Sami Hyypiä musste
gehen. Nun soll für ihn
SASCHA LEWANDOWSKI die
wankende Truppe auf
Vordermann bringen.
Die Konstellation ist pikant,
aber nicht unüblich in der
Branche. Sollten es die Profis
von Bayer Leverkusen tatsächlich
noch auf Rang vier der Abschlusstabelle
schaffen, profitiert davon
auch der am Samstag entlassene
Sami Hyypiä; mit ihm ging sein
Assistent Jan-Moritz Lichte. Es
war die siebte vorzeitige Trennung
der Saison und die 400. der
Bundesliga-Historie. Des Finnen
Vertrag enthielt eine Klausel, nach
der die Laufzeit bis 2015 ab Platz
fünf um ein Jahr verkürzt wird. Ab
Platz vier gilt die Laufzeit bis 2015
wieder, inklusive Lohnfortzahlung.
Aktuell verweilt die Werkself
auf Platz fünf, nach dem 1:2 von
Hamburg rutschte sie so tief wie
nie in dieser Saison, ist drauf und
dran, alle Ziele zu verspielen.
Sascha Lewandowski soll es
nun richten und sich bis zum
10. Mai an den Profis abarbeiten,
die in der Mehrzahl seit Beginn
der Rückrunde so ungefähr
jede Gelegenheit nutzten, eine
zumindest zweifelhafte Berufsauffassung
zu dokumentieren.
Sein Aufgabenbereich umfasst
mehr als das Perfektionieren von
Flachpass und Bananenflanke. Der
Cheftrainer der Nachwuchsabteilung
soll für die Bosse den Kader
überprüfen. Es geht in erster Linie
um Eigenschaften wie Durchsetzungsvermögen,
Charakterfestigkeit,
professionelle Einstellung,
Selbstbehauptung. In all diesen Bereichen
versagten die Leverkusener
in den zurückliegenden Monaten.
Gepaart mit so verblüffenden wie
erheblichen fußballerischen Defiziten
führte dies dann in die Krise,
aus der man sich – o Wunder – nicht
mehr heraus kämpfen konnte.
Je tiefer sie im Leistungsloch versanken,
desto weniger sah und hörte
man die Stars. Wo Schalker Kollegen,
wie am Samstag in Bremen,
während des Spiels eigenmächtig
Umstellungen vornahmen, machten
die Leverkusener es wie die drei
Affen: nix hören, nix sehen, nix sagen.
Die Rechnung zahlt am Ende
ja der Trainer.
Immerhin animierte dieses Verhalten
die Bosse zum Nachdenken.
Sie sind mittlerweile bereit,alles und jeden auf den Prüfstand
zu stellen. Ob Simon Rolfes, Emir
Spahic, Lars Bender oder Gonzalo
Castro – jeder Einzelne im Kader
hat die Chance, sich zu zeigen. Aber
ebenso das Risiko, seine Zukunft in
Leverkusen zu verspielen.
Dem neuen Trainer soll ein Kader
zur Verfügung gestellt werden,
der Typen aufweist. Typen, die
nicht irgendwann verschreckt merken,
dass Krise ist. Sondern solche,
die sich sofort gegen Missstände
aufl ehnen. Wie der Mann nach
Lewandowski heißen wird, steht
noch in den Sternen. „Es werden
jetzt die gleichen vier, fünf üblichen
Verdächtigen bei uns gehandelt, die
noch im Winter auf Schalke gehandelt
wurden“, sagte Rudi Völler am
Sonntag. Neben Armin Veh und
Markus Weinzierl sind dies Th omas
Tuchel und Markus Gisdol. Dünne
Spuren führen nach England, wo
Uwe Rösler (45) bei Wigan Athletic
(Championship) recht erfolgreich
arbeitet. Der ehemalige Stürmer-
Star von Manchester City wäre immerhin
keiner der „üblichen Verdächtigen“.
FRANK LUßEM
kicker-Print