Bittere Tränen
Von Frank Graf, 01.06.09, 21:11h
Ein 19:19 gegen Leipzig reicht Bayers Handballerinnen nur zur Vize-Meisterschaft. In der entscheidenden Partie ist der Leverkusener Angriff zu harmlos.
Leverkusen Das Pfingstfest 2009 sollte als sportliches Highlight in die Annalen der Stadt Leverkusen und des TSV Bayer 04 eingehen. So war es geplant. Es kam aber doch ganz anders. Nachdem sich die Fußballer bei der Niederlage im DFB-Pokalendspiel alles andere als mit Ruhm bekleckerten, scheiterten die Handballfrauen von Bayer 04 im Finale um die Deutsche Meisterschaft. Nach dem 19:19 (10:9) im Finalrückspiel vor rund 3000 Zuschauern in der Smidt-Arena heißt der alte und neue Deutsche Meister HC Leipzig. Die Leverkusenerinnen schafften es also nicht, den Drei-Tore-Rückstand aus dem Hinspiel wettzumachen.
Dabei trafen sie auf einen durchaus schlagbaren Gegner, der bisweilen noch nervöser und fahriger agierte als die Gastgeberinnen. Als Bayer schon nach wenigen Minuten durch einen Treffer von Anne Müller mit 4:0 in Führung ging, schien man sich von der Bürde des Rückstands befreit zu haben. Die Halle kochte, die meisten sahen sich schon als Teil einer großen Jubelarie.
Doch da spielte das Team aus Sachsen nicht mit. Insbesondere eine Spielerin wurde aufseiten der Gäste zur herausragenden Protagonistin: Torhüterin Katja Schülke entnervte Leverkusen mit vielen großartigen Paraden und war letztlich der Matchwinner, auch wenn die Partie pari endete. Nun soll man nicht glauben, dass Bayers Torfrau Clara Woltering ihrer Nationalmannschaftskollegin in irgendetwas nachstand. Nur: Ihre Leistung und die unglaubliche Darbietung der überragenden Anna Loerper reichten einfach nicht für den Titel.
Trotz des bombastischen Einstiegs waren nicht alle Bayer-Elfen wie beflügelt. In der Defensive wurde zwar toll gearbeitet, was ja schon die Tatsache zeigt, dass eine Mannschaft wie der HC Leipzig auf 19 Treffer gehalten wurde. Vorne aber ging nur sehr wenig. Anna Loerper rackerte, machte und tat. Auch Anne Müller arbeitete sehr engagiert am Kreis. Doch im Abschluss waren sie insgesamt - allen voran Laura Steinbach - viel zu harmlos. Steinbach zeigte lediglich von der Sieben-Meter-Linie starke Nerven. Daraus resultierten auch sechs ihrer acht Treffer. Ansonsten war ihr Spiel geprägt von falschen Entscheidungen.
Noch einmal zogen die Elfen auf vier Tore davon (8:4, 19. Minute), doch binnen vier Minuten verkürzte der HCL auf 8:7. Das hinterließ Spuren bei mancher Bayer-Akteurin. Fortan gelang es ihnen nicht mehr, davonzuziehen und den Gegner damit möglicherweise entscheidend unter Druck zu setzen.
Nach 37 Minuten gelang Leipzig erstmals den Ausgleich (12:12), und fortan hatte man kaum noch den Eindruck, dass Leverkusen noch etwas Entscheidendes einfallen würde. Gekämpft haben sie dabei alle, manche regelrecht bis zum Umfallen.
Die Sektdusche aber durften die anderen, die Damen in den gelben Trikots und hellblauen Hosen, der HCL über sich ergehen lassen. Nach dem 18:16 für Bayer (54.) kam die prompte Antwort in Form zweier Treffer zum 18:18. Der Rest ging in Jubelszenen unter. Nur leider nicht auf der Seite, die die meisten der 3000 Zuschauer gerne jubeln gesehen hätten. Stattdessen liefen bei den Wolterings, Loerpers und Müllers Tränen der Enttäuschung über die Gesichter, die man so gerne hätte strahlen sehen. Auch Trainerin Renate Wolf konnte da nicht mehr tröstend eingreifen. „Das ist so bitter“, stammelte sie immer wieder leise vor sich hin, während auf der anderen Seite der Sekt in Strömen floss.
Bayer 04: Woltering - Steinbach (8 / 6), Loerper (4), Ahlgrimm (2), Müller (2), Bönighausen (2), Weigelt (1), Fillgert, Meier, Byl.
http://www.ksta.de/jks/artikel.jsp?id=1242833479568
Stimmen
"Nach der Schlusssirene geflüchtet"
Erstellt 01.06.09, 21:48h
Renate Wolf, Trainerin Bayer 04: „Zunächst einmal möchte ich dem HC Leipzig gratulieren, sie sind verdient Deutscher Meister geworden. Sie waren einfach cleverer als wir. Natürlich bin ich sehr enttäuscht, dass es wieder nicht geklappt hat. Letztendlich waren wir durch den Ausfall von Denisa Glankovicova zu ausrechenbar. Was soll's? Jetzt müssen wir halt im nächsten Jahr wieder angreifen.“
Heine Jensen, Trainer HC Leipzig:„Es war ein absolut hartes Stück Arbeit, aber im Endeffekt haben wir verdient gewonnen. Ich bin absolut stolz auf die Mannschaft, und ich freue mich, dass unsere vielen mitgereisten Fans jetzt so richtig feiern dürfen.“
Anna Loerper, Spielerin:„Zum dritten Mal Vize-Meister zu werden, ist absolut bitter. Und in eigener Halle tut es doppelt weh. Der Frust sitzt richtig tief, das muss ich erst mal verarbeiten. Wir haben uns phasenweise selbst geschlagen.“
Yvonne Fillgert, Spielerin: „Ich bin nach der Schlusssirene erst mal in die Kabine geflüchtet. Den Jubel der anderen wollte ich mir nicht anschauen. Das habe ich mir alles anders vorgestellt. Klar, ich wollte als Deutscher Meister meine Karriere nach elf Jahren bei Bayer 04 beenden. Geblieben sind drei Vize-Meisterschaften. Deshalb bin ich sehr enttäuscht und frustriert.“