Mit dem Spieler von Bayer 04 Leverkusen sprach Christian Löer vor dem Spiel gegen Polen.
KÖLNER STADT-ANZEIGER: Herr Schneider, Sie und Ihre Kollegen hatten zuletzt wieder etwas mehr Freizeit. Was haben Sie gemacht?
BERND SCHNEIDER: Am Samstag habe ich mich erst massieren lassen und dann mehr oder weniger Fußball geguckt. Vorher standen wir ja enorm unter Druck, da konnten die anderen uns anschauen, jetzt wollten wir mal sehen, wie die so spielen. Am Montag war ich mal in der Stadt zum Essen.
Haben Sie auf den Straßen Berlins echte WM-Atmosphäre erlebt?
SCHNEIDER: Klar. Zum Beispiel die Fähnchen an den Autos. Man sieht, dass die Leute mit absoluter Begeisterung dabei sind und zu Deutschland stehen - zu uns, zur Mannschaft. Es gibt ein großes Zusammengehörigkeitsgefühl.
Christoph Metzelder hat gesagt, dass die Mannschaft den Patriotismus braucht. Ein großes Wort.
SCHNEIDER: Das muss jeder mit sich selbst ausmachen, ganz gleich, ob er Spieler ist oder Fan.
Welche Bedeutung hatte für Sie das gemeinsame Singen der Hymne?
SCHNEIDER: Es war ein schönes Gefühl. Vor allem mit den Fans im Rücken war das beeindruckend, Wahnsinn. Ich hatte Gänsehaut. Wir haben das vorher so ausgemacht, dass sich alle die Arme um die Schultern legen, auch die Spieler auf der Bank und die Betreuer. Obwohl ich die Bank nicht sehen konnte, weil so viele Fotografen davor standen.
Haben Sie das zuvor geprobt?
SCHNEIDER: Nein. Wenn ich neben Per Mertesacker gestanden hätte, wäre es schwierig gewesen, so groß wie der ist. Ich weiß jetzt gar nicht, wer neben Per gestanden hat.
Schmerzt es Sie, die Kapitänsbinde wieder abgeben zu müssen?
SCHNEIDER: Nein. Ich bin froh, dass Balle wieder dabei ist, weil er ein extrem wichtiger Spieler ist für uns. Von seiner ganzen Art her, nicht nur, weil er wichtige Tore schießt. Dass ich in München Kapitän war, das war mit Sicherheit ein Höhepunkt; ein großartiges Gefühl, zum Eröffnungsspiel als Erster auf den Platz zu gehen.
Was berichtet Ihnen Ihr privates Umfeld, Freunde und Familie, von der Stimmung im Land?
SCHNEIDER: Beim Eröffnungsspiel waren ja alle im Stadion. Aber es ist viel Trubel, ganz anders als 2002 in Asien. Damals konnten wir vielleicht mal im Internet gucken, wie es so aussieht im Land. Aber jetzt ist das hier ganz anders. Jetzt muss man nur den Fernseher anschalten und ist mittendrin. Wenn die eigenen Fans dann noch in solchen Massen im Stadion sind, kann das den letzten Ansporn geben, aus dem kleinen Zeh noch was rauszuholen, obwohl eigentlich schon nichts mehr geht.
Hängt Ihre weitere Karriere in der Nationalmannschaft vom Abschneiden bei dieser WM ab?
SCHNEIDER: Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Ich glaube nicht daran, bei der WM 2010 noch dabei zu sein, aber man weiß ja nie.
Wenn ja, hätte der FC Carl Zeiss Jena wieder einen Nationalspieler. So ist doch Ihre Planung.
SCHNEIDER: Na ja. Ganz so ist es dann doch nicht geplant.
Ihr Vertrag in Leverkusen läuft noch bis 2009. Danach wollen Sie zu Carl Zeiss Jena zurückkehren.
SCHNEIDER: Grundsätzlich ja. Aber das sind noch drei Jahre. Womöglich ruft morgen Barcelona an und will mich für vier Jahre, dann kann ich erst 2010 kommen, das weiß man ja nicht.