es meist Bücher von Andreas Franz. Spannende Krimis, die in meiner alten Heimat Frankfurt/Offenbach spielen.


    kicker: Gibt es einen Menschen, den Sie bewundern?


    Völler: Karlheinz Böhm. Ich finde es überragend, wie er sich mit seiner Stiftung „Menschen für Menschen“ in Äthiopien engagiert. Als Prominenter kannst du relativ einfach mal deinen Namen für eine gute Sache geben, aber mit vollem Engagement eine Sache so zu betreiben, wie er es seit Jahrzehnten tut, davor ziehe ich den Hut.


    kicker: Welche Musik hören Sie am liebsten?


    Völler: Italienische Musik, Rock, Bryan Adams, Foreigner.


    kicker: Was bringt Rudi Völler auf die Palme – außer Waldemar Hartmann?


    Völler: Ach, diese Geschichte 2003 nach dem 0:0 auf Island. Die gehört zu meiner Vita. Einige Wörter, die ich damals gebraucht habe, würde ich heute sicher nicht mehr so verwenden, aber die Sache ist geklärt. Mit Waldi, mit Delling und Netzer. Waldi hat mir letztlich seine Weißbier-Werbeverträge zu verdanken.


    kicker: Sind Sie gläubig, beten Sie?


    Völler: Ich bin gläubig und bete auch gelegentlich, aber ich bin nicht der klassische Kirchgänger.


    kicker: Sie haben insgesamt fünf Kinder. Ihr Sohn Marco ist Basketballer und spielt in der 2. Bundesliga beim TV Langen. Was ist denn da „schiefgelaufen“?


    Völler: Er hat früher auch bei den Offenbacher Kickers Fußball gespielt. Aber dann hat ihn der Basketball-Boom um Michael Jordan und Co. in seinen Bann gezogen. Er ist jetzt 21 Jahre jung, 1,97 m groß und hat sich sensationell entwickelt. Wenn’s möglich ist, schaue ich mir seine Spiele an.


    kicker: Welcher deutsche Stürmer hat das Zeug, in den nächsten Jahren international eine große Nummer zu werden?


    Völler: Wir verfügen in Deutschland endlich wieder über eine ganze Reihe sehr guter Stürmer. Stefan Kießling traue ich zum Beispiel noch sehr viel zu.


    kicker: Wie können Sie vom Fußball etwas abschalten?


    Völler: Indem ich selbst Sport treibe, zum Beispiel jogge, oder mit meiner Frau Sabrina Karten spiele.


    kicker: Wovon träumen Sie?


    Völler: Von meinem alten Kampfgewicht.





    Quelle: kicker-Printausgabe vom 25.01.10