Kicker: DANKE, SCHNIX!

  • Am heutigen Montag sagt BERND SCHNEIDER (36) Adieu. In der Bay-Arena feiert der frühere Nationalspieler ab 20.25 Uhr mit Freunden groß Abschied.


    Nicht viel reden, trotzdem eine Menge sagen – diese Charaktereigenschaft kennzeichnet Bernd Schneider, den „weißen Brasilianer“, wie wenige andere. „Hauptsache nicht schon wieder Zweiter“, kommentierte er 2007 seinen dritten Platz bei der Wahl zum „Fußballer des Jahres“. Immer wieder Zweiter, und trotzdem auf einem Spitzenplatz in der Gunst der Fans! Preisverdächtig gar erscheint die Replik auf eine Aussage von Michael Ballack (33), der in der Pause des Champions-League-Endspiels 2002 die Kollegen anfeuerte: „Gebt alles! So weit kommen wir nie wieder.“ Schneiders trockener Konter: „Du vielleicht nicht!“


    Als zentrale Figur von Bayer „Vize“kusen erlebte Schneider seine Hoch-Zeit. So wurde er 2000 und 2002 Liga-Zweiter, 2002 verlor er das DFB-Pokalfi nale (2:4 gegen Schalke) mit seinem Klub, das Champions-League-Endspiel gegen Real Madrid (1:2) und mit Deutschland das WM-Finale in Yokohama gegen Brasilien mit 0:2. Viele seiner Weggefährten aus diesen Jahren werden heute Abend in der Bernd-Schneider-Auswahl gegen die aktuelle Bayer-Truppe mit ihm Abschied feiern.


    Dass es ein Profi auch ohne Titel zu großer Beliebtheit bringen kann, spricht für den Menschen Bernd Schneider. Bescheiden, gar schüchtern und trotzdem zugänglich, gerade für Fans und Kinder. Wer beobachten konnte, mit welcher Begeisterung er sich in den vergangenen Monaten als Trainer-Praktikant um den Nachwuchs von Bayer kümmerte, der sah einen Ex-Profi mit 81 Länderspielen, der den Fußball liebt und die Menschen mag.


    Wie nah Glück und Pech beieinanderliegen, offenbarte sich in seinem letzten Monat als Profi : Den komplizierten Bandscheibenvorfall, der ihn über ein Jahr in den Krankenstand gezwungen hatte, schien er überwunden zu haben. Am 33. Spieltag der vergangenen Saison gab er nach 398 Tagen banger Hoffnung und harter Arbeit sein Comeback. Beim 5:0 von Bayer gegen Borussia Mönchengladbach bereitete er, unter frenetischem Beifall eingewechselt, einen Treffer vor, sein Ziel – die Teilnahme am DFB-Pokalfi nale am 30. Mai – rückte in greifbare Nähe. Es wurde nichts draus, Bayer unterlag Werder Bremen 0:1, Schneider blieb auf der Bank. Was er Trainer Bruno Labbadia nie verzieh und ein bisschen sich selbst auch nicht. Auf die Frage, was er anders hätte machen können in seiner Karriere, sagte er unlängst: „Ich hätte mich beim Pokalfinale selbst einwechseln sollen.“ 27 Tage nach diesem Spiel musste er seine Karriere beenden. FRANK LUßEM




    Quelle: kicker-Printausgabe vom 10.05.10