Zweiter Sieg für LEVERKUSEN – ein Sieg, der auch Robin Dutts Position stärken dürfte.
Es waren Minuten des Grauens. 10, 15, 20, schließlich 23 Minuten lang erlebte Bayer Leverkusen im dritten Gruppenspiel der Champions League Schreckliches, ehe es endlich 1:0 für den FC Valencia stand. Rund 70 Prozent Ballbesitz verzeichneten die Spanier bis dahin, es war eine Vorführung, eine Trainer-Stunde, eine Fortsetzung der Leistung, die bereits beim trügerischen 2:2 in Mönchengladbach in einem Debakel hätte münden können.
Die Gesichter in der BayArena und wohl überall, wo man mit Bayer Leverkusen hält, wurden lang und länger. Und dann passierte etwas, womit niemand nach dieser fußballerischen Slapstick-Einlage gerechnet hatte: Bayer Leverkusen spielte, kämpfte, ja zauberte plötzlich Fußball. Rudi Völlers Halbzeitbilanz musste noch kritisch ausfallen: „Wir haben uns zu wenig bewegt, wir waren nicht eng genug am Mann. Das war sicher nicht das, was wir uns vorgestellt haben. Das können wir besser“, so Bayers Sportdirektor mit schmalen Lippen und aschfahl im Gesicht. Keine 15 Minuten später sah die Ehrentribüne einen jubelnden und einen Urschrei ausstoßenden Völler – ein Spiel war gedreht, das längst verloren schien.
War dies die Wende? Auf jeden Fall war es ein mächtiges und deutliches Lebenszeichen einer Mannschaft, die plötzlich alles anders und besser machte als vor der Pause, als in Mönchengladbach.
Der Erfolg gegen die Spanier lässt Bayer nun plötzlich vom Achtelfinale träumen. Und er stärkt die Position von Robin Dutt, der immerhin darauf verweisen kann, dass ein Team, das so ins Spiel zurück kommt, alles andere als tot ist.
Trotzdem: Die erste Hälfte muss analysiert werden. Bayer muss im Winter personell nachlegen. Die Innenverteidigung müsste pausenlos auf höchstem Niveau agieren, was bei Doppelbelastung nicht möglich ist. Einem Stefan Reinartz (22) das Talent abzusprechen, ist hanebüchen. Aber man tut dem Jungen keinen Gefallen, ihn Woche für Woche ins Feuer zu schicken. Die schlimme Erfahrung vom Mittwoch wird ihn weiterbringen. Ihn wieder aufzurichten, wird die nächste große Aufgabe für Robin Dutt sein. Dass er in der Lage ist, solche Aufgaben zu bewältigen, deutete er gestern mehr als an. Dank eines unwahrscheinlichen Comebacks kann Bayer Leverkusen weiter von Europa träumen!
Quelle: kicker-Printausgabe vom 20.10.11