Aus sportlicher Sicht ist Spahics Abgang ganz klar ein Verlust (auch wenn man nicht weiß, wie sehr er nächste Saison als 35jähriger noch Stammkraft gewesen wäre). Er hat 2 bockstarke Jahre bei uns gehabt, hat unsere Defensive stabilisiert, Toprak besser gemacht. Das alles für kleines Geld. Ihn gleichwertig zu ersetzen, wird nicht einfach, ist aber auch kein Ding der Unmöglichkeit.
Seine Vertragsauflösung nun ist konsequent und folgerichtig. Der Verein propagiert eine strikte Linie in Sachen Gewalt im Stadion, da kann man für einen Spieler - erst recht - keine Ausnahme machen. Ich persönlich hätte grundsätzlich auch mit einer hohen Geldstrafe und zB Suspendierung bis zum Saisonende leben können, falsch ist die Entscheidung des Vereins aber sicherlich nicht.
Was ich aber erschreckend finde, ist, wie hier teilweise Gewalt bagatellisiert wird. Der Buhmann ist für viele offenbar nicht Spahic, sondern alle anderen um ihn herum. Verein, Ordner, Medien, der "Kameramann". Wenn man beleidigt wird, darf man natürlich zulangen. Dann wird auch noch absurderweise auf Nachlässigkeiten anderer Vereine verwiesen. Grundsätzlich wird hier (und auch anderswo) der Umgang zB der Bayern mit Ribery, Breno und Konsorten oder beim BVB mit Reus kritisiert. Jetzt aber sind das offenbar Parade-Beispiele, wie ein Verein mit negativ auffälligen Spielern umgehen sollte? Lächerlich.
Was der Verein gemacht hätte bei einem Spieler wie Calhanoglu, Kießling oder Leno (ganz davon abgesehen, dass ich denen so eine Aktion nicht zutraue), ist völlig spekulativ. Mag sein, dass die nicht rausgeflogen wären, anders als Spahic sind sie aber nicht auch schon früher auffällig geworden.
Warum sollte sich der Verein sich nach so einer Aktion vor Spahic stellen? Das Argument, er habe 2 Jahre die "Knochen für uns hingehalten", ist doch grotesk. Dafür wurde er fürstlich entlohnt, die Aktion mit dem Pressesprecher wurde ihm nachgelassen, sein Vertrag sogar verlängert. Irgendwann ist auch mal gut. Genauso kann ich dieses Plakat im Stadion nicht nachvollziehen.
Und all die, die meinen, man hätte das Strafverfahren abwarten sollen - Spahic hat vereinsintern die Möglichkeit bekommen, sich zu äußern und seine Sicht der Dinge darzustellen. Wäre er tatsächlich "Opfer" gewesen, hätte er sich kaum mit einer so deutlichen Abwicklung seines Arbeitsverhältnisses zufrieden gegeben. Außer der Verein zahlt ihm "heimlich" eine hohe Entschädigung, wovon ich aber nicht ausgehe. Im Übrigen ist es zwar richtig, dass das Video nicht den gesamten Tathergang abbildet, gerade die Kopfnuss wird aber in keinem Fall mehr als Notwehrhandlung ausgelegt werden können. Und sofern von den Ordnern "nur" Beleidigungen ausgegangen sind, halte ich die Annahme von Notwehr ohnehin für äußerst zweifelhaft (wenn auch in theoretischen Fällen möglich).
Sead Kolasinac mit einem Kommentar:
"Wir können das Geschehene nicht rückgängig machen, aber wir können uns auf die Seite der Wahrheit und Ehrlichkeit stellen. Die Familie muss für jeden normalen Menschen das wichtigste im Leben sein, und dann erst der Rest. Unser Emir hat genau so gehandelt, er hat Menschlichkeit gezeigt. Ich bin enttäuscht, dass man es als Fehler sieht, sein Blut zu verteidigen, und vorallem das beleidigen und wertschätzen ihm gegenüber als Spieler.
Ich möchte die Gelegentheit nutzen und die ganze Unterstützung meinem Freund, meinem Bruder und dem großen Menschen, welcher immer da war für sein Land, für seine Familie und Freunde, für die er gestorben wäre, zu geben. Vor allem ist dies ein Mann, der unendlich oft geholfen und andere unterstützt hat. Jetzt sind wir dran: Unterstützen wir unseren Spaha. "
Klare Worte von Kolasinac.
Klare Worte sind das durchaus. Zeigen eindeutig, wie beschränkt Kolasinac denkt. Alleine schon das Unverständnis, dass die Aktion als Fehler gewertet wird, ist unfassbar. Da kann man sich nur an den Kopf fassen und hoffen, dass nicht zu viele Leute so denken. Auch diese generellen möchtegern-pathetischen Formulierungen... Kolasinac merkt schlichtweg nicht, wie peinlich, lächerlich und deplatziert das alles klingt. Im Übrigen geht es auch nicht um mangelnde Wertschätzung. Im Gegenteil, so gut wie jeder sieht den sportlichen Verlust. Aber darum geht es überhaupt nicht. Insofern hätte Kolasinac sich den Post bis auf die letzten 2 Sätze komplett sparen können.