Bei Bayer schrillen die Alarmglocken

  • Michael Skibbe gewann mit Leverkusen erst ein Bundesligaspiel

    München/Leverkusen - Als Rudi Völler im Januar 2005 als Sportdirektor zu Bayer Leverkusen zurückkehrte, hatte er große Ziele.


    Einen Titel sollte der Werksklub unter seine Ägide endlich wieder holen, verkündete Völler damals.


    Doch fast genau ein Jahr später ist die Bilanz verheerend.


    Saisonziel "Platz eins bis drei"


    In der vergangenen Spielzeit landete Bayer trotz phasenweise überragender Leistungen in der Champions-League-Vorrunde oder beim 4:1 gegen Bayern München gerade noch auf Platz sechs.


    Allen Beteiligten war klar, dass das Potenzial angesichts von Nationalspielern wie Dimitar Berbatov, Andrej Voronin, Bernd Schneider, Juan oder Roque Junior wesentlich höher sein müsste, so dass Trainer Klaus Augenthaler als Saisonziel "Platz eins bis drei" ausgab.


    Stattdessen legte das Team einen Fehlstart hin und nach der peinlichen Hinspielniederlage gegen Sofia wurde Augenthaler schon im September gefeuert. Nachfolger wurde Völlers früherer Nationalmannschafts-Assistent Michael Skibbe, doch statt besser wurde alles noch schlimmer.


    Nur ein Sieg unter Skibbe


    Nur ein Sieg gelang unter dem neuen Coach, die letzten fünf Spiele vor der Winterpause endeten erfolglos und Leverkusen muss als Tabellen-Zwölfter den Blick eher nach unten denn nach oben richten.


    Spätestens seit dieser Woche dürften endgültig die Alaramglocken bei den Verantwortlichen schrillen. Zunächst blamierten sich die Bayer-Profis beim 0:3 gegen Regionalligist Wuppertaler SV.


    Zweite Pleite gegen Drittligisten


    Doch auch eine Standpauke von Völler brachte keine Besserung: Am Mittwochabend folgte vor nur 150 enttäuschten Zuschauern beim 0:2 gegen Kickers Emden die nächste Pleite gegen einen Drittligisten.


    Dabei spielten die Rheinländer wie ein Absteiger, die unterklassigen Gäste waren in fast allen Belangen überlegen. "Das Ergebnis ist sehr unbefriedigend", gab Skibbe zu, relativierte dann aber:


    "Unsere Vorbereitung ist auf das erste Rückrundenspiel ausgerichtet. Dann sind wir topfit."



    Horror-Saison wie 1996 und 2003 droht


    Andernfalls droht eine ähnliche Horror-Saison wie 1995/96 und 2002/03, als sich Bayer jeweils erst am letzten Spieltag vor dem Abstieg rettete. Bei Niederlagen zum Auftakt am nächsten Samstag gegen Eintracht Frankfurt und danach beim FC Bayern würde der Klub tief in den Tabellenkeller rutschen.


    Noch aber will man davon in der Führungsetage nicht wissen. "Unser Ziel für die Rückrunde ist der UI-Cup", sagt Völler, der aber zugibt, "dass wir auch nach unten schauen müssen".


    Zahlreiche Ausfälle


    Zumal derzeit zahlreiche Spieler nicht fit sind. Gegen Emden fehlten die angeschlagenen Voronin, Berbatov, Juan, Jacek Krzynowek, Clemens Fritz und Roque Junior. "Bis auf Roque Junior sind die Beschwerden aber bei keinem Spieler so groß, dass er gegen Frankfurt nicht spielen könnte", sagt Skibbe.


    Ohne die Stammspieler ist das Team auch kaum konkurrenzfähig, was der zweite Sturm mit Josip Tadic und Neuzugang Michael Papadopulos zuletzt deutlich vor Augen führte.


    Nowotny noch nicht fit


    Auch in der Defensive hapert es gewaltig. Rückkehrer Jens Nowotny ist nach seiner langen Verletzungspause noch weit von früherer Form entfernt. "Man sieht, dass ihm die Spielpraxis fehlt. Das kriegen wir bis Frankfurt auch nicht mehr hin", sagte Skibbe.


    Hinzu kommt die merkwürdige Formschwäche, die fast alle früheren Leistungsträger befallen hat: Von Torwart Jörg Butt über Marko Babic, Carsten Ramelow, Bernd Schneider bis Paul Freier. Und diese Liste ließe sich weiter fortsetzen.


    Druck auf den Trainer wächst


    So wächst langsam aber sicher der Druck auf Skibbe, der bisher gerade mal acht Zähler aus neun Bundesligaspielen vorweisen kann. "Wir haben zu wenig Punkte", gibt Völler zu. "Aber Michael Skibbe macht gute Arbeit. Die Garantie, dass es unter einem neuen Trainer besser läuft, gibt es nicht."


    Und das liegt offenbar nach wie vor am speziellen Leverkusener Problem, dass sich kaum Spieler mit dem Werksklub identifizieren. "Wir haben ein Virus in der Mannschaft, ein Phlegma. Seit Jahren arbeiten wir dagegen an", ärgert sich Völler. "Aber wir bekommen einfach nicht das heraus, was möglich ist."


    Besserung ist nicht in Sicht, eher im Gegenteil: Am Samstag test Bayer gegen Fortuna Düsseldorf - ebenfalls ein Drittligist.


    Martin Volkmar



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