LEVERKUSEN: Der Außenverteidiger wartet immer noch auf den ganz großen Durchbruch
Es war beileibe kein trauriger Tag, doch es hätte ein viel schönerer werden können. Am 11. Juni 2010, am Tag der Eröffnung der Weltmeisterschaft in Südafrika, feierte Gonzalo Castro seinen 23. Geburtstag, weit weg vom Geschehen, im Urlaub in Spanien. Das Finale einen Monat später schaute er gemeinsam mit seinen Eltern, freute sich über den Sieg des Europameisters, betont allerdings: „Wenn Deutschland gewonnen hätte, wäre die Freude viel größer ausgefallen.“
Etwas über ein Jahr ist es her, da feierte er mit Sami Khedira, Jerome Boateng, Mesut Özil und Dennis Aogo den EM-Triumph mit der U 21 – die Fortsetzung in Südafrika fand ohne ihn statt. „Wenn er Länderspiele im TV sieht, müsste er vor Wut in den Tisch beißen“, sagt Rudi Völler (50). Sein Trainer Jupp Heynckes (65) siedelt Castro vom Talent und Können „ganz weit oben“ an. Und dennoch bleibt festzuhalten: Nach fünfeinhalb Jahren Bundesliga, 149 Bundesliga- und fünf Länderspielen wartet Gonzalo Castro immer noch auf den großen Durchbruch.
Natürlich gehört er bei Bayer zum Stammpersonal. Gespräche über eine Vertragsverlängerung stehen an. Die Wertschätzung könnte größer nicht sein. Und dennoch ist er alles andere als selbstzufrieden: „Ich muss mich verbessern, vor allen Dingen in Sachen Kontinuität.“ In der vergangenen Saison war er auf einem guten Weg, doch ein Jochbeinbruch und eine Oberschenkelblessur kosteten ihn sieben Spiele in der Rückrunde, in der es für ihn wie für fast alle dann leistungsmäßig abwärtsging: „Das ist vorbei und vergessen, ich will das jetzt mal eine Saison lang packen“, so Castro. Eingesetzt wird er – anders als in den meisten seiner Spiele – auf der linken Abwehrseite. Dort glänzte er bereits in der Hinrunde der vergangenen Saison (in der kicker-Rangliste landete er hinter Philipp Lahm auf Rang zwei), dort will er wieder glänzen: „Es ist besser für die Konzentration, auf eine Position festgelegt zu sein.“ Ob es hilft, ein ganzes Jahr zu glänzen? „Ich werde alles dafür tun“, sagt er und der Blick geht optimistisch nach vorne: „Der Kader ist stärker. Die Verletzten kommen zurück, die Neuen haben Qualität und Spieler wie Reinartz, Derdiyok oder Schwaab gehen mit mehr Erfahrung ins Rennen.“ Und Castro mit dem großen Willen, das Niveau eine komplette Saison hochzuhalten. Damit er sich demnächst bei Länderspielen nicht mehr vor dem Fernseher ärgern muss.
FRANK LUßEM
Quelle: kicker-Printausgabe vom 19.07.10