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Die zweite Karriere des Knut Reinhardt
Zu Beginn seiner zweiten Karriere hat man über Knut Reinhardt noch gelächelt. Doch der jetzt hat der Kicker, der für Leverkusen und Dortmund spielte, sein Examen als Grundschullehrer bestanden - und ist glücklich.
Zu Beginn seiner zweiten Karriere hat man über Knut Reinhardt noch gelächelt. Dass ein ehemaliger Champions-League- Sieger und deutscher Fußball-Meister plötzlich Kindern das ABC und das kleine Einmaleins beibringen will, konnten die meisten seiner Bekannten und damaligen Kollegen nur schwer nachvollziehen.
«Du tickst doch nicht richtig», wurde ihm verdeutlicht, als der frühere Nationalspieler vor sechs Jahren seine sportliche Karriere beendete und an der Universität Dortmund ein Lehramts-Studium aufnahm.
Leicht war es nicht
«Ich wollte das aber durchziehen und bin bis heute mit dieser Entscheidung glücklich», sagt Reinhardt, der vor drei Wochen sein Examen als Grundschullehrer mit den Schwerpunkten Mathematik, Englisch und Sport bestand. Leicht sei es nicht gewesen. «Wenn man berücksichtigt, welche Ansprüche und Qualitäten der Lehrerberuf hat, fühle ich mich mit dem bestandenen Examen so, als hätte ich die Champions League und alle anderen Titel nochmal gewonnen», meint er.
Mit Borussia Dortmund war er bis 1997 erfolgreich, 1988 war der 297-malige Bundesliga-Profi mit Bayer Leverkusen Gewinner des UEFA- Pokals. Pädagogische Aspekte interessierten ihn bereits als Fußballer - und Mathe, Deutsch oder Kunst für Grundschüler zu büffeln, sei noch die einfachste Aufgabe gewesen. Wirklich hart war der Sport.
Echtes Ziel ist wichtig
«Alles, wo der Ball ins Spiel kam, war unproblematisch, aber ich musste auch Prüfungen im Judo, Inlineskating und Schwimmen absolvieren und sogar das Tanzen lernen», erzählt der 40-Jährige, der früher eher als robuster Abwehrrecke auffiel. Um seine Scheine zu machen, schwamm er morgens um sechs mit Rentnern um die Wette. «Ich hätte auch den ganzen Tag Teleshopping und Bärbel am Mittag schauen können, aber ohne echtes Ziel wird dir doch der Boden unter den Füßen weggerissen», sagt der siebenmalige Nationalspieler.
Durch seine Auftritte in der BVB-Traditionself habe er Kontakte zu Ex-Profis, die nach ihrer Karriere ins Schleudern gerieten: «Manche sind echte Sozialfälle geworden.» Obwohl wesentlich älter als seine Kommilitonen, wurde er an der Uni ebenso gut aufgenommen wie zuletzt an der Grundschule Kleine Kielstraße, an der er sein Referendariat absolviert hat. «Eine Brennpunktschule im Dortmunder Norden mit 83 Prozent Ausländerquote», erzählt Reinhardt.
Es sei schön, seinen Anteil daran zu haben, dass die Kinder Lesen und Schreiben lernen und «auf der Straße nicht mehr veräppelt werden.»
Alle schauen ehrfurchtsvoll
Seine eigenen vier schulpflichtigen Sprösslinge halfen ihm, sich auf die Sprache der Kinder einzustellen. Keiner seiner Schüler hat ihn jemals spielen sehen, wenn er sich aber im Sportunterricht das einst getauschte Trikot von Galatasaray Istanbul mit dem originalen Champions-League-Sticker überstreift, schauen alle ehrfurchtsvoll.
«Die türkischen Kinder sind dann Feuer und Flamme», sagt er. Der «Pauker» versucht zu vermitteln, dass man - wie im Fußballteam - auch im Klassen-Verbund gemeinsam die besten Ergebnisse erzielen kann und Leistung sich lohnt: «Kinder müssen Rituale und Regeln befolgen, damit sie im Leben zurechtkommen. Der Erziehungsauftrag, den wir Lehrer haben, ist wichtig.»
Am wichtigsten sei aber, «dass man sein inneres Glück findet». Und belächelt hat ihn schon lange keiner mehr. (dpa)