Kommentar: Wieso Peter Bosz bei Bayer 04 gescheitert ist

  • Vor dem Spiel in Berlin (0:3), das womöglich sein letztes war als Angestellter von Bayer 04 Leverkusen, hat Peter Bosz einen vielsagenden Satz geäußert. Man müsse, erklärte der Trainer, die Emotionen weit weg von seiner Mannschaft halten. In den Augen des freundlichen Niederländers ist Fußball ein Konstrukt, das man in Laufwege, Positionen, Pässe und Spielaktionen zerlegen kann. Diese Sicht passt in den neuen Zeitgeist der Sportart mit ihren Analysetools und Experten, mit den 1000 Winkeln, die alles zeigen und scheinbar erklären. Und sie funktioniert sehr gut in eine Phase der Homogenität, wenn der Teamgedanke Einzelpersonen zu einer Mannschaft formt, Selbstvertrauen Aktionen gelingen lässt, aus Selbstbewusstsein Selbstverständlichkeit wird. Aber in der Krise, durch die sich die Werkself seit Jahresbeginn schleppt, führt diese rein technische Herangehensweise an das Fußballspiel in die Irre.


    Auch deshalb ist Peter Bosz, der in Leverkusen knapp zwei Jahre lang sehr gute Arbeit geleistet und Talente entwickelt hat, im Frühjahr 2021 gescheitert. Ohne Adrenalin, ohne den Appell an die Urinstinkte des Spiels, ohne sichtbare Hierarchie auf dem Platz, hat sich die Mannschaft mit dem riesigen Talentreservoir verloren. An manchen Tagen gelang es noch, das Einzelkönnen zu einem guten Spiel zusammenzufügen, aber solche Momente wurden selten bis zu ihrem Verschwinden. Daraus resultierte dieser aus der Ferne kaum zu verstehende Zusammenbruch.


    Man hätte dieses Fazit bereits nach dem Debakel gegen Arminia Bielefeld ziehen können. Doch die Klubführung wollte dem Trainer, der prinzipiell so gut zu ihrer Vorstellung von Fußball und zu diesem begabten Kader passt, noch eine Chance geben. Diese Chance gab es jedoch nicht mehr. Jede weitere Blamage würde – mehr als es der Absturz jetzt schon tut – in die direkte Verantwortung der Bayer-Bosse fallen. Es ist unwahrscheinlich, dass sie es darauf ankommen lassen wollen.


    Frank Nägele (KSTA 22.03.2021)