Ich habe einige Dinge rund um den Umgang mit der Personalie Kai Havertz nicht verstanden. Zunächst einmal fand ich es gut und richtig, dass man einem Wechsel im vergangenen Sommer einen Riegel vorgeschoben hat. Gleichzeitig habe ich mich massiv an unserer Außenkommunikation in diesem Kontext gestört. Denn obwohl der Junge im Sommer 2019 noch 3 Jahre Vertrag hatte, wurde munter darüber gesprochen, dass man ihn im Sommer 2020 dann für viel Geld abgeben werde. Natürlich muss man realistisch sein, dass ein solcher Spieler den Bayer früher oder später verlassen möchte und die mögliche Ablöse bei 2 Jahren Restlkaufzeit deutlich höher ausfällt als bei einem. Dennoch muss man das in der Außendarstellung nicht allen auf die Nase binden. Ich hätte mir da eine viel härtere und verschlossenere Außendarstellung gewünscht. Mehr in dem Sinne "Wir sind froh einen solchen Spieler zu haben und werden dafür kämpfen, dass er noch möglichst lange unter dem Bayer-Kreuz spielt". Zum Beginn der Saison durften ja alle beliebig an Havertz graben und über seinen zukünftigen Verein spekulieren. Das hat schon wahrnsinnig viel Unruhe rein gebracht und hier haben wir als Verein einfach null dagegengehalten.
Ich denke Havertz hat letzte Saison (und auch schon davor) sein Talent eindeutig bewiesen. Es ist absolut verständlich, dass auch so ein Talent mal eine Krise hat. Es war sogar fast zu erwarten, dass er so nicht einfach weiter macht. Der große Wirbel um seine Person und plätzlich auch Sonderaufpasser auf dem Feld gegen ihn, haben ihm das Leben sicherlich nicht leicht gemacht. Das der Einbruch über eine komplette Hinrunde (20 Einsätze) aber so dramatisch sein würde, hätte man nicht erwartet. Er stand in 5 von 6 CL-Spielen in der Startformation und hatte hier keine einzige Torbeteiligung. In der Liga stehen 2 Tore und ein 1 Assist zu Buche. Die Tore am 1. Spieltag gegen Paderborn und am 6. Spieltag gegen Augsburg. Das Assist gegen Augsburg war purer Zufall ohne wirklich zu tun (Rücken angeschossen). Diese beiden Partien waren eigentlich auch die einzigen Matches, in denen er überzeugen konnte. Ansonsten war das überhaupt nichts. Wir sind hier ganz weit weg von der Erwartungshaltung, dass er für uns in jedem Spiel den Unterschied machen soll. Aber sein Einfluss auf unser Spiel als Offensivkraft mit 1.700 Einsatzminuten war nahezu nicht existent. Letzte Rückrunde hat er für uns zahlreiche Spiele gewonnen und nun eigentlich kein einziges mehr. Gepaart mit schwachen Zweikampfwerten musste die Mannschaft diesen Spieler dann irgendwie durchschleppen.
Wie ruhig die Medienlandschaft rund um den Bayer ist und wie wenig Druck da kommt, zeigt das Beispiel Havertz sehr gut. Trotz dieser katastrophalen Hinrunde, gab es eigentlich gar keine negativen Artikel zu seinen Leistungen. Das Thema wurde nun eigentlich erst durch die Pfiffe der Fans (ohne dass ich diese gutheißen möchte) auf die Agenda gebracht. Und plötzlich verteilt sogar der Kicker mal die Note 5.
Wer sich intensiv mit dem Bayer beschäftigt hat doch seit Wochen und Monaten gesehen, dass hier einfach überhaupt nichts mehr stimmt. Waren wir nicht alle heil froh (und wahrscheinlich die Verantwortlichen auch), als er sich verletzt hat und endlich ein paar Spiele pausieren musste? Jedenfalls kein guten Zeichen, dass das nötig war und unser Trainer ihn nicht viel früher mal raus genommen hat.
Aber was geht jetzt in Havertz vor? Sorry, aber wenn die Ablösen die in Raum stehen und die Aufmerksamkeit, die er zuletzt bekommen hat, schon zu viel für ihn waren, wie soll er denn da in irgendeiner Form bei einem absoluten Top-Club bestehen können? Da hat dann nämlich tatsächlich ein Verein diese Summe in die Hand genommen und erwartet dass diese sofort mit Toren zurück gezahlt wird. Da gibt es Fans, die von ihm besondere Momente erwarten. Da gibt es eine ganz andere Medienlandschaft und so weiter und so weiter. Glaubt ihr nicht, dass, großes Talent hin oder her, für Havertz, wenn er ehrlich zu sich selbst ist, alles eigentlich zu früh kommt? Wenn man vom Bayer zu einem Top-Club wechseln und sich da durchsetzen möchte, muss man eigentlich bei uns der überragende Mann sein (Ballack, Vidal, Berbatov,...). Natürlich war er das in der letzten Rückrunde, aber nach so einem Absturz muss man leider sagen, dass er doch noch nicht soweit ist.
Warum gesteht sich eigentlich niemand ein, dass es für ihn wohl am Besten wäre, wenn er nochmal ein Jahr bei uns verlängern würde und noch eine weitere Saison bleiben würde? (Modell Gündogan)
