Lunev ist ein Kicker. Ich wünsche mir von ihm ein paar geile Paraden und dass er die Abwehr gut führt.
Irgendwann ging das los, dass sich jeder Kicker irgendwo zu irgendetwas Politischem äussern sollte.
"Was auch immer passiert, das ist meine Heimat" ist ein Satz, den 99,9% der Weltbevölkerung außerhalb Deutschlands wahrscheinlich unterschreiben würden. Er ist nicht an der Front und auch nicht aktiv politisch tätig. Lasst ihn einfach in Ruhe.
Wir wissen nicht, was er denkt. Vielleicht denkt er auch gar nicht sehr viel darüber nach. Vielleicht hat er aber auch Familienangehörige in Russland, die er nicht mit kritischen Interviews in Bedrängnis bringen möchte. Vielleicht möchte er seine Familie im Winter besuchen, ohne verhaftet zu werden.
Das deutsche Maulheldentum nimmt gelegentlich groteske Züge an. Hauptsache wichtig Haltung zeigen. Und dabei nicht merken, dass man im Prinzip genau das Gleiche tut und den Konflikt verstärkt.
Was wäre denn, wenn Mudryk hier auftaucht? Muss er dann gehen? Schicken wir Lunev und Mudryk dann zum Gladiatorenkampf in die Arena? Ich habe keine Lust dass wir diesen Konflikt in unserer Mannschaft oder im Stadion austragen.
Bayer als BigPharma-Player oder Monsantokäufer - müssten wir dann nicht streng genommen alle unserem Verein die Gefolgschaft kündigen?
Ich habe russische Patienten mit Verwandtschaft in Russland. Wir sagen "schwierige Situation, hoffentlich finden die eine vernünftige Lösung" und das war's. Ukrainer sind auch da. Deutschland ist weder Kriegspartei noch Kriegsgebiet. Russen hier aufgrund ihrer Herkunft zu verunglimpfen ist stumpfer Rassismus. Bei türkischen Spielern traut sich niemand solche Ausgrenzungen vorzunehmen, selbst wenn sie öffentlich für Erdogan Stellung beziehen. Azmoun spielt für ein Land, in dem vor 2 Jahren ein regimekritischer Olympiateilnehmer (Ringer) - nach einem Geständnis unter Folter - hingerichtet wurde. Homosexuelle hängen da auch ab und zu immer noch am Baukran. Habt Ihr von dem auch schon ne "Ehrenerklärung" eingefordert?
Es ist eine furchtbare Unsitte geworden, alles und überall zu politisieren und jeden ständig - auch indirekt - um eine Positionierung zu bitten, damit man überprüfen kann, ob er die richtige Gesinnung hat. Früher war Politik Privatsache. Da konnte man mit Menschen, die völlig andere politische Einstellungen hatten, kicken oder zum Fussball gehen, Spaß haben, ein Bier trinken, auf Konzerten rocken, Schach spielen, Geschichten erzählen und gut war's.
Ich kenne noch die Sprüche meiner Grosseltern, als ich mit meiner ersten Freundin ankam: "Ist die katholisch?"
Ich war sehr froh, dass wir das überwunden hatten.
Heute muss man sich nur einmal nicht klar genug von dem Erwarteten distanzieren oder zu dem Gewünschten bekennen und schon wird man gekreuzigt oder ausgegrenzt.
Not my cup of tea!