LEVERKUSEN: Trotz Fan-Wut könnte der Star auf der Bank landen
Es ist ja nicht so, als hätte Robin Dutt da am Sonntag für ein Novum gesorgt. Michael Ballack auszuwechseln – das ist eher die Regel als die Ausnahme in Leverkusen. Zum achten Mal im 14. Saisonspiel des ehemaligen Weltklassespielers passierte dies. Und es wäre nicht weiter beachtet worden, hätte das Spiel gegen Mainz nicht auf der Kippe gestanden.
Weil dies aber so war, erlagen viele Fans von Ballack dem nächsten Irrtum. Nämlich dem, dass der 36-Jährige immer noch in der Lage sein könnte, Spiele zu entscheiden, eben dann zuzuschlagen, wenn eine Partie auf des Messers Schneide steht. Dies aber ist Ballack nicht mehr gegeben, seit er bei Bayer bestens dotiert unter Vertrag steht. In 41 Pflichtspielen (mehr waren ihm wegen zweier bösen Verletzungen nicht vergönnt) erzielte er fünf Tore, vier bereitete er vor – eine überaus karge Bilanz für einen wie ihn.
Ballack ist für viele Bayer-Fans die Ikone, er verkörpert die gute, alte Zeit. Es waren weniger die Kutten-Fans, die Dutt auspfiffen, es waren eher die, die zum Fußball kommen, um eine Show zu erleben.
Pfiffen sie zu Recht? Sicher nicht. Ballacks Auswechslung war so überfällig, wie seine Verpflichtung mittlerweile als misslungenes Projekt gesehen werden darf. Der Spieler isoliert sich immer mehr. Statt die Situation vom Sonntag aufzuklären, kam kein entspannendes Wort von ihm, die meisten Kollegen empfinden es längst als Belastung, pausenlos auf ihn angesprochen zu werden. Möglicherweise wird es sich am Samstag zuspitzen. Sollte Dutt gemerkt haben, dass es positiv sein kann, Spannungsfelder zu schaffen und zu durchschreiten, statt um sie herumzuschleichen, könnte dies für Ballack in Bremen die Bank bedeuten. Alternativen gibt der Kader her: Gonzalo Castro könnte ins offensive Zentrum rücken, Stefan Kießling dann über rechts kommen. Oder Castro bleibt rechts und Kießling agiert als zweite Spitze. Ballack ist für Dutt Chance und Risiko.
FRANK LUßEM
Quelle: kicker-Printausgabe vom 26.01.12