Flirt mit der Fremde
VON MICHAEL ZEIHEN, 30.11.07, 10:32h, AKTUALISIERT 30.11.07, 11:47h
Im Gespräch ist bei den Basketballern nach wie vor, die BBL-Lizenz an eine andere Stadt zu übertragen.
Leverkusen - Eigentlich sollte die Stimmung bei den Bayer Giants allerbestens sein. Tabellenplatz vier, lediglich zwei Zähler hinter Spitzenreiter Alba Berlin; wer hätte das vor Saisonbeginn gedacht.
Dass es jedoch derzeit nicht nur Heiterkeitsausbrüche und freudige Gesichter bei den Verantwortlichen zu sehen gibt, liegt daran, dass die Zukunft des Bundesliga-Basketballs in Leverkusen ungewisser denn je ist. Das Jahr 2007 rückt seinem Ende immer näher, und noch immer ist kein adäquater Ersatz für die durch den Rückzug des Hauptsponsors Bayer entstehende Finanzlücke in Höhe von knapp 1,5 Millionen Euro gefunden. Zwar konnten Manager Otto Reintjes und seine Mitarbeiter einige kleinere Erfolge bei der Akquise neuer Sponsoren erzielen, der große Wurf ist jedoch noch nicht gelungen. Und die Zeit drängt, denn im März geht es an die Beantragung der Lizenzen für die Saison 2008 / 2009 - das erste Jahr ohne die Bayer AG im Rücken.
Derzeit scheint es eher so, dass die Lücke nicht geschlossen werden kann. Dies befürchtet auch Otto Reintjes, und der drückt seine Sichtweise in Zahlen aus: „Die Chancen, dass wir in Leverkusen weiterhin Bundesliga-Basketball zu sehen bekommen, liegen bei 15 Prozent.“ Optimismus sieht anders aus.
Wie soll es also weitergehen, wenn die Finanzen in Leverkusen nicht stehen? „Eine Lösung ist, keine neue Lizenz zu beantragen, und die BBL erteilt einem anderen Klub eine Wild-Card“, erklärt Reintjes. Nach dem nun drohenden Scheitern der Bemühungen, den Standort Leverkusen zu erhalten, wäre dies sicherlich die schlechteste Alternative. Aber da gibt es ja noch die seit Monaten durch alle Gerüchteküchen und Medien geisternde Idee der Lizenzübertragung in eine andere Stadt, verbunden mit dem Transfer der Management-Tätigkeiten und -Fähigkeiten der Giants-Riege.
Und dies scheint sich momentan am ehesten realisieren zu lassen. Im Gespräch sind konkret die Städte Hamburg und Düsseldorf. Während es in der Hansestadt aber erst zwei lose Gespräche gegeben hat, sind die Bemühungen in Düsseldorf schon wesentlich weiter gediehen. Hier wurden bereits konkrete Kontakte zu Sponsoren geknüpft, und die räumliche Nähe zu Leverkusen würde sicher auch viele Fans dazu bewegen, sich in die Landeshauptstadt zu bewegen, um weiter Spitzen-Basketball unter der Führung der Leverkusener Verantwortlichen zu sehen.
„Physisch wäre das natürlich im Vergleich zu Hamburg die bessere Lösung, zumal Düsseldorf nur wenig hochklassigen Sport zu bieten hat, und wir dort in eine Lücke stoßen würden. Wenn es uns nicht gelingt, trotz aller Bemühungen den Basketball in Leverkusen zu erhalten, müssen wir eine Alternative haben. Das bin ich schon alleine meinen Mitarbeitern schuldig, die nach wie vor mit Feuereifer und einem unglaublichen Aufwand versuchen, etwas Positives für Leverkusen zu erreichen. Wem als Fan etwas am Basketball liegt, der würde sich entscheiden müssen, ob er uns weiterhin unterstützen wird. Auch wenn wir nicht mehr in Leverkusen sein sollten und zum ersten Mal seit 40 Jahren kein Bayer mehr im Namen hätten“, stellt Otto Reintjes dar.
Vor einer Entscheidens-Frage würde dann auch Coach Achim Kuczmann stehen, der seit 38 Jahren im Klub und hauptamtlich immer noch in der Jugendabteilung angestellt ist. „Sollte es tatsächlich nach Düsseldorf gehen, müsste ich hier meine sichere Existenz aufgeben, denn ich bin Angestellter bei Bayer. Es müsste daher schon sehr genau geprüft werden, welche Chancen der Standort Düsseldorf bietet“, erklärt Kuczmann die für ihn nicht leichte Situation. Ob weitere Erfolge seiner Mannschaft doch noch eine Wende schaffen und dazu beitragen, dass sich ein potenter Sponsor findet, beurteilt auch der Trainer eher zurückhaltend. „Das wäre schon ein kleines Wunder.“ Und die gibt es bekanntlich nur sehr selten.
http://www.leverkusener-anzeig…ikel.jsp?id=1195816859103
Kommentar : Zukunft als weißer Riese
VON MICHAEL ZEIHEN, 30.11.07, 10:32h, AKTUALISIERT 30.11.07, 10:54h
Es scheint tatsächlich auf das Ende des Bundesliga-Basketballs in Leverkusen hinauszulaufen. Wie auch die Kollegen der Köln 99ers feststellen müssen, ist es alles andere als einfach, einen großzügigen Sponsor für die doch vermeintlich so attraktive Sportart Basketball zu finden.
Auch wenn die Zuschauer Jahr für Jahr in stetig höherer Anzahl in die immer größer und moderner werdenden Hallen strömen, der Werbewert der schnellen und technisch anspruchsvollen Sportart ist weiterhin eher gering. Basketball findet im öffentlichen TV nur bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen in einer längeren Berichterstattung statt. Und das auch nur, weil in Dirk Nowitzki der Superstar schlechthin für Erfolge und Quoten sorgt. Ohne Fernsehpräsenz gibt es keine hoch dotierten Sponsor-Verträge. Erst recht nicht für einen Verein, der immer nur Bayer hieß und in den Köpfen der Menschen wohl auch zukünftig für längere Zeit mit Bayer in Verbindung gebracht werden würde. Dies schreckt Sponsoren ab.
Logische Konsequenz
Andere Klubs, die alle paar Jahre ihren Sponsor und damit auch ihren Namen wechseln, haben es da leichter. Die logische Konsequenz: Nach dem Ende der Bayer-Zeit in Leverkusen steht auch das Ende der Leverkusen-Zeit für den Bundesliga-Basketball an.
Unter einem neuen Namen in einer anderen Stadt, aber mit dem bewährten Management und know-how der Giants-Verantwortlichen um Otto Reintjes könnte es eine Zukunft für Bundesliga-Basketball zumindest in der Nähe von Leverkusen geben. Auch wenn dies derzeit noch etliche der Hardcore-Fans ablehnen, man wird sich entscheiden müssen: Entweder gar kein Spitzen-Basketball mehr oder doch nach Düsseldorf fahren. Dabei würde es dort sogar die Möglichkeit geben, zumindest in der Namensgebung an Leverkusener Zeiten anzuschließen: Könnte man das Welt-Unternehmen Henkel aus Holthausen als Haupt-Sponsor gewinnen, so könnte die Firma auch auf der Sport-Ebene Werbung für den „Weißen Riesen“ betreiben. Ob Giants oder Riesen, wo ist da der Unterschied?
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