Ich verfolge die Diskussion um Skibbe nun seit rund einem Jahr "stumm", aber wer sich noch an meine früheren Beiträge erinnert, wird mich nicht unbedingt als großen Verfechter der Skibbe'schen Fußballphilosophie kennen
Aaaaaaber, ehe jetzt die Pro-Skibbe-Fraktion wieder auf Worthülsen-Gefechte einschießt, sei gesagt, dass ich in diesem Jahr unserem derzeitigen Trainer einiges absolut zu Gute halte, was ich ihm nicht unbedingt zugetraut hätte.
Zum einen wäre da der - sofern ich das beurteilen kann - absolut stimmige Teamgeist. Wie es hier schonmal wer geschrieben hat, finde ich, dass man unserer Truppe abnimmt, dass sie füreinander rennen, sich über Siege freuen und von schlechten Spielen angefressen sind. Eben keine Bande von Solisten, wie man es beim SVB in vielen Jahren gesehen hat. Daran hat Skibbe mit Sicherheit einen großen Anteil, wofür ich ihm Respekt zolle.
Gleiches gilt wohl für die Leistungssteigerung einzelner Spieler in dieser Saison, etwa die von Kießling, Haggui oder auch Sarpei, wobei gerade letzterer für mich die Positiv-Überraschung der Saison ist, hätte ihn eher als Reservisten eingeschätzt.
Dennoch... Für mich hat das ganze einen faden Beigeschmack, denn alles, was man in diesen Wochen erlebt, läuft in meinen Augen unter dem Deckmantel von "Same procedure as every year, Michael". Das klägliche Abschenken des UEFA-Cup Viertelfinals, der plötzliche konditionelle Einbruch wegen den ach so vielen Spielen (*hust*) und vor allem - und das regt mich am meisten auf - die Ausreden, von denen ich eigentlich dachte, dass sie dieses Jahr endlich ad Acta gelegt werden... Als da wären:
Ausrede 1: Die Müdigkeit
Die Spieler haben also zuviele Spiele gemacht. Ohne selbst Sportler zu sein, glaube ich das sogar. Aber, wieso möchte man sich jedes Jahr für den UEFA-Cup oder mehr qualifizieren, wenn man das ganze am Ende als Alibi für plötzliches Einbrechen nimmt? Nein, das verstehe ich nicht. Die sportliche Leitung (das beziehe ich also nicht nur auf Skibbe, sondern alle, die an der Saisonplanung beteiligt sind) müssen doch langsam mal um die Problematik der Doppelbelastung wissen. Irgendwas läuft doch in der Planung falsch, wenn die Spieler konditionell nach drei Vierteln der Saison völlig hinüber sind, sei es im Training oder in der mangelnden Rotation. Wie machen das andere Mannschaften? Wie haben WIR es früher gemacht?
Skibbe muss sich vorwerfen lassen, dass Spieler wie Rolfes oder Barnetta momentan auf den Zahnfleisch gehen, weil er nicht früh genug für Entlastung gesorgt hat. In den Spielen, in denen wir früh hoch in Führung lagen, mussten die Leistungsträger fast immer durchpowern, statt mal durch eine frühe Auswechslung geschont zu werden. Das rächt sich jetzt. Gleichzeitig vergrault man auf diese Weise engagierte Reservisten, etwa Sascha Dum. Wie gut die Jungs aus der zweiten Reihe sind, lässt sich schwer einschätzen, da sie fast nie zum Zuge kommen - Möglichkeiten wären dagewesen.
Ich frage mich in diesem Jahr wie in den Jahren davor: Wozu international Spielen, wenn die Belastung nicht auszuhalten ist?
Ausrede 2: Die "junge" Mannschaft
Jaaa, die Lausbubentruppe von Bayer 04 *g* Ich kann diesen Sülz nicht mehr hören. Klar, rein zahlentechnisch haben wir tatsächlich ne junge Truppe. Was aber bei der Argumentation schnell untern Tisch gekehrt wird, ist die Tatsache, dass Spieler wie Castro, Barnetta oder Rolfes schon seit vielen Jahren STAMMSPIELER in der Bundesliga sind und mehr Erfahrung haben, als viele Spieler aus anderen Clubs. Klar sind die Jungs nicht ganz so gefestigt wie beispielsweise ein Bernd Schneider. Aber der einzige, auf den das Argument "junger Spieler" in seiner eigentlich Form wirklich zutrifft, wäre meiner Meinung nach Rene Adler, und der ist mit Abstand der Konstanteste in unserer Mannschaft.
Ausrede 3 (mein Favorit): DIE SPIELER SIND SCHULD!
Das wird ja immer gerne von der Pro-Skibbe-Fraktion in den Raum geworfen: Was kann Skibbe dafür, wenn Spieler X, Y und Z einfach Mist spielen. Und: Sie haben ja recht Im Endeffekt steht Skibbe nicht auf dem Platz. Das große ABER: Er ist als Trainer dafür verantwortlich, wie sich die Mannschaft und deren Spieler präsentieren. Wenn beispielsweise ein Manuel Friedrich (von dem ich nach wie vor viel halte) seit Wochen unter aller Sau spielt, wieso sitzt er nicht mal auf der Bank? Das Leistungsprinzip scheint bei Skibbe nach wie vor noch nicht flächendeckend zu greifen. Ein Knipser wie Gekas sitzt nach einer schwachen Halbzeit auf der Bank, nachdem er zuvor 5 Buden in 6 Spielen gemacht hat. Andere Spieler dürfen trotz wochenlanger Formkrise oder auch Konditionsschwächen Woche für Woche antreten, etwa Barbarez oder zuletzt leider auch Castro. Klar sind die Spieler schuld, wenn es nicht läuft. Aber genauso der Trainer, der das "Nicht-Laufen" zulässt
All das werfe ich Skibbe vor. All das hat sich seit seinem Amtsantritt nur minimal geändert. Ebensowenig wie die Schönrednerei von schwachen Ergebnissen oder das berühmte Starkreden der Gegner (wobei ich die verbalen Geschichten gar nicht soooo sehr überbewerten möchte). Auch sein absolut sklavisches Festhalten an einem System ohne jegliche Flexibilität stört micht nach wie vor. Wobei ich auch hier sagen muss, dass wir speziell in der Hinrunde jede Menge starke Partien im 4-5-1 (oder 4-3-3, ganz wie ihr wollt abgeliefert haben, nur am System wirds also nicht liegen.
Das ist, im Groben, meine Sicht der Dinge. Ich fordere weder vehement Skibbes Entlassung (zumal ich momentan auch nciht wirklich viele gute Trainer auffem Markt sehe, mit Slomka wäre es z.B. meiner Meinung nach nicht anders). Aber ich finde einfach, dass vieles von dem, was jetzt beim Bayer schief läuft, hausgemacht und vor allem - speziell nach den letzen Jahren - vorhersehbar war.
Klar, wahrscheinlich qualifizieren wir uns wieder für den UEFA-Cup. Aber, damit sich das lohnt, muss sich meienr Meinung nach eine ganze Menge ändern beim Bayer, sowohl was die Einstellung und den Saisonablauf angeht, sonst sind wir in einem Jahr wieder in exakt der gleichen Situation - siehe oben.
Das ist vielleicht auch alles Jammern auf hohem Niveau, aber mit unseren Ambitionen und vor allem Investitionen darf man doch wohl ein wenig mehr Biss von Mannschaft und Verantwortlichen erwarten, als das, was momentan präsentiert wird. Dass Adler dafür kritisiert wird, dass er ausspricht, was offensichtlich ist, hatte schon was von einem Offenbarungseid...
Momentan habe ich sowohl bei den Spielern als auch beim Trainer den Eindruck, als sei man mit sich selbst zufrieden und alles in Butter, was nach serienweise Vorstllungen wie gegen Bielefeld oder Frankfurt (mit dem kurzzeitigen Lichtblick Stuttgart) für mich völlig unverständlich ist. Ich bin vielleicht Pessimist, aber das immer wieder ausgerufene "Wir spielen bald um die Meisterschaft mit" glaube ich erst, wenn der ganze Verein seine phlegmatische Haltung ablegt. Und unter der Leitung der Ausredenmeister Skibbe und Völler kann ich daran nicht so recht glauben...
Just my 2 Cents
Disclaimer: Ich habe absolut nix gegen Skibbe als Person, gehe selber seit ein paar Jahren nicht mehr ins Stadion (hat andere Gründe und bin seit Bayer-Fan seit 1991. Nur um die gängigsten Angriffe abzuwehren