LEVERKUSEN: Interview mit Jupp Heynckes
Es ist kein Spiel wie jedes andere. Zwar geht es auch gegen Bayern um „nur“ drei Punkte. Doch da ist ja noch das besondere Verhältnis zwischen Jupp Heynckes (64) und dem Rekordmeister. Der kicker sprach mit dem Bayer-Trainer.
kicker: Am Samstag kommen die Bayern. Ein Feiertag für Jupp Heynckes?
Jupp Heynckes: Nein, ein Feiertag nicht. Es ist immer interessant, gegen die Bayern zu spielen.
kicker: Und zu gewinnen?
Heynckes: Natürlich!
kicker: Auch wenn Freundschaften darunter leiden könnten?
Heynckes: Die ruhen selbstverständlich. Ich bin Angestellter von Bayer.
kicker: Aber auch eng befreundet mit Uli Hoeneß. Können Sie sich vorstellen, ihm die Meisterschaft zu versauen?
Heynckes: Unabhängig vom Ergebnis am Samstag bin ich davon überzeugt, dass die Meisterschaft am letzten Spieltag entschieden wird. Und der Ausgang wird nichts an unserem Verhältnis ändern. Eine Freundschaft muss so etwas aushalten.
kicker: Was macht Sie zuversichtlich für dieses Spiel nach zuletzt drei Niederlagen hintereinander?
Heynckes: Zum Beispiel, dass wir in Frankfurt stark gespielt haben. Trotz der Niederlage. Die Mannschaft hat auch mit zehn Mann nach vorne gespielt. Tatsache ist, dass wir keine fußballerische Krise haben. Das würde mir Angst machen. Nein, wir bringen uns durch individuelle Fehler selbst um den Lohn.
kicker: Wie wollen Sie das abstellen?
Heynckes: Durch intensive Trainingsarbeit. Verhalten bei Standards, Positionsspiel, Zweikämpfe. Wir müssen das Gleichgewicht zwischen Defensive und Offensive wieder herstellen, das, was uns in der Vorrunde stark gemacht hat.
kicker: Bayer stand 16 Spieltage an der Spitze, verlor zuletzt mächtig an Boden, allein zehn Punkte auf Borussia Dortmund. Glauben Sie, dass Platz drei noch ein realistisches Ziel ist angesichts der kommenden Gegner München und Stuttgart?
Heynckes: Ich glaube es nicht nur, ich bin sogar sicher und fest davon überzeugt, dass wir Dritter werden! Diese Mannschaft hat sowohl das Potenzial als auch die Moral. Sie wird dieses Tief überwinden.
kicker: Sie haben trotz der drei Niederlagen nichts in den Abläufen im Trainingsbetrieb oder vor dem Spiel geändert. Wäre es nicht an der Zeit gewesen, ein Zeichen zu setzen?
Heynckes: Wissen Sie, es ist viel wichtiger, gerade jetzt seinen Arbeitsstil beizubehalten, wenn man von ihm überzeugt ist. Aktionismus ist da völlig fehl am Platz. Man muss den Spielern Fehler zugestehen. Und man darf ihnen nicht vermitteln, dass alles schlecht ist, was zwei Drittel der Saison gut war. Die Jungs müssen lernen, mit dem Druck umzugehen, der da oben herrscht. Sie müssen lernen, permanent damit konfrontiert zu werden.
kicker: Lernen sie das?
Heynckes: Natürlich! Nicht von heute auf morgen. Aber sie lernen es. Sie haben fußballerisch ja selbst die Messlatte sehr hoch gelegt mit ihren starken Leistungen. Diesen Druck dann auszuhalten, das ist ein Prozess. Und der ist bei diesen jungen Spielern nicht abgeschlossen.
kicker: Hatten Sie in den letzten Tagen Kontakt zu Ihrem Freund Uli Hoeneß?
Heynckes: Ja, wir haben Ostern telefoniert. Aber es ging nicht ums Spiel, Uli war total auf Manchester
fixiert.
kicker: Es ging auch nicht um Toni Kroos?
Heynckes: Nein! Meine Güte, das Thema zieht sich ja wie Kaugummi. Zum letzten Mal: Meiner Meinung nach wäre es für ihn besser, noch ein Jahr hier zu spielen. Weil es seiner Entwicklung guttut, wenn er regelmäßig spielt. Und das ist in Leverkusen eher möglich als in München. Aber Bayer hat das Heft des Handelns nicht in der Hand. Und wenn die Bayern ihn zurückholen, dann müssen wir diese Entscheidung eben respektieren.
INTERVIEW: FRANK LUßEM
PERSONALIEN
BAYER LEVERKUSEN
Renato Augusto (22, Muskelfaserriss) fällt auch gegen die Bayern aus. + + + Patrick Helmes (26) erlitt einen Bluterguss im Knie und musste mit dem Training aussetzen.
Quelle: kicker-Printausgabe vom 08.04.10