Mit dem verdienten Sieg gegen Benfica geht für Leverkusen die Champions League richtig los. Das Team von ROGER SCHMIDT (47) zeigt zwei Gesichter.
Seit Mittwoch ist Michael Schade nun ein Jahr im Amt, und man darf wohl sagen, es waren zwölf Monate mit Höhen und Tiefen. Als die Werkself in der Rückrunde der vergangenen Saison die Champions-League-Qualifikation zu verspielen drohte, wurde Sami Hyypiä entlassen, erst im Nachsitzen und mit dem neuen Trainer Roger Schmidt erreichte man die Königsklasse doch noch. Es war also kein ganz einfaches Jahr. Insgesamt, sagte Schade dieser Tage dem Express, könne er aber sagen: „Ich liebe meinen Job.“ Man darf vermuten, dass die Begeisterung des 61-Jährigen über seinen neuen Posten am Mittwoch noch ein Stück größer geworden ist.
Wie üblich mit schwarz-rotem Fan-Schal fieberte Schade auf der Tribüne neben Sportdirektor Rudi Völler mit, und beide sahen diesmal, wie gut der Spielstil des neuen Trainers funktionieren kann. Sie beobachteten aber auch die Anfälligkeiten, die in den Wochen zuvor zum Vorschein gekommen waren.
Nach dem Fehlstart in die Gruppenphase der Champions League durch das 0:1 in Monaco und die Niederlage in der Liga in Wolfsburg waren ja erste Zweifel an dem spektakulären, aber auch risikoreichen Pressing-Fußball des 47-Jährigen laut geworden. „Klar stehen wir unter Druck“, hatte Völler vor der Partie gegen Lissabon gesagt und von einem „Endspiel“ gesprochen. Mit dem Sieg gegen Benfica hat die Champions League nun für Bayer so richtig begonnen. Mit dem verdienten Erfolg sind die Rheinländer wieder zurück im Rennen um den Einzug in das Achtelfinale der Königsklasse. „Wenn wir gewinnen, ist alles offen“, meinte Schmidt. Entsprechend groß war die Erleichterung nach dem Schlusspfiff.
Ohne zumindest zwischenzeitliches Zittern ging es aber auch diesmal nicht. Ein „Spiel auf des Messers Schneider“, wie es Torwart Bernd Leno erwartet hatte, war die Partie zwar nicht. Als aber Benfica überraschend zum 1:2 verkürzte, hätte die Partie auch kippen können. Der Elfmetertreffer durch Calhanoglu sorgte schnell für Ruhe, war allerdings irregulär. Und mit solchen Geschenken sollte man nicht immer rechnen.
Ansonsten aber zeigte sich Bayer beim ersten Sieg über die Portugiesen im fünften Vergleich weitgehend souverän und – anders als in den Vorwochen – konsequent. Vor allem in der einseitigen ersten Halbzeit funktionierte vieles nahezu perfekt, das galt auch für die zuletzt mangelhafte Chancenverwertung. Als Lars Bender in der stürmischen Anfangsphase den Pfosten traf, wurden Erinnerungen an die Auftritte gegen Bremen und Freiburg wach. Dort hatte Bayer mehrfach Aluminium getroffen, was Schmidt zu der Erkenntnis gebracht hatte: „Wir waren zuletzt nicht vom Abschlussglück verfolgt.“
Gegen Benfica aber, das dem Tempofußball kaum folgen konnte, zeigte sich Leverkusen effektiv. Insbesondere über die Außen riss Bayer immer wieder Löcher in die Defensive der Portugiesen. „Was sich bei den Chancen gezeigt hat, war, dass sich die äußeren Mittelfeldspieler nicht im Rückwärtsgang auszeichnen“, analysierte der verletzte Bayer-Kapitän Simon Rolfes in der Halbzeitpause bei Sky. Diese Schwächen bestrafte insbesondere Heung-Min Son, dabei hätte der Koreaner angeblich gar nicht von Beginn an spielen sollen. Vor dem Anpfiff hatte es eine gewisse Verwirrung gegeben, weil es zunächst hieß, Josip Drmic stehe für Son in der Startelf. Das erwies sich allerdings als Falschmeldung. „Keine Ahnung, was da im Hintergrund war. Es war völlig klar, dass Son spielt“, sagte Schmidt.
Dadurch blieb es dann bei nur einer Änderung. Für den verletzten Tin Jedvaj (Muskelverhärtung) kehrte der zuletzt angeschlagene Ömer Toprak in die Innenverteidigung zurück. Mit den drei Punkten gegen Benfica entledigte sich Bayer einer Sorge, wie die Aufstellung aber am Samstag im Heimspiel gegen Aufsteiger Paderborn aussieht, wenn Schmidt auf seinen Ex-Klub trifft, ist noch fraglich.
Gegen Lissabon glänzte Bayer mit dem vorletzten Aufgebot, da auch Rolfes, Gonzalo Castro, Sebastian Boenisch und Kyriakos Papadopoulos fehlten. Sollte Jedvaj auch am Wochenende ausfallen, ist die Frage, wer den nach seinem Platzverweis in Freiburg gesperrten Emir Spahic ersetzt. Das aber war beim Sieg am Mittwoch noch Zukunftsmusik.
Quelle: kicker-Printausgabe vom 02.10.14