Leverkusen: Interview mit Rudi Völler - 01.12.2005 11:19
"Draufhauen ist in Ordnung - aber nur, wenn es nötig ist!"
Die Saison von Bayer Leverkusen ist geprägt von fehlender Konstanz, die Rheinländer lassen nach Meinung ihres Sportchefs Rudi Völler zu viele Punkte liegen. Gegen die Hertha soll nun die Aufholjagd gestartet werden.
kicker: Herr Völler, nachdem Sie das 0:1 gegen den HSV entdramatisieren wollten, wurden Sie als Schönfärber bezeichnet. Wie sehen Sie die Situation tatsächlich?
Rudi Völler (Sportchef): Soll ich einfach etwas sagen, nur damit es allen gefällt? Diese Mannschaft ist nach den Spielen gegen Dortmund und in Mönchengladbach in den Himmel gehoben worden. Dann kann nach einer Niederlage nicht alles schlecht sein.
kicker: Aber das Spiel war keine Offenbarung.
Völler: Richtig. Aber wir waren nicht schlechter als der HSV. Es war ein typisches 0:0-Spiel gegen eine sehr kompakt stehende Mannschaft, die in dieser Saison ganze sechs Tore kassiert hat. Und die außerdem einen brutalen Lauf hat. Ich wollte rüber bringen, dass wir nicht das schlechtere Team waren.
kicker: Kein leichtes Unterfangen angesichts einer Saison, die geprägt ist von fehlender Konstanz.
Völler: Zufrieden ist hier keiner mit der Ausbeute. Was ich jetzt sage, geht eindeutig nicht gegen den HSV, der eine tolle Saison spielt. Aber 14 Punkte Vorsprung auf uns sind ein Unding. Das sie nicht so weit weg sind, haben wir auch in beiden Spielen in Pokal und Liga bewiesen.
kicker: Aber Bayer holt zu wenig Punkte. . .
Völler: Na klar ist dies unser Problem. Die spielerische Tendenz ging ja eindeutig nach oben. Aber die vier Punkte aus den Spielen in Kaiserslautern (2:2, d. Red.) und Mönchengladbach (1:1, d. Red.) fehlen uns. Trotzdem bleibt unser Ziel der UEFA-Cup-Platz. Deshalb müssen wir gegen Hertha gewinnen. Das ist unser Sechs-Punkte-Spiel.
kicker: Sind die Worte intern härter als die für die Öffentlichkeit?
Völler: Verbal draufhauen ist in Ordnung - aber nur, wenn es nötig ist! Und nicht, um jemandem zu gefallen. Das mache ich nicht mit.
kicker: Dimitar Berbatov und Andrey Voronin kriseln. Ein Grund für die fehlenden Ergebnisse?
Völler: Natürlich, ihre Tore fehlen uns. Auch deshalb haben wir zu wenig Punkte. So einfach ist das.
kicker: Und deshalb soll der Tscheche Michal Papadopolus kommen.
Völler: Wir sehen uns um. Unabhängig von ihm. Was ihn angeht, haben wir unsere Vorstellungen, von denen wir nicht abgehen. Spielchen machen wir nicht mit.
kicker: Zurück zur Mannschaft. Die organisierte am Sonntag einen "Team-Building"-Abend, zu dem große Teile des Teams gar nicht kamen. Ein Zeichen für Zwietracht?
Völler: Wenn ich eins gelernt habe, dann, dass es nichts nutzt, wenn alle zur Fete kommen und du keine Punkte holst. Wichtig ist, dass wir gegen die Hertha gewinnen und das Spiel besser organsiert ist als die Party.
kicker: Startet Bayer am Sonntag die Aufholjagd?
Völler: Wir müssen sie starten. Unser Anspruch bleibt der internationale Wettbewerb.
Interview: Frank Lußem