Es soll eine Zeit gegeben haben, da waren Pressekonferenzen mit dem Trainer Jupp Heynckes nicht gerade der Höhepunkt im Wochenkalender von Journalisten. In München, Frankfurt und auf Schalke gibt es Kollegen, die erinnern sich an einen Jupp Heynckes, der kurz angebunden und ernst auftrat und hinter jeder Frage einen Hinterhalt vermutete.
Wenn in diesen Wochen Jupp Heynckes und die Journalistenschar zum allspieltaglichen Ritual im ersten Stock der BayArena zusammenkommen, scheinen diese Zeiten so weit weg wie Bayer 04 von einem Abstiegsplatz. Alles beginnt mit dem Ritual, bei dem der Pressesprecher dem Trainer ein Glas Wasser einschenkt – ohne Kohlensäure. Ein Hauch von "Dinner for One", oder, wie Heynckes selbst sagt: "Wir sind ja fast wie Netzer und Delling."
Häufig antwortet Heynckes inzwischen humorvoll oder gar ironisch. Er gibt sich schlagfertig, erzählt von früher, als er als Spieler in Mönchengladbach mit dem Bus zum Training fuhr und Journalisten nach dem Spiel in der Kabine saßen. Es sind Anekdoten zum Schmunzeln, keine "Opa-erzählt-vom-Krieg"-Geschichten. Er sei lockerer geworden, hat der 64-Jährige jüngst selbst gesagt. Diese Erkenntnis dürfte Teil seines momentanen Erfolges sein.