Leverkusens Sportdirektor wechselte 1994 ebenfalls aus dem Ausland zu Bayer
kicker: Herr Völler, was hatte Sie denn 1994 mit 34 zu Ihrer Bundesligarückkehr von Marseille nach Leverkusen bewegt?
Rudi Völler (50): Ich wollte nach sieben Jahren Ausland, fünf in Rom, zwei in Marseille, zurück nach Deutschland. Wäre ich noch beim AS Rom gewesen – Rom ist ja meine zweite Heimat – hätte sich die Frage so nicht gestellt. Doch die zwei Jahre Marseille waren zwar sportlich sensationell, aber sonst abenteuerlich. Da hat einiges in der Organisation nicht funktioniert. Da ist es mir leichtgefallen, aus Marseille wegzugehen. Ich hatte Angebote von Bordeaux, Paris St. Germain und Benfica, hätte zudem nach Italien zurückkehren können. Man muss auch sagen: Leverkusen war damals noch nicht das, was es heute ist. Deswegen kann man meine Situation damals mit der von Michael Ballack heute nur schwer vergleichen. Bayer 04 war noch eine graue Maus. Meine Frau hatte 1994 auch auf etwas anderes gehofft. Sie kannte Leverkusen nicht einmal. Aber es war die richtige Entscheidung. Nicht nur wegen der zwei Jahre, die ich hier gespielt habe.
kicker: War Ihre Perspektive bei Bayer nach der aktiven Zeit entscheidend?
Völler: Die hat keine Rolle gespielt. Wie auch jetzt bei Michael Ballack nicht. Ich hatte ursprünglich nur ein Jahr Vertrag. Dann lief es so gut, dass Reiner Calmund gesagt hat: Spiel noch ein Jahr, und dann hilfst du mir als Sportdirektor. Ich hatte mich als Spieler schon immer mit den sportlichen Möglichkeiten der Klubs auseinandergesetzt. Je älter ich wurde, umso mehr. Damals habe ich gesehen: In Leverkusen hast du Paulo Sergio, Bernd Schneider und Andreas Thom hinter dir. Das sind Leute, die Fußball spielen können. Das habe ich Michael Ballack jetzt auch gesagt: Bei all deiner Qualität, die du hast, brauchst du Spieler, die mit dir funktionieren.
kicker: Sahen Sie in Ihrer Rückkehr in die Bundesliga auch ein Risiko?
Völler: Nein. Ich konnte meine Qualität immer realistisch einschätzen. Ich hatte bei der WM 1994 ja noch ein paar Törchen gemacht. Es ging mir nicht darum, wo ich das meiste Geld verdienen konnte, sondern dass ich in eine gute Mannschaft kam. Das habe ich jetzt auch Michael Ballack so erklärt.
INTERVIEW: STEPHAN VON NOCKS
Quelle: kicker-Printausgabe vom 28.06.10