Von Martin Sauerborn, 12.02.10, 21:14h
Nach dem 1:1-Remis in Bochum versucht der Bayer-Trainer Jupp Heynckes die Ambitionen seines Teams zu wecken und spricht erstmals von einer möglichen Meisterschaft. Die momentan wackelnden Wolfsburger kommen gerade recht, um wieder auf die Siegerstraße zu finden.
LEVERKUSEN - So forsch kennt man Jupp Heynckes gar nicht. Hatte sich der Erfolgstrainer von Bayer 04 Leverkusen bislang als Meister der Bescheidenheit und der diplomatischen Kampfansagen entpuppt, lehnte sich der 64-Jährige vor der Bundesliga-Partie am Samstag gegen Meister VfL Wolfsburg (15.30 Uhr, BayArena / Sky) erstmals aus dem Fenster. „Wir haben registriert, dass die Bayern aufgeholt haben, nehmen das aber locker und cool. Ich sage meiner Mannschaft immer, dass auch schon unreife Teams Meister geworden sind.“
Solche Töne aus Leverkusen? Im Fernduell mit den mittlerweile punktgleichen Münchner Bayern von einer „möglichen Meisterschaft“ zu sprechen, entspricht gar nicht der Philosophie des Werksclubs. Die Kehrtwende zu mehr Selbstbewusstsein dürfte wohl in Zusammenhang mit dem jüngsten 1:1 in Bochum stehen. Da hatte sich der Bayer-Tross kleinlaut gegeben und den Anschein erweckt, dass Meister sowieso nur die Münchner werden können. „Man muss verstehen, dass hier in Leverkusen die Erwartungshaltung gestiegen ist. Wir sind Tabellenführer. Klar, dass dann nach so einem 1:1 Kritik aufkommt. Ich sehe das sogar positiv, denn Kritik kann helfen“, reagierte Heynckes.
Verstärkungen gefordert
Um seiner jungen Mannschaft zu zeigen, wie man Ansprüche stellt, ging der Trainer als Beispiel voran. „Wenn wir nächste Saison in drei Wettbewerben spielen, brauchen wir einen qualitativ breiteren Kader. Falls es die Champions League wird, muss unser Wolfgang sein Säckel halt aufmachen“, forderte er mit Blick auf Wolfgang Holzhäuser. Der Bayer-Geschäftsführer reagierte gelassen: „Man kann Wünsche äußern, muss aber sehen, was möglich ist. Wir haben zwei Jahre nicht europäisch gespielt“, steckte er finanziell den Rahmen.
Konkret bedeutet dies, dass Bayer sich zunächst auf die Rückholaktion seiner ausgeliehenen Profis wie Jens Hegeler (Augsburg), Marcel Risse (Nürnberg) oder Richy Sukuta-Pasu (St. Pauli) konzentriert. „Die Saison wird zeigen, ob wir noch den ein oder anderen dazu holen“, so Holzhäuser.
Umstrittener Pokal-Referee Kinhöfer wird pfeifen
Ob Bayer auch im 22. Saisonspiel ungeschlagen bleibt und Jupp Heynckes einen persönlichen Rekord aufstellt und zum 28. Mal in Folge nicht als Verlierer den Platz verlässt, muss sich gegen den tief gefallenen Meister zeigen. Die Wolfsburger reisen als Schießbude der Liga an und haben seit neun Spielen nicht mehr gewonnen. „Meine Mannschaft muss wieder forscher nach vorne spielen“, gab Heynckes als Marschroute aus. Sie kann dies auf dem frisch verlegten neuen Rasen und mit Gonzalo Castro tun. Der 22-Jährige ersetzt auf der „Sechs“ den gelbgesperrten Arturo Vidal. Kein Problem hat Jupp Heynckes erwartungsgemäß mit der Ansetzung von Thorsten Kinhöfer: „Protest gegen Schiedsrichter-Entscheidungen bringt nichts, außer dass man auf die Verliererstraße geraten kann. Das hat man in Augsburg wieder gesehen“, sprach er Kinhöfers drei Platzverweise gegen Köln an.