In dieser Woche gelingt keinem deutschen Vertreter ein Erfolg. Stattdessen blamiert sich Leverkusen bis auf die Knochen. Ist die Bundesliga zu schlecht für Europas Bühne? Die Folgen der Niederlage im Camp Nou. Ein Kommentar von Frank Nägele
Wenn es nur Bayer 04 Leverkusen wäre, das Drama eines Vereins, der halt doch viel kleiner ist als das Werk, von dem er unterstützt wird. Dann könnte man von einem fußballerischen Einzelschicksal sprechen und nach dem 1:7 in Barcelona fragen: „Ist ja spektakulär – aber was geht mich das an?“ So einfach ist der Fall aber nicht. Das 1:7 von Barcelona kann nicht losgelöst von den Interessen des deutschen Fußballs betrachtet werden.
Es widerfuhr dem aktuellen deutschen Vizemeister, einem Team, das in der Rückrundentabelle auf Platz drei steht und zuletzt den FC Bayern 2:0 bezwungen hat. Hier helfen Bayer-04-typische Erklärungsmuster genau so wenig weiter wie die permanente Wiederholung von Worten wie Blamage, Peinlichkeit, Demütigung, Schande.
Es muss darüber nachgedacht werden, was es bedeutet, dass ein Spitzenprodukt des deutschen Vereinsfußballs vom FC Barcelona als Spielzeug benutzt wurde, zwei Wochen nachdem Bayern München gegen den FC Basel verloren hat. Dass Meister Dortmund ungestört der Meisterschaft entgegenstrebt, weil er in der Gruppenphase den letzten Platz hinter Arsenal, Marseille und Piräus belegt hat, wirkt vor diesen Ereignissen noch viel weniger zufällig. So etwas nennt man einen Trend, und der verheißt nichts Gutes für den deutschen Fußball drei Monate vor Beginn der Fußball-Europameisterschaft. Die Nationalmannschaft besteht mit drei Ausnahmen (Özil, Khedira, Mertesacker) aus Bundesliga-Profis. Das klingt nach einer richtigen Denksportaufgabe, und zwar unabhängig vom Abschneiden seiner Nationalelf bei der EM.
Für Bayer 04, sein Präsidium, Trainer Robin Dutt und die Mannschaft liegen die Dinge einfacher. Wenn sie in Wolfsburg gewinnen oder zumindest ordentlich spielen, kann die Theorie von der Begegnung mit Außerirdischen in Barcelona aufrechterhalten werden, und alle können erst einmal so weiter- machen. Aber nur dann.