hallo @ all
hab ja jetzt was zeit und dann hab ich mal so ein bisserl was aufgeschrieben...ist aber nur ne rohfassung und soll nach dem traurigem gänsehaut 7-thread ein bisserl aufmuntern...vielleicht habt ihr ja spaß dran, wenn nicht dann wird es bald in den tiefen des internets verschwinden...:)...wen es also überhaupt nicht interessiert, der kann gleich wegklicken, allen anderen viel spaß...denkt dran, in einem buch kommen keine smilies vor... :LEV14...also ein bischen zwischen den zeilen lesen...
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12.2.1963
Tatzeit: 21.45 Uhr
Tatort: Berlin-Wilmersdorf
A star is (voll)born.
„Uaaaaaahhhhhh“, so ähnlich wird wohl mein erster Willkommensgruß an die Welt gewesen sein. Nach Aussage meiner Mutter war ich das hübscheste Baby auf der ganzen Welt (welche Mutter meint das nicht von ihrem Kind), die erste Reaktion meines Vaters spricht eher nicht dafür, seine ersten Worte waren: „Bleibt der so ?“ und sein Gesicht soll äußerst skeptisch ausgesehen haben. In seinen Augen hatte ich wohl etwas von einem Alien oder Gremlin (obwohl diese Wesen 1963 noch nicht bekannt waren), verschrumpelt und knallrot im Gesicht muß ich in seinen Augen furchtbar ausgesehen haben. Naja, ich blieb nicht so, ich bin wenigstens gewachsen, die Schönheit kam dann später auch, wenigstens von innen. Ich habe zwar morgens nach dem ersten Blick in den Spiegel nicht unbedingt das Gefühl das ich gleich die Kloschüssel vor Ekel umarmen muß, aber ein Adonis bin ich auch nicht gerade (dazu fehlen mir die schwarzen Haare).
Meine Eltern haben irgendwann im Sommer 1962 geheiratet, rein rechnerisch war ich also der Heiratsgrund. Mein Vater heißt Helmut, war Beamter (heute ist er pensioniert) und, obwohl das nach der landläufigen Meinung bei Beamten und Bewegungsdrang ein Widerspruch in sich sein soll, sehr sportlich. Er hat Leichtathletik betrieben (mehr die Wurfdisziplinen) und Handball gespielt. Ich bin bei vielen seiner Spiele mitgefahren, meistens das damals noch geläufige Feldhandball, und habe hinter dem Tor gestanden und Balljunge gespielt. Meine Mutter heißt Greta, ist eine geborene Gohl und war eine sehr erfolgreiche Schwimmerin, mehrmalige Hamburger Meisterin und 1956 Ersatzschwimmerin der Ersatzschwimmerin für die 4x100 m Freistilstaffel für die Olympischen Spiele in Melbourne. Sie wurde bei den Deutschen Meisterschaften also 6. über 100 m Freistil. Ihr Vater hieß übrigens Charles Gohl, nicht zu verwechseln mit dem ehemaligem französischen Premierminister Charles de Gaulle.
Sowohl mein Vater als auch meine Mutter versuchten mich für „ihre“ Sportart zu gewinnen. Klein Rudi hatte aber was dagegen: mit 6 Monaten konnte ich fangen, mit 7 Monaten schießen, mit 8 Monaten laufen, mit 9 Monaten fliegen, mit 10 Monaten fausten, mit 11 Monaten war klar das ich Fußballprofi werde und mit 1 Jahr zeugte ich mein erstes Kind, nee, Quatsch, so schnell ging das nun doch alles nicht, aber der Ball stand immer im Mittelpunkt meiner Alltagsaktivitäten. Mit 8 Monaten laufen konnte ich wirklich, mit 1 Jahr hatte ich ne Vollglatze, sah aus wie Yul Brunner in Kleinformat und machte die Straßen von Steglitz unsicher. Irgendwann entschlossen sich meine Eltern für eine eigene Wohnung, bisher hatten wir zusammen mit meinem Opa, Vater meines Vaters, in einer Wohnung gelebt. Ich hauste aus Sicherheitsgründen in einer Abstellkammer mit Kindergitter davor. Sicherheit ? Für die Möbel war es sicherer. Nun gut, wir zogen also nach Zehlendorf in die Seehofstraße. Meine Erinnerungen an diese paar Jahre sind relativ rar.
Da gab es einen Spielplatz wo sie über den Winter einfach eine Stange, unter der ich immer durchgepasst hatte, niedriger gemacht hatten, die Beule hatte ich wochenlang, wie soll man auch wissen das Klettergerüste sich nicht dem Wachstum anpassen ?
Hier hatte ich meine erste Erfahrung mit Jod. Ich hatte die Knie aufgeschlagen, Mama sagte dann: „Gleich tut das nicht mehr weh !“ Sie hatte recht, der brennende Schmerz des Jods war größer als die Knieschmerzen durch meinen dämlichen Unfall.
Meine ersten Versuche des Schreibens: MMMMMMM, natürlich wunderschön in geschwungenen Bögen, achja, ein paar Tage war ich da ja auch in der Schule. 1969 wurde ich in Zehlendorf eingeschult, war da nur ein paar Wochen und kam dann in ein Erholungsheim für Kinder auf Sylt. Ich weiß nicht mehr genau wie lange, aber es kam mir wie eine Ewigkeit vor. Der Grund der Verschickung: ich war ein sehr starker Stotterer, wenn man genau aufpaßt kann man das bisweilen heute noch merken. Es ist schon beeindruckend mit welcher Geduld meine späteren Mitschüler auf meine Ausführungen warteten. Ich kann mich nur an wenige erinnern die mich damit geärgert haben, die wurden dann regelmäßig von meinen Mitschülern zurechtgewiesen. Die Stotterei begleitete mich bis in meine Profikarriere (kein Witz: ich bekam einmal eine Einladung zur deutschen Stotternationalmannschaft), nicht mehr so häufig, aber es tauchte immer wieder auf. Erst mit 26 Jahren und dem Kennenlernen meiner zweiten Frau ließ das nach und ist heute so gut wie weg.
In Zehlendorf versuchte mich meine Mutter auch davon zu überzeugen das Schwimmen doch etwas ganz tolles ist. Jo, super, echt klasse, bin dann als 6jähriger ins kalte Wasser gesprungen und durfte meine Bahnen drehen, fand ich toll. Ich habe sogar mal einen Wettkampf mitgemacht, furchtbar enge Schwimmhalle, absolut miese Luft, total heiß in der Halle und dann der Startschuß, Sprung und „AAAAAAHHHHHHH“, daß mir nicht die Finger eingefroren sind war alles. Ich hab die 50 m mehr gefroren als alles andere, wurde dann vierter von fünf und entschloß mich spontan meine Schwimmflügel an den Nagel zu hängen.
Mein Vater hatte da schon mehr Chancen, beim Handball war wenigstens ein Ball im Spiel. Da gab es auch einen Torwart. Aber dazu komme ich später noch.
Im Dezember 1969 zogen wir von Zehlendorf in die Monopolsiedlung nach Tempelhof, genauer Mariendorf (alles noch Berlin, für Nichteingeweihte), mein Vater arbeitete ab da für die Monopolverwaltung für Branntwein in der Personalabteilung. Unser Haus hatte einen großen Garten, viel Rasen und, ganz wichtig, einen Zaun. Rasen ? Zaun ? Naja, der Rasen war 1970 noch einigermaßen okay, ab da erst wieder ab 1979, da war ich dann zu alt um im Garten zu spielen. Der Zaun war ramponiert vom ständigen schießen und drüberspringen. Hier fingen meine Torwartkünste an. Im Vordergarten gab es eine Hauswand wo ich den Ball herrlich gegenwerfen konnte und dann nach dem Ball fliegen, leider nur zur rechten Seite, deswegen ist die auch immer meine bessere Seite gewesen. Im Winter hab ich dann die Treppe im Flur mißbraucht, mit einem Tennisball, wieder hatte ich das gleiche Problem, ich warf knieend und warf mich dann nach dem Ball, wieder nur rechts. Ich nannte das „Bumsen“. Eines nachmittags saß eine Nachbarin bei meiner Mutter in der Küche und ich fragte: „Mama ? Kann ich bumsen ?“ „Ja mein Jung, mach ruhig“ Die Nachbarin schaute meine Mutter entgeistert an und war sprachlos. Muttern hat sie dann natürlich aufgeklärt, es war auch nicht zu überhören, denn das Werfen gegen die Wand machte einen unheimlichen Krach und „bumste“ halt. So hab ich schon im vorpubertären Alter mit dem „bumsen“ angefangen. Dieses Spielchen betrieb ich bis ich 12 war, irgendwann wurde ich dann zu groß und kräftig, den Ball schmetterte ich mit solcher Wucht gegen die Wand, daß das meinem Vater zu bunt wurde. Meine Eltern merkten also schon relativ früh: Der will Fußball spielen.
Es muß irgendwann im Frühjahr 1971 gewesen sein, meine Mutter ging mit mir an der Hand in den Volkspark Mariendorf, dort war der Mariendorfer Ballspielclub (kurz MBC) zu Hause. Ein Verein mit sehr vielen Jugendmannschaften, mehr Quantität denn Qualität, aber das war ja erstmal egal. Ein netter Platzwart nahm uns in Empfang und meinte: „Hier sind schon so viele Kinder, aber in der Markgrafenstraße gibt es einen aufstrebenden kleinen Verein, die fangen gerade mit einer Jugendabteilung an, das ist der Traber FC. Gehen sie besser da hin.“ Okay, gingen wir halt da hin. Die nahmen mich sofort, erkannten schon bei mir als 8jährigem mein außerordentliches Talent und machten einen großen Fehler: Sie ließen mich im Feld spielen. Die Trainingseinheiten liefen am Anfang in etwa so ab: 40 Kinder im Alter zwischen 8 und 14 rannten über den Platz und versuchten den Ball zu bekommen. Schon in einer der ersten Trainingseinheiten war mir der ca. 14jährige Torwart meiner (Trainings)Mannschaft zu schlecht. „Laß mich mal ins Tor.“ Der guckte mich nur blöde an, hatte wohl keine Ahnung wen er da vor sich hatte. Er ließ sich aber nicht beirren, genauso wenig wie mein Trainer. In meinem allerersten Spiel in jenem Volkspark gegen jenen MBC durfte ich dann das erste Mal mitwirken (spielen konnte man das wirklich nicht nennen). Jetzt dürft ihr dreimal raten wo sie mich hingestellt (das Wort „platzieren“ wäre hier nicht fehl am Platze) haben: auf Linksaußen. Weit genug vom eigenen Tor um einen Fehler zu machen, weit genug vom gegnerischen Tor um im Weg zu stehen. So hielt ich es für besser mich ein bißchen mit dem Sand zu beschäftigen. In der zweiten Halbzeit, MBC führte mit 1:0, entschloß sich mein Vater dem ein Ende zu bereiten: „Geh mal in die Mitte, da wo der Ball ist.“ Von diesem Augenblick spielte dann unsere Mannschaft, die vehement auf den Ausgleich drückte, mit 11. Ich spazierte dann in die Mitte, stand da rum und auf einmal lag der Ball vor meinen Füßen. Ich weiß es noch wie gestern: Ich trat gegen den Ball und der schoß wie an der Schnur gezogen ins lange Eck, so die Version eines stolzen Vaters. Ich trat gegen den Ball und der Ball trudelte durch Freund und Feind hindurch ins lange Eck, wenn ich nachgelaufen wäre hätte ich ihn noch eingeholt. Der Enderfolg war der gleiche: Tor. Der Jubel war groß, ich stand stolz in einer Spielertraube und entschloß mich dann halt Torjäger zu werden.