Erste Zweifel: Reicht dieser Kader aus?

  • LEVERKUSEN: Glücklicher Sieg – Defensiv im Soll, offensiv nur ein laues Lüftchen


    Fast scheint es, als müsse man sich jetzt schon für Siege entschuldigen in Leverkusen. „Schmutzig und glücklich“, beschrieb Trainer Robin Dutt (46). „Natürlich haben wir kein gutes Spiel gemacht“, ergänzte Ömer Toprak (22), der Ex-Freiburger, und Kollege Manuel Friedrich (32) atmete hörbar auf: „Wir sind heilfroh, dass es beim 1:0 geblieben ist!“


    Wie ein Blatt im Herbstwind flattert Bayer durch den Liga-Alltag. Platz acht klingt katastrophal für den letztjährigen Vizemeister, allerdings sind es lediglich drei Zähler Rückstand auf den Dritten, Borussia Dortmund. Mit 14 Gegentoren nach 11 Spielen steht die Werkself nicht so schlecht da, in der vergangenen Saison waren es 16 zum gleichen Zeitpunkt. Aber: Wer nur 13 Tore schießt, der darf sich eben nicht wundern, wenn er den Erwartungen hinterher hinkt.


    Entspannung war angesagt nach der Partie, die für das Hin und Her der Saison stand. Die Mannschaft blieb in der Nähe von Freiburg, relaxte am Samstag, flog am Sonntag von Lahr aus nach Valencia. „Es war ein guter Tag“, so Robin Dutt über den Samstag. Golfen und Wellness standen im Vordergrund, am Abend zog es ein paar Jungs nach Freiburg, „aber sie waren alle zeitig zurück“, berichtete ein zufriedener Trainer. Dessen Gedanken aber nicht lange an den Freizeitaktivitäten hängen bleiben, sondern vor allen Dingen darum kreisen, dass so wenig nach vorne passiert wie nicht mehr, seit Bayer eine graue Bundesligamaus war, damals, Anfang der 1990er Jahre. „Unser Hauptmanko ist, dass wir uns zu wenig Chancen herausarbeiten“, gibt Dutt zu, allerdings will er nicht alles schlechtreden: „Ich habe mir die Partie noch einmal angeschaut, so schlecht war die erste Halbzeit nicht.“


    Er versucht, die Gründe mit der Mannschaft aufzuarbeiten, es ist ein ständiger Prozess, versehen auch mit Reibungsverlusten. Unschuldig aber sind Spieler und Trainer am normalen Verschleiß der englischen Wochen auf hohem Niveau. Akteure wie Leno, Toprak, Kadlec, Bender, Schürrle oder Sam stehen Woche für Woche 90 Minuten auf dem Platz, aus der propagierten Rotation ist eine Farce geworden, ein Kirmeskarussell, von dem keiner der wichtigen Spieler mehr runter fliegt. Mehr als leise Zweifel beschleichen die Beobachter, ob dieser Kader langt, um die Saison befriedigend zu beenden. Es ist löblich von Dutt, höhere Ziele auszurufen. Doch fraglich bleibt, ob nach dem nächsten „dreckigen“ Spiel erneut drei glückliche Punkte stehen oder – wie vor Wochenfrist gegen Schalke – Frust pur. Bayer im Herbst – flatterhaft wie ein Blatt im Wind!
    F. Lußem





    Quelle: kicker-Printausgabe vom 31.10.11