Reinartz’ Motto: Klotzen und anbieten

  • LEVERKUSEN: Harsche Kritik hat das Eigengewächs verwundert


    Stefan Reinartz ist vorsichtig geworden. Und deshalb baut er vor. Die beiden letzten Teil-Einsätze bei den Spielen in Valencia und gegen den Hamburger SV ließ er sich auf DVD brennen und studierte sie in der vergangenen Woche intensiv. „Das ging in Ordnung“, lautete sein Urteil nach der Analyse, unterstützt wurde er von seinem Trainer, der es so sah: „Stefan hat das Hinspiel gegen Valencia sehr gut verarbeitet. Er hat nach seinen Einwechslungen gezeigt, dass er in der Lage ist, Topleistungen abzurufen. Um Stefan mache ich mir deshalb keine Sorgen. Er ist ein junger Mann, der auch mal Fehler machen darf. Das ändert nichts an der Tatsache, dass er ein herausragender Spieler ist“, sagt Robin Dutt (46).


    Das Hinspiel gegen Valencia! Die schlimme erste Halbzeit sorgte für Unmut auf den Rängen – verständlich. Unverständlich, dass sich Pfiffe und hämische Forderungen nach einer Auswechslung letztlich auf einen Spieler konzentrierten: Stefan Reinartz. Er hat diesen Abend hinter sich gelassen, weiß selbst, dass nichts lief, verstehen kann er die Reaktion einiger Anhänger trotzdem bis heute nicht: „Die Kreditlinie bei einem Teil der Fans ist sehr kurz, das hat mich überrascht. Gerade weil ich ein Spieler bin, der aus der eigenen Jugend kommt.“


    Die sportliche Talfahrt wähnt Reinart gestoppt, er will wieder angreifen, zurück in die Stammelf. In 58 von 68 möglichen Spielen stand er in der Ära Jupp Heynckes auf dem Rasen, zunächst als Sechser, dann als Innenverteidiger. Bis zum Valencia-Spiel begann Reinartz jede Partie, danach wurde er nur noch eingewechselt. Mit Ömer Toprak (22) bildete er ein häufig kritisiertes Innenverteidiger-Duo, ebenso häufig überzogen angegangen, mitunter aber durchaus berechtigt.


    Der Abgang des routinierten Sami Hyypiä schmerzt Bayer, wenngleich Reinartz sagt: „Mir ist es zu einfach, nach Ausreden zu suchen und was wäre, wenn der ein oder andere noch da wäre.“ Über Hyypiäs Qualitäten müsse man nicht diskutieren, „aber er saß ja auch in der vergangenen Saison häufiger draußen, und trotzdem hat es geklappt“, so Reinartz.


    Dass es bald wieder so klappt wie damals, dafür wird jetzt geklotzt: „Ich will mich im Training aufdrängen.“ Ob als Sechser oder in der Viererkette, Reinartz ist es egal. Hauptsache, das Ziel wird erreicht. Und das ist weit: „Wir wollen“, sagt der 22-Jährige, „den Anschluss wieder herstellen und in der Rückrunde Platz zwei bis vier angreifen. Das haben wir drauf!“
    FRANK LUßEM




    Quelle: kicker-Printausgabe vom 14.11.11