Im Land des EM-Gastgebers Österreich titelt der "Kurier" heute abend:
"Der Sport und die Finanzkrise"
ZitatAlles anzeigenOriginal im "Kurier" vom 07.11.08
Während allein Englands Fußball mit 3,5 Milliarden Euro verschuldet ist, spürt Österreichs Sport kaum Auswirkungen.
Nackte Zahlen sagen mehr als Worte. Bei West Ham United ist die Krise offensichtlich. Von vorne bis hinten. Früher, da trugen die Kicker die Nummer noch auf der Rückseite ihrer Trikots. Seit September aber haben die Ziffern auch auf der Brust ein Leiberl. Da vertschüsste sich nämlich West Hams Trikotsponsor XL Holidays in den Urlaub.
Konkurs.
Extra Large – das ist auch die Dimension der Finanzkrise im englischen Fußball. Mit 3,5 Milliarden Euro (in Worten: dreikommafünf Milliarden) sind die 20 Vereine der Premier League bereits im Malus, Tendenz steigend. Selbst Traditionsvereine wie Manchester United oder Liverpool stehen im Abseits, weil die einst schwerreichen Investoren plötzlich andere Sorgen haben als die sündteuren Gehälter ihrer Fußball-Spielzeuge. Keiner weiß etwa, wie’s mit West Ham weitergeht. Bjorgolfur Gudmundsson, Klubboss und zweitreichster Isländer, hat binnen Wochen Zigmillionen verloren. "Euer Schicksal liegt nicht mehr in eurer Hand", richtete David Triesman, der Chef des nationalen Verbandes FA, den Klubs aus. "Das Problem liegt darin, dass die Personen hinter den Schulden in ernsthaften Problemen stecken."
Der Fußball ist nur ein Bereich, in dem die Protagonisten Rot sehen – rote Zahlen nämlich. Auch in der Formel 1 ist eine finanzielle Vollbremsung abzusehen. "Das werden schwierige Jahre", prophezeit Gerhard Berger, Miteigentümer von Toro Rosso. Finanz-Dienstleister, bisher gern gesehene Sponsoren von Ferrari bis Williams, sind als Geldgeber keine Bank mehr.
Schulden da, Existenzängste dort, Krise überall. Aber welche Auswirkungen hat die weltweite finanzielle Talfahrt hierzulande? Droht auch dem rot-weiß-roten Sport ein Exodus? Oder ist Österreich Insel der Seligen?
"Insel der Seligen wäre zu viel", meint Bundesliga-Vorstand Georg Pangl, "aber wir haben fundiertere Einnahmen regionaler Unternehmen. Bei uns wird keine Seifenblase platzen."
Eine Meinung, die auch der ehemalige Finanzminister teilt. "Unser Fußball ist anders aufgestellt: Wir haben keine Finanzdienstleister als Großsponsoren", erklärt Rapid-Boss Rudolf Edlinger.
Die Frage laute allerdings: "Wird sich die krisenhafte Situation massiv auf die Realwirtschaft niederschlagen?" Doch Werbung werde sehr spät zurückgeschraubt – "wenn überhaupt", betont Edlinger. Allerdings stockt die Planung des neuen Stadions. "Wir wollten nächstes Jahr aktiv werden. Doch eine Beteiligung ist privaten Investoren momentan zu riskant."
Auch beim Skiverband macht man sich Gedanken, aber keine Sorgen. "Weil wir gut aufgestellt sind und langjährige Partner haben", erklärt ÖSV-Generalsekretär Klaus Leistner. Die Skispringer jubeln sogar über den höchsten Etat der Geschichte. Dank eines neuen Geldgebers. Einer Bank.
Artikel vom 07.11.2008 17:19 | KURIER | Christoph Geiler und Rainer Fleckl
Daran verankert dieses KURIER-Interview mit Harti Weirather
ZitatAlles anzeigenOriginal im "Kurier" vom 07.11.08
"Das bröselt jetzt alles auseinander"
Kitzbühel wird die Krise aber nicht spüren, meint Sportvermarkter Weirather.
Harti Weirather, 1982 Abfahrtsweltmeister in Schladming, gilt als einer der Pioniere des Sportmarketings. Mit seiner Agentur WWP vermarktet der 50-jährige Tiroler die Ski-Rennen von Kitzbühel und verhalf dem spanischen Rekordmeister Real Madrid zum Trikotsponsor.
KURIER: Spüren Sie als Sportvermarkter bereits Auswirkungen der Finanzkrise?
Harti Weirather: Wir merken ganz deutlich, dass die Firmen extrem vorsichtig geworden sind. Sponsoring ist gewöhnlich ein Bereich, der als Erstes von Budget-Kürzungen betroffen ist. Dabei heißt es ja eigentlich, dass man antizyklisch agieren und grad in einer Krise eher Geld in die Hand nehmen sollte.
KURIER: Das ist leichter gesagt als getan.
Harti Weirather: Stimmt, ein Manager benötigt derzeit ein ziemlich breites Kreuz, wenn er Gelder für Sponsoring in die Hand nimmt, aber zugleich Mitarbeiter rauswirft.
KURIER: Was bedeutet die Krise für die Rennen in Kitzbühel? Weniger Sponsoren, weniger VIPs, geringeres Interesse vielleicht?
Harti Weirather: Kitzbühel hat ein Riesen-Plus: Die Veranstaltung hat Tradition und Sponsoren, die sehr stabil sind. Aber auch wir können nicht abschätzen, was noch alles passiert, die Folgen werden uns zeitversetzt treffen.
KURIER: Konkret?
Harti Weirather: Eins wird definitiv passieren, passieren müssen: Die Ausgaben werden im Spitzensport sinken, das geht dann auch auf die Einkommen der Sportler. Vor allem den Fußball und die Formel 1 wird’s treffen, das bröselt jetzt alles auseinander. Die exzessiven Summen, die in der Premier League im Spiel sind, wird’s nicht mehr geben, und auch die Formel 1 wird irgendwann sparen müssen. Und ganz ehrlich: Ob die Autos zwei oder drei Sekunden langsamer fahren, interessiert doch keinen Menschen, weil man’s eh nicht bemerkt.
KURIER: Wird’s denn möglicherweise auch Profiteure dieser Entwicklungen geben?
Harti Weirather: Profiteure im klassischen Sinn nicht. Aber Events mit Tradition und Qualität wie etwa Kitzbühel werden die Folgen weniger spüren. Da sind Partner am Werk, die schon lange Jahre erfolgreich zusammenarbeiten. Qualität setzt sich am Ende immer durch.
Artikel vom 07.11.2008 17:18 | KURIER | Interview: Christoph Geiler
Der Schlußsatz gefällt mir besonders gut:
"Qualität setzt sich immer durch."
Ohne überheblich sein zu wollen, darf man das trotz Finanzkrise hoffentlich auch für die Arbeit hier bei Bayer 04 sagen.
Let's hope the very best.