RPO: Rudi Völler im Interview - "Dutt muss Gegenwind aushalten"

  • (...)

    Herr Völler, Sie sind am Freitag bei Uli Hoeneß' Geburtstagsfeier. Wenn der Gastgeber Sie fragt, was in dieser Rückrunde von Bayer Leverkusen noch zu erwarten ist, was antworten Sie?


    Ich würde ihm natürlich gerne sagen, dass wir am Ende der Saison wieder vor den Bayern stehen, aber das wird nicht realisierbar sein. Die Bayern werden Meister, das ist meine feste Überzeugung, auch wenn Dortmund jetzt wieder herangekommen ist.

    Und Bayer?


    Wir werden versuchen, trotz einer durchschnittlichen Vorrunde noch in die Champions-League-Ränge vorzustoßen. Die Mittel dazu haben wir.


    Sind München und Dortmund auf Dauer enteilt?


    Die Bayern sind das Maß aller Dinge, aber auch sie werden in fünf Jahren immer ein schwaches Jahr haben. Das hatten sie letztes Jahr. Dortmund ist der Top-Gegner der Bayern, wie man jetzt auch am Transfer von Marco Reus sieht. Wir versuchen, die beiden hin und wieder zu ärgern, aber unsere Möglichkeiten werden in der Regel zwischen Platz drei und sieben liegen. International zu spielen, ist immer unser Anspruch, aber selbst das ist ein schwieriges Unterfangen, denn wir schlagen uns dabei mit Schalke, Bremen, Stuttgart oder Wolfsburg herum, um nur einige zu nennen.

    Wo ist Leverkusens Nische?


    Uns muss es gelingen, in Sachen Transfers etwas Gutes, Überraschendes zu finden. Wir müssen schneller sein als die anderen. Das war bei André Schürrle so, das ist bei Philipp Wollscheid so.


    (...)


    Wo lag das Problem im Bayer-Spiel?


    Arturo Vidal fehlt mehr, als wir gedacht haben. Man sieht es ja jetzt bei Juventus Turin. Da haben sie schnell erkannt, dass es ohne Arturo nicht geht.

    Sie haben Robin Dutt den Rücken gestärkt. Würden Sie ihm sogar eine Übergangssaison zugestehen?


    Natürlich, wir sind ja von seiner Arbeitsweise überzeugt. Der momentane Gegenwind, der muss halt ausgehalten werden. Wir werden an ihm festhalten, und dann werden wir erfolgreich sein.


    Wäre eine Trennung von Dutt im Winter das Eingeständnis gewesen, dass die Mannschaft sich den Trainer letztlich aussucht?


    Es wird schnell vergessen, wie oft Jupp Heynckes, bei dem im Rückblick ja alles so rosig gewesen sein soll, in der Vorsaison auch in Frage gestellt wurde. Es stand nicht zur Debatte, dass wir uns von Robin Dutt trennen, aber dass wir die Lage kritisch analysieren, ist doch klar.

    Wird die Rückserie zur Charakterfrage für die Mannschaft?


    Die Mannschaft ist gefordert. Wir hatten ja gedacht, dass wir nach dem holprigen Start die Kurve gekriegt hätten, aber das Nürnberg-Spiel hat vieles kaputt gemacht.

    Ist Robin Dutt zu viele Kompromisse eingegangen?


    Manchmal muss man Kompromisse eingehen. Dafür war ich selbst lange genug Trainer. Aber wir haben ihm gesagt: ,Zieh' dein Ding durch, du hast die Rückendeckung.' Wir wählen in Leverkusen unseren Trainer nicht nach Ted-Umfragen. Dann könnte es ja jeder machen.


    http://www.rp-online.de/bergis…nwind-aushalten-1.2668765