29.01.2006
FAN-AUFSTAND MIT HAPPY END
Von THOMAS GASSMANN
Leverkusen – Die Bayer-Welt ist wieder in Ordnung. Scheinbar.
Der schmeichelhafte 2:1-Zittersieg gegen Eintracht Frankfurt war der erhoffte „sportliche Befreiungsschlag“ (Sportchef Rudi Völler) und katapultierte den Werksklub wieder näher dran an die UEFA-Cup-Plätze. Die 90 Minuten zeigten aber auch, wie brüchig das Bayer-Gebilde ist.
Nach den ersten 45 Minuten tobte das Volk („Holzhäuser raus, alle raus“). Drinnen, in den Katakomben der Arena, kam es zu irritierenden Ereignissen.
Bayers Konzernlenker Werner Wenning tauchte mit versteinertem Gesicht erstmalig in der Mixed-Zone auf, Bayer-Mitarbeiter spielten angesichts des „Angsthasenfußballs“ (Völler) und „Katastrophenkicks“ (Michael Skibbe) bereits den Ernstfall durch. „Wenn das so weiter geht, fliegt der Laden hier in die Luft.“
Es wäre wirklich interessant gewesen zu beobachten, wenn aus dem 0:1 zum Schluss ein 1:3 geworden wäre. Hätte die Bayer AG der Geschäftsführung weiter das Vertrauen ausgesprochen? Hätte Sportchef Völler weiter an Trainer Skibbe festgehalten? Hätte der Konzern die Reißleine gezogen?
Diese Fragen bleiben unbeantwortet. Weil der umstrittene Bayer-Trainer in der Halbzeit „sehr, sehr laut“ (Bernd Schneider) wurde. Und weil er seinen taktischen Fehlgriff mit zwei defensiven Mittelfeldspielern (Rolfes, Ramelow) korrigierte und mit Paul Freier den richtigen Mann brachte.
Der war es nämlich, der dem zuvor totem Ensemble Leben einhauchte. Freier erzielte nicht nur den Ausgleich, der Ex-Bochumer sorgte mit seinen mutigen Dribblings auch für die psychologische Wende. „Ich freue mich sehr, dass wir das noch umgebogen haben“, sagte der Ex-Nationalspieler, „das war sehr wichtig, weil die Stimmung unter uns spürbar unsicher war.“
Weil Torwart Jörg Butt (EXPRESS-Note eins) mit seinem verwandelten, aber umstrittenen Strafstoß (Funkel: „Ein Witz“) für ein Happy End sorgte, ist die Bayer-Welt jetzt erst einmal wieder in Ordnung. Die Frage aber bleibt: Wie lange hält dieser Zustand an? Antwort: Nächsten Samstag gegen Bayern.