Chaos bei Bayer
Nach der Freistellung von HANNO BALITSCH (30) trat sein Trainer verbal nach, der Geschäftsführer droht den Stars.
Wer keine Probleme hat, der macht sich welche, sagt der Volksmund. In Leverkusen wandeln sie das Sprichwort dieser Tage leicht um: „Wer schon Probleme hat, der macht sich gerne welche zusätzlich!“ Was für ein Chaos der Worte bei Bayer!
Mit Hanno Balitsch (30) fing es am Montag an. In der vergangenen Saison noch wichtiger Ergänzungsspieler, bester Zweikämpfer aller Mittelfeldspieler der Liga und beim 1:0-Sieg
in Freiburg Schütze des Treffers, der Bayer Leverkusen die Teilnahme an der Champions League sicherte. Ihm wurde mitgeteilt, er könne sich einen neuen Klub suchen, Trainer Robin Dutt (46) wolle nicht mehr mit ihm zusammenarbeiten, er fühle sich nicht mehr wohl mit ihm.
Eine exotische Begründung, die ihren Ausgangspunkt wohl in einer Begebenheit nach dem Schalke-Spiel hatte. Die Partie ging 0:1 verloren, Robin Dutt hatte nach dem Rückstand nicht ausgewechselt. In der emotional aufgeheizten Atmosphäre nach dem Schlusspfiff fragte Balitsch: „Darf bei uns nicht mehr gewechselt werden?“ Dutt, er stand hinter dem Spieler, bekam es mit, die Replik fiel lautstark aus. Balitsch entschuldigte sich, einen Tag später gab es eine einstündige Aussprache. In zwei weiteren Gesprächen – in Valencia im Rahmen des Champions-League-Spiels und nach dem Heimspiel gegen Chelsea – wurde dem Spieler versichert, dass man weiter mit ihm plane, nichts hängen geblieben und niemand nachtragend sei. Von seinem Trainer bekam er zu hören, man wolle weiter professionell miteinander arbeiten, trotz aller Vorbehalte. Gespielt hatte er seitdem nicht.
Nun also die Aufforderung zu gehen, zusätzlich noch mit einem bösen Tritt gegen Balitsch versehen. Vom Kölner Express zur Trennung befragt, führte Robin Dutt aus: „Über die Gründe, warum Hanno gehen kann, haben wir Stillschweigen vereinbart. Er will ja weiter Fußball spielen!“ Ein ungeheuerlicher Satz, nahe an der Rufschädigung, weil er Raum lässt für Spekulationen. „Warum hält er sich nicht an das Stillschweigen“, fragt Balitsch, „und suggeriert, es sei etwas Gravierendes vorgefallen?“ Das dies nicht der Fall war, bestätigten ihm übrigens alle Verantwortlichen, weshalb auch rechtlich eine Verbannung vom Training nicht möglich ist.
Dutts Äußerungen waren es nicht allein, die in Leverkusen für Aufregung sorgen. Aber wer weiß in diesen Tagen schon, was man bei Bayer überhaupt will?! Vielleicht erwischt es ja bald auch Michael Ballack (36). Oder Simon Rolfes (29)? Oder Stefan Kießling (27)? Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser (61) ließ in dieser Woche mit drohendem Blick auf das Trainingslager im Januar folgendes verlauten: „Es geht dort nicht nur um die Vorbereitung auf die Rückrunde, sondern schon auf die kommende Saison. Es gibt eine mittelfristige Planung, statt auf einige der Platzhirsche eher auf die Jungen zu setzen.“ Aha! Es geht also nicht allein darum, noch Dritter oder Vierter zu werden nach der sportlich und in Sachen Stimmung verkorksten Hinrunde. Es geht um Drohgebärden und darum, mittelfristig zu planen. Dutt wird es gerne hören. Das nimmt Erfolgsdruck. Und Widerworte muss er auch nicht so viele fürchten. Es fahren gleich fünf U-19-Spieler mit ins Trainingslager.
FRANK LUßEM