Trotz des Abrutschens in der Tabelle: Es ist fast alles anders als in der vergangenen Saison
Was so ähnlich aussieht wie in der vergangenen Saison, präsentiert sich doch in der Tat völlig anders. Bayer Leverkusens Absacken in der Tabelle ist nicht vergleichbar mit dem Einbruch vor 12 Monaten. Damals versagte eine Mannschaft, die sich in Opposition zu ihrem Trainer begeben hatte, deren Eigenmotivation nicht ausreichte, um im Alltagsgeschäft Bundesliga zu bestehen. Vom 14. Spieltag an verfielen Form und Stimmung rapide, bis am Ende gar nichts mehr ging.
Das Bild in dieser Saison ist ein völlig anderes. Mit 19 Punkten aus den bisherigen Rückrundenspielen bietet Bayer zwar lediglich Mittelmaß. Trotzdem darf Jupp Heynckes auch nach der Niederlage von Stuttgart mit Fug und Recht behaupten: „Es gibt in der Bundesliga nur wenige Mannschaften mit dieser Moral, dieser Einstellung und dieser Laufbereitschaft!“
Es gibt auch nur wenige Teams, die einen derart gepflegten Ball spielen können wie Bayer, das 24 Spieltage unbesiegt blieb. Und trotzdem läuft die Mannschaft Gefahr, alles zu verspielen. Es gibt Gründe. Von den dauerverletzten Leistungsträgern (Rolfes, Helmes, Renato Augusto) mag man nicht reden. Eher schon von den Spielern, die sich nicht gerade förderlich verhalten. Zuletzt in Frankfurt Daniel Schwaab, der früh vom Platz musste. Nun Tranquillo Barnetta, der nach der unberechtigten ersten Gelben Karte nie das Risiko der zweiten hätte suchen dürfen. Trotz dieser Dusseligkeit dominierte Bayer lange den VfB, erspielte sich dezimiert mehr Chancen – und stand am Ende mit leeren Händen da.
Was aktuell geschieht, untermauert die Forderung von Jupp Heynckes nach einer qualitativen Aufbesserung des Personals. Zwar stressten diesen Kader nicht die internationalen Spiele. Doch Profis wie Schwaab, Reinartz, Kroos, Bender oder Derdiyok absolvieren ihre erste Bundesligasaison als Stammspieler. Sie sind unerfahren, dementsprechend reagiert der ein oder andere in Gefahrensituationen falsch – daran krankte das Bayer-Spiel etwa beim 0:3 in Dortmund oder beim 0:2 gegen Schalke. Jupp Heynckes fordert auch Erfahrung. Das Beispiel Sami Hyypiä zeigt, wie wertvoll sie sein kann. Ebenso Heynckes selbst. Statt Ratlosigkeit und Schuldzuweisungen herrschen Kampf und Selbstkritik vor: „Jeder muss sich an die eigene Nase fassen und drei Spiele lang alles geben. Erst dann wird abgerechnet!“
Quelle: kicker-Printausgabe vom 19.04.10