Viele sehen ihn 2006 schon im Trikot des FC Bayern: Ist der Weg für Kölns Lukas Podolski tatsächlich schon so weit vorgezeichnet?
Das Procedere lief ab, wie es abzulaufen hat. Andreas Rettig wandte sich schriftlich an die Verantwortlichen des FC Basel mit der Bitte, Gespräche mit Murat Yakin aufnehmen zu dürfen. Diesen Gang sehen die Statuten vor bei Spielern, die noch mindestens ein halbes Jahr unter Vertrag stehen.
Umso mehr wunderte sich der Manager des 1. FC Köln am vergangenen Sonntag, als Bayern-Manager Uli Hoeneß in der "Bild am Sonntag" lautstark sein Interesse an Lukas Podolski formulierte, derart, dass viele Insider bereits Spekulationen anstellten, die Sache mit dem Jungstar und dem FC Bayern sei bereits wasserdicht. Hoeneß' Aussagen irritierten den Kollegen Rettig einigermaßen: "Es ist keine Überraschung für mich, dass man beim FC Bayern das Talent von Lukas Podolski erkannt hat. Was mich überrascht, ist das Vorgehen des Klubs."
Diesen habe man in den vergangenen Jahren als "korrekten und verlässlichen Verhandlungspartner" kennen gelernt. Es sei "irritierend, dass sie nun so an die Öffentlichkeit gehen", sagt Rettig. Was aber nichts daran ändern würde, dass "Lukas bei uns unter Vertrag steht". Und dies, wie Podolskis Berater Kon Schramm Stein und Bein schwört, "ohne Wenn und Aber, ohne irgendeine Klausel." Der Partner des Mönchengladbacher Spielerberaters Norbert Pflippen hegt ebenfalls Bedenken ob des Vorpreschens der Bayern, allerdings in eine andere Richtung als Rettig: "Ich befürchte, Lukas wird da in eine Ecke gedrängt. Wenn so etwas in der Zeitung steht und die Journalisten schlussfolgern, dass zwischen Lukas und den Bayern längst alles klar ist, dann machen dies die Fans auch. Und wenn es dann mal nicht läuft, dreht sich der Wind und Lukas ist der Buhmann."
Was Schramm nicht stört, ist die Tatsache, dass die Bayern interessiert sind, "aber dass er zugesagt hat, davon kann nie die Rede sein". Weder schriftlich noch mündlich habe es Verhandlungen gegeben. Dies bestätigt Uli Hoeneß. Der Bayern-Manager gestern zum kicker: "Wir sind an Lukas Podolski interessiert. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass dieser Spieler in einem oder zwei Jahren noch beim 1. FC Köln spielen wird. Ob er dann beim FC Bayern spielt oder bei einem anderem Spitzenverein, steht auf einem anderen Blatt. Klar ist gar nichts zwischen uns."
Am wenigsten aufgeregt zeigt sich, natürlich, der Betroffene selbst. Lukas Podolski weilt momentan mit seiner Freundin Monika auf Mallorca, lässt sich die Sonne auf den Bauch scheinen und schüttelt die Strapazen der vergangenen Bundesligasaison ab: "Mich bringt das nicht aus der Ruhe, die FC-Fans sollen sich keine Sorgen machen. Ich habe einen Vertrag bis 2007."
So spricht einer, der weiß, dass bei normaler Entwicklung nichts passieren kann. Seinen sportlichen Sonderstatus beim FC wird er beibehalten, auch in der Bundesliga. In der Nationalelf stehen ihm alle Türen offen, ebenso in der Werbung, gerade im Vorfeld der Weltmeisterschaft. Sollte er die ähnlich erfolgreich absolvieren wie den Confed-Cup jüngst, wird es nach dem Turnier Angebote hageln. Von den Bayern, aus dem Ausland. Läuft alles glatt, kann sich "Prinz Poldi" seine mittelfristige Zukunft geruhsam gestalten.
Welche Rolle der 1. FC Köln darin spielt? Momentan gibt es null Signale zu einer vorzeitigen Vertragsverlängerung über 2007 hinaus. In dem Maße, in dem der Spieler international reüssiert, entfernt er sich von seinem Verein, der um die Liga wird kämpfen müssen. Und nur 2006 gibt es noch Geld für Podolski, den vertraglichen Status quo vorausgesetzt. Dass er also nach der Weltmeisterschaft wechseln wird, scheint so sicher wie das Amen in der Kirche. Und wohin? "Ausschließen kann man sicherlich nicht, dass er zum FC Bayern geht", sagt Kon Schramm. Die Richtung ist also vorgegeben, logisch für einen jungen Spitzenfußballer in Deutschland. Oder? Von Per Mertesacker weiß man, dass es für 2006 Gespräche mit einem deutschen Spitzenklub gibt. Mit Bayern? Nein, mit Werder.
Frank Lußem