Die ZEIT: Von wegen Weltmeisterliga
Autoren wie jener des ZEIT-Artikels mögen das Dilemma zwar plausibel anreißen, scheinen mit derlei Überschriften auch ins Schwarze beim Ansatz zur Ursachenforschung zu treffen, denken es dann aber nicht zu Ende - was Wunder, müssten sie sich dazu doch selbst den Spiegel vorhalten.
Lauten doch die beiden wichtigsten Fragen, welche sich am Tage nach der Besiegelung des schlechtesten Bundesliga-Abschneidens im Europacup seit 15 Jahren aufdrängen:
Welche Mentalität im Umfeld der Deutschen Fußballnationalmannschaft samt Bundesliga-Fußballes ist für diese Krise in entscheidendem Maße mitverantwortlich?
Und wie kommt man dieser krisenauslösenden Mentalität bei?
Blenden wir zurück.
Mai 2013, Jupp Heynckes und Co-Trainer Peter Hermann gewinnen mit dem FC Bayern das Triple; u.a. durch den CL-Sieg im ersten rein deutschen EC-Finale seit 1980.
Man schaue rückblickend nicht auf die Leistung an sich, sondern auf das Echo im deutschen Medienwald und die Wirkung der daselbst hochgekochten Euphorie auf breite Teile der Fan-Szene rund um den deutschen Fußball.
Da ist von einer CL-Wachablösung der Primera Division und der Premier League durch die Bundesliga die Rede, die Paarung FC Bayern - Borussia Dortmund wird gleich in welchem Wettberwerb fortan als "deutscher El Classico" hochsterilisiert :D; und das bis heute, obwohl Letztere (Dortmunder) seit geschlagenen 20 Jahren keinen Titel im Europacup und darüberhinaus seit 5 Jahren keinen Titel in den beiden großen nationalen Wettbewerben (Bundesliga, DFB-Pokal) mehr geholt haben; wodurch es somit zur Lächerlichkeit pervertiert, einen an europäischen Spitzenmaßstäben gemessen derart erfolglosen Verein nach wie vor auf Augenhöhe mit den englischen Topp-Teams oder Real, Barca, ja selbst Atletico sehen zu wollen.
Nichts davon steht in den Medien, auch kein Wort über die in gut sechs Jahrzehnten (seit 1955) und im Vergleich zu spanischen, englischen und italienischen Vereinsmannschaften ausgemacht langen Durststrecken des Bundesliga-Fußballs in den Europacup-Wettbewerben und das unter dem Strich eher bescheiden anmutende Sammeln deutscher Europacup-Erfolge.
Kurzum, wer in diesen Tagen einem krisenverursachenden Mentalitätsproblem im Umfeld der Deutschen Fußballnationalmannschaft samt Bundesliga-Fußballes auf die Spur kommen will, der wird in der deutschen Medienlandschaft und in breiten Teilen der Fanszene des deutschen Fußballs mühelos und zur Genüge fündig.
Dies um so mehr, wenn wir auf die letzten beiden WM-Titelgewinne zurückblicken.
Nichts gelernt seit 1990, als Franz Beckenbauer nach dem Gewinn des WM-Titels hatte geglaubt weissagen zu müssen, durch die zusätzliche Integration der besten DDR-Fußballer in das WM-Team sei Deutschland "auf Jahre, wenn nicht auf Jahrzehnte" unschlagbar.
Same procedure WM 2014.
Da war sie wieder, die überschäumende Medienlandschaft nebst NM-Fanszene mit ihrem überheblichen Gerede von der Ablösung der spanischen Vorherrschaft bei den großen Turnieren, von der bevorstehenden Titelserie mit Gewinn der EM 2016, Titelverteidigung bei der WM 2018, undsoweiter, undsoweiter.
Von der Strahlkraft der Weltmeister auf die Bundesliga, ach was, auf den europäischen Fußball, undsoweiter, undsoweiter.
April 2017.
Nur drei Jahre später schaffen es genau 2 der 23 amtierenden Weltmeister von 2014 ins Halbfinale eines europäischen Vereinswettbewerbs:
Sami Khedira und Toni Kroos.
Einer der noch aktiven 21 Weltmeister war zwischenzeitlich in der 2.Liga gelandet und wurde auch dort wegen neurlicher Eskapaden supendiert.
6 amtierende Weltmeister schaffen es nicht bis in ein EC-Viertelfinale.
Ron-Robert Zieler scheidet mit Leicester knapp und unglücklich im Viertelfinale aus.
Und 11 amtierende Weltmeister werden in insgesamt 6 Viertelfinalpartien regelrecht abgeschossen:
16 GEGENTORE!
Von wegen Weltmeisterliga:
Wie wahr, wie bitterlich wahr.
Die Überheblichkeits-Mentalität als eine der Hauptursachen der Krise mag von jenen verstanden sein, welche zu verstehen fähig und willig sind.
Allein, wie wollen die daraus lernen, welche kaum fähig, und noch viel weniger gewillt sind, an ihren eigenen (Charakter-)Schwächen zu arbeiten?