Ein bisschen ausführlicher:
Millionenangebot auf Knopfdruck
29. September 2015 - 07:06 Uhr
Der VfB Stuttgart hat für Daniel Didavi ein millionenschweres
Vertragsangebot vorbereitet. Doch der Mittelfeldspieler schaut es sich
nicht einmal richtig an. Sein Weggang scheint beschlossene Sache zu
sein.
- Pssssssst. Man muss immer noch vorsichtig sein in dieser heiklen Personalie, die beim VfB Stuttgart
in den vergangenen Wochen kaum das Schnaufen vertragen hat. Kein
falsches Wort durfte von Seiten der Clubführung fallen, keine falsche
Geste und auch keine falsche Bewegung unterlaufen. Das ist zumindest der
Eindruck, der sich beim Fußball-Bundesligisten verfestigt hat, wenn es um Daniel Didavi geht.
Dessen Vertrag läuft am Saisonende bekanntlich aus, und der
Mittelfeldspieler will weg. Am liebsten nach Leverkusen, nur will er es
nicht sagen.
Warum das Didavi-Lager in puncto Zukunft eine derartige
Heimlichtuerei betreibt, versteht beim VfB aber kaum einer. Den
Stuttgartern kam es so vor, als lauere die Spielerseite nur darauf,
ihnen fehlendes Fingerspitzengefühl vorwerfen zu können. Denn dann
könnte der Linksfuß unbescholten seinen Abgang verkünden.
Dabei sei es völlig legitim, dass ein Spieler seine Möglichkeiten auslotet, meint Robin Dutt,
der von Didavi ursprünglich Ende September wissen wollte, wohin die
Reise geht. „Wir sind aber übereingekommen, dass es aufgrund der
sportlichen Situation nicht sinnvoll ist, jetzt über Einzelverträge zu
sprechen“, sagt der Manager. Was nach dem Fehlstart in die Liga und vor
dem Spiel am Samstag bei der TSG 1899 Hoffenheim auch für den
Österreicher Martin Harnik gilt, dessen Kontrakt ebenfalls ausläuft.
Vertragsverhandlungen wird es also nicht geben. Diese Woche nicht –
und wahrscheinlich gar nicht mehr. Obwohl der VfB ja bereit ist, um
seinen Regisseur zu kämpfen. Obwohl die Stuttgarter Didavi per Mausclick
einen neuen Vertrag ausdrucken könnten. Alles ist vorbereitet, um den
Techniker langfristig an den Club zu binden. Eine Laufzeit von vier
Jahren plus das Millionenangebot, das den 25-jährigen Nürtinger zum
Topverdiener in Stuttgart katapultieren würde – trotz seiner
Verletztengeschichte und der Ungewissheit, die das lädierte Knie mit
sich bringt.
Doch Didavi, der wegen seines Knorpelschadens regelmäßig aus dem Mannschaftstraining herausgenommen wird, und sein Berater Karlheinz Förster
wollen sich die Offerte nicht einmal wirklich anschauen. Was den VfB
darin bestärkt, dass die Entscheidung im Grunde längst gefallen ist.
Denn ewig lockt nicht nur das Geld, sondern ebenso die Champions League.
Und mit Bayer Leverkusen soll es nach dem Werben im vergangenen Sommer
bereits eine mündliche Vereinbarung geben.
Rudi Völler hatte sich schon Ende Juni bei Dutt gemeldet – und Didavi haben wollen,
für sechs Millionen Euro. Der VfB-Manager sagte dem Bayer-Sportdirektor
höflich, aber bestimmt ab. Völler beendete das Telefonat mit den
Worten, ob er sich in ein paar Wochen noch einmal melden könne.
Zwei Tage vor dem Transferende am 31. August rief Völler tatsächlich
wieder an – und bot eine ganz andere Ablöse: 15 Millionen Euro für einen
Spieler, der nur noch ein Jahr in Stuttgart gebunden ist. Ein
verlockendes Sümmchen. Dutt lehnte dennoch ab, weil er das Team nicht
sportlich schwächen wollte, anderen Transfers auch schon einen Riegel
vorgeschoben hatte und auf die Schnelle keinen Ersatz bekommen hätte.
Dazu pflegte er die leise Hoffnung, Didavi doch noch überzeugen zu
können, beim VfB über Jahre eine Schlüsselrolle zu besetzen, auf und
außerhalb des Platzes.
Noch vor zwei Wochen sahen sie beim VfB eine Minichance, ihre Nummer
zehn zu halten. Doch jetzt ahnen sie, dass es im Didavi-Lager darum
geht, dem Spieler einen unaufgeregten Abschied mit Blumen und warmen
Worten am letzten Heimspieltag zu ermöglichen – und seinem Berater das
Image des netten Herrn Förster zu erhalten. Denn der Europameister von
1980 befindet sich ja im Zwiespalt zwischen seiner Tätigkeit als
Spieleragent und der Rolle als VfB-Legende. Er geht im Clubhaus an der
Mercedesstraße ein und aus und will sich nicht nachsagen lassen, seinem
Herzensverein die Profis wegzulotsen.
Doch ein Wechsel
bleibt eben ein Wechsel, wovon in der Regel der Berater nicht
unerheblich profitiert, selbst wenn keine Ablöse fließt. „Wir haben das
jetzt nicht mehr in der eigenen Hand“, sagt Dutt – und wird sich wohl
schon bald auf die Suche nach Nachfolgekandidaten machen. Wobei er den
großen Druck nicht verspürt, da im Sommer der Vertrag mit Alexandru
Maxim vorzeitig bis 2019 verlängert wurde – auch im Wissen um die heikle
Didavi-Akte.
http://www.stuttgarter-zeitung…95-abb2-f9e1f7a09928.html