VON KERSTIN THESING, 26.01.06, 21:58h
LEVERKUSEN. Im Grunde ist es mit der Vorbereitung auf die Bundesliga-Rückrunde wie mit einer Wundertüte. Das beste Beispiel liegt drei Jahre zurück. Von einer „Weltklasse-Vorbereitung“ wurde damals bei Bayer 04 Leverkusen geschwärmt - es folgte der Fast-Abstieg. In diesem Jahr ist die Gefahr übertriebener Euphorie gering. Auch wenn Chef-Coach Michael Skibbe nicht müde wird zu betonen, wie zufrieden er mit dem Training in den letzten Woche war, ist die Vorbereitung doch eher durchwachsen gelaufen.
Unter dem Strich stehen mäßige Testspiel-Auftritte, ein anderthalb Tage anwesender Roque Junior, muskuläre Probleme bei zahlreichen Spielern, darunter die Leistungsträger Juan, Andrey Voronin und Dimitar Berbatov (Letzterer hat überhaupt nur eine Woche mit der Mannschaft trainiert) und zu guter letzt öffentliche Diskussionen um den abwanderungswilligen Clemens Fritz (hat ein Angebot von Werder Bremen), den nicht ganz so abwanderungswilligen Jacek Krzynowek (Interesse haben der HSV und mehrere englische Vereine) und den noch zu allem bereiten Torwart Jörg Butt (bei Hertha BSC auf der Liste).
„Grundsätzlich stehen bei uns alle Spieler zur Disposition. Das ist eine Sache des Preises und der sportlichen Möglichkeiten“, lautet die Devise von Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser. Ob das von den Profis eher als verunsichernder Ausverkauf oder als motivierendes Druckmittel verstanden wird, ist zu besichtigen, wenn morgen die Wundertüte geöffnet wird. Der Pokalhalbfinalist Eintracht Frankfurt ist in der BayArena zu Gast. Und Michael Skibbe hatte natürlich Recht, als er in den letzten Wochen gefühlte 200 Mal darauf verwies, dass ausschließlich das Frankfurt-Spiel zählt und nicht etwa ein 0:2 gegen Kickers Emden.
Als „Schlüsselspiel“ wollte der Trainer die Auftaktpartie allerdings nicht verstanden wissen - wobei das Duell mit dem Aufsteiger genau dies sein wird. 19 Punkte aus der Hinrunde sind verdammt wenig und „das Glück, dass die Teams, die unten drin stehen, noch schlechter gespielt haben als wir“ (Sportdirektor Rudi Völler), wird den Leverkusenern nicht ewig hold sein.
„Wir haben die Chance zu zeigen, dass Bayer ein ganz anderes Gesicht hat als in der Hinrunde“, sagt Skibbe. Für ihn wird das Spiel richtungweisend sein in punkto „Einstellung, taktisches Geschick und Teamgeist“. Da erstes und zweites am ehesten zu verbessern sind, wenn drittes stimmt, hat der Trainer den Mannschaftsrat umgestaltet. Zu den Urgesteinen Carsten Ramelow, Jörg Butt, Bernd Schneider und Jens Nowotny gesellen sich ab sofort Juan, Dimitar Berbatov und Tranquillo Barnetta. „Wir haben die verschiedenen Gruppen integriert“, erklärt Skibbe. Bis morgen steigt die Spannung, inwieweit sich Alt-Eingesessene, Südamerikaner, Osteuropäer und Jung-Profis schon zusammengerauft haben . . .