Das Glück ist mit den Mutigen

  • Stark gespielt und die Bayern geschlagen. ROBIN DUTT (47) und sein Team verschaffen sich plötzlich wieder Perspektiven nach oben.


    Der Triumph gegen den Rekordmeister war am Sonntag kein großes Analysethema. Genuss pur war angesagt, das Aufarbeiten der 90 Minuten wurde verschoben. Zu selten erlebte man Siege gegen die Bayern. Doch wieso klappte am Samstag, was acht lange Jahre nicht geklappt hatte? Wieso standen nun am Ende eines tollen Spiels drei Punkte, wo früher meist Erfahrung der einzige und bittere Gewinn war?


    Der Faktor Glück, da tritt man keinem der Beteiligten zu nahe, spielte eine große Rolle, eine Stunde lang die wichtigste. Als man den Bayern Räume ließ, dass die mit dem LKW hätten Richtung Leno fahren können. Als man hinterherlief und -schaute und der junge Torhüter hielt, was zu halten war.


    Doch dann passierte, was selten geschah in dieser Saison. Bayer ergab sich nicht in sein Schicksal. Der Trainer ging nicht auf Sicherung des einen Punktes. Bayer stand auf, gut auf- und eingestellt von Robin Dutt, der Eren Derdiyok als zweite Spitze brachte und defensiv umstellte. Dass dieser Schuss nicht nach hinten losging, hat auch etwas damit zu tun, dass Trainer und Mannschaft mittlerweile eine Sprache sprechen. Denn was Dutt von seinen Schützlingen verlangte, war komplex, laufintensiv und durchaus kompliziert. Schwaab wechselte in die Innenverteidigung, erhielt aber dazu den Spezialauftrag, Bayerns Pass-Maschine Toni Kroos, der meist über links oder halblinks kam, zuzustellen. Rückte er raus, ging Gonzalo Castro, der nach der Pause auf die rechte Außenverteidigerposition gerückt war, wieder nach vorne, Stefan Reinartz, der Sechser, komplettierte dann die Viererkette innen. Ein System, das den Spielern ein Höchstmaß an Kraft und Konzentration abverlangte – sie bestanden den Test! Das Gebilde präsentierte sich kompakt und in der Lage, Akzente nach vorne zu setzen. „Man hat gesehen, welche Kraft in dieser Mannschaft steckt“, konstatierte ein sichtlich glücklicher Trainer. Dutts wichtigste Aufgabe wird es sein, Selbstzufriedenheit zu vermeiden, die Kraft zu konservieren, dieses Team weiter nach dessen Fähigkeiten zu formieren. Seit der couragierten zweiten Halbzeit gegen Barcelona hat er der Elf die lange geforderte offensive Handschrift verpasst, seitdem ist auch das Glück mit den Mutigen! Augsburg geschlagen, Köln geschlagen, München geschlagen: „Wir haben unsere Qualitäten auf den Platz gebracht“, freute sich André Schürrle, der ebenfalls einen Aufwärtstrend zu verzeichnen hat – wie die meisten Bayer-Profis.


    Drei Siege hintereinander – das ist neu in dieser Saison. „Wir brauchen eine Serie“, forderte Stefan Kießling am vergangenen Donnerstag im kicker. Der Abstand auf Platz vier ist nach diesem Spieltag, an dem alle für Bayer spielten, überschaubar. Jetzt ist es an ihnen selbst, die Serie auszubauen und die Saison doch noch zu veredeln.




    Quelle: kicker-Printausgabe vom 05.03.2012