Elf Schwiegersöhne

  • Bayer Leverkusen ist traditionellerweise mal wieder auf der Suche nach der rechten Form


    VON BERND MÜLLENDER (LEVERKUSEN)


    Das Testspiel Mitte Januar war 0:3 verloren gegangen. In Wuppertal. Der dortige WSV spielt in Liga drei. Immerhin hatte Bayer Leverkusen die zweite Hälfte torlos gehalten. Nur vier Tage später der nächste Hoffnungsschimmer: Das 0:2 gegen Kickers Emden, ebenfalls dritte Liga, war schon knapper. Michael Skibbe, der bislang so erfolglose Trainer (ein Sieg in neun Spielen) hatte sogar "viele gute Aktionen" gesehen. Umgehend folgte der spektakuläre Turnaround: Ein 1:0-Triumph, und das auch noch auswärts, bei Fortuna Düsseldorf. Die spielen dritte Liga, sogar in der oberen Hälfte. Jörg Butt musste einen Elfmeter halten, um den Sieg zu sichern.


    Spott fällt nicht schwer in diesen Tagen unterm Bayer-Kreuz.


    Dabei sollte Skibbes Erklärung ("Wir sind mitten in der Vorbereitung") ernsthaft als Begründung herhalten. Zudem habe man für Wuppertaler Verhältnisse kein passendes Schuhwerk besessen. Denn im Bergischen war es tief gefroren, und darauf ist der verwöhnte Erstligakicker nicht vorbereitet. "Das Spiel war lebensgefährlich", befand Skibbe, "das war Slapstick angesichts des Bodens." Der ehemals chronische Zweite bastelt weiter an seiner Krise. "Schlechter als in der Hinrunde geht ja nicht", orakelt Sportchef Rudi Völler. Michael Skibbe sagt, es müsse "so ziemlich alles besser werden als in der Hinrunde".


    Carsten Ramelow hat solche Lippenbekenntnisse satt: "Wenn wir nicht aufpassen", prophezeit der Routinier, "droht der Abstiegskampf." Sieben Punkte Vorsprung sind schnell aufgezehrt. Außer mit lebensgefährlichen Testspielen gegen Drittligisten hat Bayer die Pause zu Neuverpflichtungen genutzt: Es kamen der schwedische Verteidiger Fredrik Stenman (22) und der tschechische U 21-Angreifer Michal Papadopoulos (20). Beide lernen erstmal Deutsch mit dem eigens kreierten Bayer-Schulbuch "Deutsch für Ballkünstler". Reaktiviert ist Jens Nowotny. Der lange verletzte Ex-Internationale ist nach dem Rechtsstreit in Gnaden wieder aufgenommen. Die Hoffnung auf seine Künste hält sich in Grenzen. Nowotny atmet noch schwer nach seiner Reha.


    Sehnsucht nach einem Fiesling


    Die Fans arbeiten weiter im "Arbeitskreis Stimmung" und an hoffnungsvollen Transparenten wie: "Kniet nieder, Europa wir kommen wieder". Gleichwohl hat sich Pessimismus eingeschlichen: Satte 60 Prozent, so die Abstimmung auf der Bayer-Website, erwarten eine Niederlage gegen die Eintracht. Die Klubführung kümmert sich derweil um Kontakt zum enttäuschten Anhang - verbal wenig glücklich: Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser erklärte, er habe "die Weihnachtsfeiern der Fans abgearbeitet".


    Bayers Lethargie ist ein altes Problem. "Wir haben ein Virus in der Mannschaft, ein Phlegma", schimpfte jetzt Rudi Völler, das Personal sei zu brav, zu nett. Völler sehnt sich nach "einem Linkmichel", ersatzweise "einem Fiesling". Damit meint er einen, der mal saftig dazwischenhaut oder notfalls nur link fällt, wie er zum entscheidenden Elfmeter im WM-Finale 1990. Gefallen hat allen Rudi Völlers griffige Logik: "Ich habe zwei erwachsene Töchter und würde jeden unserer Profis zum Schwiegersohn nehmen."


    Mittelfeldspieler Simon Rolfes, 24, ist eines der möglichen Völler-Familienmitglieder. "Ach", sagt er und lacht, "als Schwiegersohn fühl' ich mich nicht. Und außerdem hätte ich ja auch noch ein Wort mitzureden." Zudem: "Ich kenne die Töchter gar nicht." Im Team sei "wenig geflachst worden" über Rudis Ruckrede: "Wir haben aber die generelle Aussage dahinter verstanden." Bayer, sagt Rolfes, sei tatsächlich "eher eine ruhige Mannschaft", da habe der ungewollte Schwiegervater schon recht, "aber Ruhe ist auch eine Stärke". Und bitte: "Man muss ja nicht direkt Arschlöcher im Team haben." Rolfes verteidigt die Elf: "Wir sind doch wirklich noch im Umbruch. Eine Hierarchie muss sich noch herausbilden. Das dauert." Und manchmal krache es auch im Training: "Wir sind nicht nur brave Jungs." Nur eines muss der Ex-Aachener zugeben, "Typen wie Erik Meijer oder Willi Landgraf, die haben wir hier bestimmt nicht."


    Michael Skibbe prophezeiht gegen die Eintracht "ein anderes Gesicht". Respekt hat er vor allem vor Chris: "Der kann so weit werfen wie schießen." Und Simon Rolfes sagt: "Wir haben gut gearbeitet und deshalb gewinnen wir gegen Frankfurt. Auch Schwiegersöhne können zulangen."


    FR

    Im Übrigen bin ich der Meinung, daß wir Meister werden !!! -Irgendwann