Carsten Ramelow glaubt nicht an den Abstiegskampf, wie er uns im Interview verrät. Dennoch spart der 31-Jährige nicht mit Kritik.
kicker: Nach der 0:3-Niederlage gegen den Wuppertaler SV hagelte es Kritik an der Einstellung der Bayer-Profis. Ziehen Sie sich diesen Schuh an, Herr Ramelow?
Carsten Ramelow (31): Ja, absolut. Ein Testspiel kann in die Hose gehen. Aber das Problem bei uns ist die Art und Weise wie es in die Hose geht. Wir hatten ähnliche Spiele in der Vorrunde und eigentlich war klar, dass so etwas nicht mehr vorkommt.
kicker: Fehlt, wie Rudi Völler anführt, der Drecksack in der Mannschaft, der Fiesling, der Zeichen setzt und andere wach rüttelt?
Ramelow: Das ist eine alte Diskussion. Ich sehe es etwas anders. Wir hatten diesen Typ Profi nie bei Bayer und haben trotzdem lange Zeit tollen Fußball gezeigt. Was hilft es, wenn ich rumbrülle und der andere nimmt es nicht an? Verantwortung zu übernehmen, das ist Einstellungssache. So was ist nicht übertragbar. Auf jeden Fall haben wir in der Vorrunde weder Einstellung noch Verantwortung gezeigt. Wir haben eine gewisse Qualität im Kader. Und die haben wir nicht abgerufen. Deshalb ist jede Kritik berechtigt. Ich hoffe, dass wir es jetzt hinkriegen.
kicker: Was nährt diese Hoffnung?
Ramelow: Wir arbeiten viel, und wir arbeiten gut. An vielen Dingen, wo es gefehlt hat. Aber wir sind nun gezwungen, es auch umzusetzen. Das Programm zum Start mit Frankfurt, Bayern, Wolfsburg und Schalke ist schwer genug, um es wirklich ernst zu nehmen.
kicker: Seit diesem Monat sind Sie exakt zehn Jahre in Leverkusen. Zweimal entging Bayer in dieser Dekade knapp dem Abstieg. Werden Sie dieses Szenario nun zum dritten Mal erleben?
Ramelow: Ich bin Optimist genug, um zu sagen, wir bekommen das hin. Aber ich bin auch Realist genug, um zu wissen: Vermasseln wir den Start, dann wird es ernst und kritisch für uns.
kicker: Möglich, dass der Trainer mit einer Raute im Mittelfeld plant und lediglich einem defensiven Mittelfeldspieler. Droht Ihnen im Zweikampf mit Simon Rolfes die Bank?
Ramelow: Keine Ahnung. Ich gehe mal nicht davon aus. Die Frage stellt sich mir nicht. Aber wenn es so käme, wäre das schon eine Überraschung.
kicker: Täuscht der Eindruck oder drücken die Vertragsdiskussionen um Spieler wie Jörg Butt, Clemens Fritz, Jacek Krzynowek, Dimitar Berbatov oder Andrey Voronin auf die Stimmung im Kader?
Ramelow: Das ist schon ein Thema in der Mannschaft, klar. Jeder will Klarheit. Und ich hoffe für jeden, dass er seine Zukunft so schnell wie möglich geregelt kriegt. Denn es wird darüber geredet und das tut nicht gut. Weil nicht jeder so etwas positiv verarbeitet. Und diesen Druck brauchen wir nicht wirklich.
Interview: Frank Lußem