Einer Fliegt

  • RENÉ ADLER (26), BERND LENO (19).
    Zwei starke Keeper, aber nur für einen wird es eine Zukunft bei Bayer Leverkusen geben. Eine Bestandsaufnahme.


    Die Sache wird die Beteiligten in Atem halten, so viel ist klar. Bernd Leno oder René Adler – wie heißt der Torwart der Zukunft von Bayer Leverkusen? „Es gibt keinen neuen Stand“, sagt Rudi Völler (51). Was automatisch die Frage nach sich zieht: Wie ist eigentlich der Stand der Dinge?


    Fredi Bobic (39), Stuttgarts Sportdirektor, setzte die Diskussion in der vergangenen Woche in Gang. Hatte er bislang immer kategorisch darauf bestanden, dass Bernd Leno am 1. Januar 2012 wieder beim VfB auf der Matte zu stehen habe, ließ er nun erstmals Gesprächsbereitschaft erkennen, erwartet Bayers Kontaktaufnahme für November oder Dezember. Lenos bis 2014 laufender Kontrakt in Stuttgart beinhaltet eine Ausstiegsklausel, die an Einsätze gebunden ist. Der Torhüter, so wird kolportiert, darf für geschätzte dreieinhalb Millionen Euro gehen, wenn er nicht eine bestimmte Anzahl von Spielen in der Bundesligamannschaft des VfB absolviert. Dies bringt auch die Schwaben in die Zwickmühle. Einerseits müsste man Leno spielen lassen, weil der ja ansonsten aus dem Vertrag aussteigen könnte. Andererseits würde man damit Sven Ulreich (23) vergrätzen, der sich zuletzt in den Vordergrund spielte, eine wichtige Stütze im Abstiegskampf war und seinen Platz im Tor sicherlich nicht freiwillig und kampflos räumen wird – warum auch?


    Bayer ist bereit, die Ablöse in Leno zu investieren: „Wir wollen ihn kaufen“, erklärte Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser (61). Was er damit unausgesprochen ebenfalls sagte: Die Zukunft René Adlers in Leverkusen scheint passé. Denn ein Szenario, in dem beide Keeper für Bayer spielen werden, gilt als sehr unwahrscheinlich. Zwar sagt Robin Dutt: „Ich hoffe, dass ich bald zwei so starke Keeper zur Auswahl habe.“ Doch dieser Satz ist vor allen Dingen der Diplomatie und dem Respekt vor Adler geschuldet. Es wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im Sommer 2012 kein Duo Leno/Adler im Bayer-Kader geben. Sollte Bayers Werben um den Stuttgarter Jungstar Erfolg haben und der im Januar 2012 (dann mit einem Fünfjahresvertrag ausgestattet) bleiben, würde das Duell schon eine ebenso delikate wie schwer zu lösende Aufgabe für Robin Dutt bedeuten, zumal Adler – Fitness vorausgesetzt – ja auch noch um einen Platz bei Bundestrainer Joachim Löw kämpft. Denkbar ist deshalb durchaus auch ein Szenario, nach dem Adler Bayer bereits im Winter verlässt, sollte er bis dahin wieder völlig fit sein. Aktuell absolviert der 26-Jährige, der am 23. Juli an der Patellasehne operiert wurde, sein Aufbautraining, der Zeitpunkt seiner Rückkehr in den normalen Profi-Alltag steht in den Sternen.


    Unwidersprochen blieb in der vergangenen Woche ein Bericht der BILD, nach der Bayer Adler eine Verlängerung des Kontraktes um nur ein Jahr angeboten habe. Entspricht dies den Tatsachen, ist dies ein mehr als deutlicher Hinweis darauf, dass man mit ihm nicht mehr ernsthaft plant. Das Verhältnis zwischen Holzhäuser und Adler darf getrost als getrübt bezeichnet werden, nachdem bereits im Sommer Diskrepanzen aufgetreten waren. Der Grund: Es wurden Verhandlungsdetails in die Öffentlichkeit gebracht, Adler musste sich als Raffzahn hingestellt sehen. Gleichwohl ist nach kicker-Informationen noch eine Gesprächsrunde anberaumt. Die Interessenten (u. a. Schalke und Hamburg) müssen sich also noch gedulden.


    Einer fliegt! Doch wer wird es sein? Einiges spricht dafür, dass Leno in Leverkusen bleibt. In erster Linie natürlich seine Qualität als Torhüter, aber auch die Tatsache, dass er ein völlig unkomplizierter Spielertyp ist. Von Stuttgarter Seite aus ist es die Personalie Ulreich, die Leno Richtung Leverkusen driften lässt. Denn ein Duo Ulreich/Leno in Stuttgart würde ebenso Sprengstoff bergen wie die genannte Konstellation in Leverkusen. Sicher ist nur eines: „Wir werden im Sommer 2012 einen hervorragenden Torhüter haben!“ Dies sagte Bayers Sportchef Rudi Völler am Mittwoch. Und dies ist der Stand der Dinge im Herbst 2011.
    FRANK LUßEM





    Quelle: kicker-Printausgabe vom 06.10.11