INTERVIEW DER WOCHE
Leverkusen liegt nicht im Soll. Trainer ROBIN DUTT (47) über die Gründe, Ballack und die Duelle mit dem BVB und Barca.
kicker: Herr Dutt, Bayer 04 muss am Samstag nach Dortmund. Wie stoppt man eine so offensivstarke Mannschaft wie den BVB?
Robin Dutt: Am besten, indem man die eigenen Stärken ausspielt, dem Gegner Energie abzieht, weil er sich an unserer Leistung orientieren muss.
kicker: Zuletzt hat Ihr Team bestenfalls phasenweise, aber nicht konstant Ihr Spiel durchgezogen Wie soll dann Ihr Vorhaben gerade in Dortmund funktionieren?
Dutt: Konstanz hat es in der Art und Weise, wie es als Mannschaft auftritt, gezeigt. Es hat einen guten Zusammenhalt, eine gute Mentalität und besitzt großes Selbstbewusstsein, auch wenn es Rückschläge wie den späten Ausgleich gegen Stuttgart oder das nicht enden wollende Verletzungspech gibt. Mit diesen Tugenden gehen wir unsere Aufgaben auch in Dortmund an.
kicker: Zuletzt haben Sie anders als in der Hinrunde auf ein 4-4-2 mit Raute gesetzt. Dortmunds Außenverteidiger schieben viel an. Stellen Sie das System wieder um?
Dutt: Dortmund spielt über alle Positionen gut: Das fängt mit den Innenverteidigern in der Spieleröffnung an, geht über die Außenverteidiger, übers Kurzpassspiel im Mittelfeld. Das Pressing ist auch gut. Deswegen sind sie Deutscher Meister. Deswegen stehen sie auf dem 1. Platz, weil sie den besten Fußball spielen und nicht berechenbar sind. Also müssen wir selbst breit aufgestellt sein. Das hat im Hinspiel gut geklappt. Ich hoffe, dass wird auch so am Samstag. Und wissen Sie was?
kicker: Bitte.
Dutt: Gegen uns ist es auch nicht einfach zu spielen. Uns tun die vielen Unentschieden zwar weh, jedoch hat in den letzten zehn Spielen auch nur eine Mannschaft gegen uns gewonnen.
kicker: Renato Augusto wurde nach langer Verletzung eingewechselt. Ist er ein Kandidat für die Startelf?
Dutt: Auf jeden Fall. Wir haben jetzt drei Spiele in acht Tagen. Ob er im ersten oder zweiten Spiel beginnt, ist eine andere Frage. Man muss ja auch nicht unbedingt 90 Minuten Tempo spielen können. Manchmal reichen auch 60 Minuten oder 45.
kicker: Zuletzt haben Sie André Schürrle, der in der Hinrunde meist über außen kam, zentral im Sturm aufgestellt. Bleibt es dabei?
Dutt: Wir wollten mit André mehr Schnelligkeit ins Zentrum bringen, haben uns deswegen auch für zwei zentrale Spitzen entschieden. Aber wir haben uns eine gewisse System-Flexibilität erarbeitet – und auch gut angewendet. Wir werden auch wieder im 4-2-3-1 spielen – vielleicht schon am Samstag. Dann würde André wieder über außen kommen.
Kicker: Ist die Maßnahme mit Schürrle als zweiter zentraler Spitze der Erkenntnis geschuldet, dass dieser zweite Mann im Zentrum fehlte, weil Michael Ballack nicht mehr dorthin nachrückt wie früher?
Dutt: Es hat eine Analyse der Hinrunde gegeben und die Entscheidung, André reinzuziehen. Er bringt eine Komponente mit, die uns im schnellen Umschalten guttut.
Kicker: Welche Rolle spielt Ballack noch in Ihren Planungen?
Dutt: Die gleiche wie jeder andere Spieler auch. Jeder hat die Chance, durch Leistung an seinen Konkurrenten vorbeizuziehen. Doch das Leistungsprinzip lasse ich mir, bei allen Privilegien, die er bei mir genießt, nicht nehmen.
kicker: Links hinten fehlt Michal Kadlec nach seiner Gelb-Roten Karte. Beginnt für ihn Bastian Oczipka?
Dutt: Das wird sich zeigen. Es gibt auch die Möglichkeit, dass einer unserer Innenverteidiger (Daniel Schwaab, Anm. d. Red.) links verteidigt. Auch Danny da Costa könnte das. Und natürlich Gonzalo Castro.
kicker: Aber Bayer hat mit Vedran Corluka extra einen rechten Verteidiger verpflichtet, damit Castro fürs Mittelfeld frei wird. Also werden Sie ihn doch nicht gleich wieder als Außenverteidiger zurückziehen …
Dutt: Das hat alles seine Vor- und Nachteile. Castro hast du als Trainer immer gerne im Mittelfeld wegen seiner Spielstärke, aber mit ihm hätte man gegen Dortmund einen verlässlichen linken Verteidiger, ohne ein großes Risiko einzugehen.
kicker: Erst in der Liga nach Dortmund, dann in der Champions League gegen Barca. Inwiefern sind diese Partien richtungsweisend?
Dutt: Das sind Spiele, die eine große Chance beinhalten, was das Selbstvertrauen betrifft. Das steigt mit Erfolgserlebnissen in solchen Spielen. Sie sind die Chance, den nächsten Schritt zu machen.
kicker: Umgekehrt könnte man bei zwei Niederlagen aus den Europa-League-Rängen rausrutschen und vor dem Aus in der Champions League stehen. Droht Bayer 04 seine Ziele aus dem Auge zu verlieren?
Dutt: Nein, das glaube ich nicht. Was passiert bei einer Niederlage? Das ist kein positives Denken. In der Champions League droht ab dem Achtelfinale ohnehin jedem Team gegen jeden Gegner das Aus. Sich dafür zu qualifizieren war schon eine Leistung. Und ob wir uns für einen internationalen Wettbewerb qualifizieren, hängt nicht vom Spiel in Dortmund ab. In den nächsten beiden Partien gibt es für uns mehr zu gewinnen als zu verlieren.
INTERVIEW: STEPHAN VON NOCKS
Quelle: kicker-Printausgabe vom 09.02.2012