Ein Freund bat mich, seine Gedanken zur Verbandsligazeit hier zu posten, mache ich natürlich gerne. Grüße an einen fleißigen Mitleser ohne account
Bayers Jahre in der Verbandsliga (1974/ 75):
Ich versuche mich mal zu erinnern. (Fast) sämtliche Heimspiele habe ich besucht. Damals noch mit einer „riesigen“ Bayer 04 Fahne, die mir meine Mutter zusammennähen musste. Stammplatz der Fans war die Mittellinie links von einem Zaun. Das Eintrittsgeld habe ich mir so manches Mal gespart, weil es damals noch einige Löcher in dem Geflecht gab, der den „Bayerplatz“ umgab- na ja, das Taschengeld war halt nicht allzu hoch. Ich kann mich an viele Spiele erinnern, in denen der Bayer erst in den letzten 10-15 Minuten die Siege herausgeschossen hatte, dann gab es aber auch fast immer 3-5 Tore uns. Jubel im Minutentakt. Der Bayer war i.d.R. gegenüber dem Gegner so konditions- und auch spielstark, dass der Abwehrriegel, den der Gegner bei Spielen in LEV generell aufbaute, in den letzten 15 Minuten wie ein Kartenhaus zusammenbrach, wenn Bayer erst mal ein Tor erzielt hatte.
Auswärts war ich auch nicht. Mit 15 Jahren, keinem Geld, keinem Bus, der einen zu dem AW-Spiel fuhr UND einem Papa, der leider VFL- und nicht Bayerfan war. Obwohl ich glaube heimlich hat er sich doch gefreut- schließlich war er in den 60er Jahren immer dabei und ist auch in der Saison 1967/68 (Regio West Meisterschaft) immer mit mir zum Fußballspiel ins Stadion gepilgert. Danach war ich dann schon 10 Jahre und damit schon „groß“ genug, um alleine zu den Spielen zu gehen- OK, meine Mutter hat mich immer am Tor zur Bismarkstrasse abgeholt. Gut wenn man sein Elternhaus in Stadionnähe hatte!
Bestätigen kann ich die Aussage des Kollegen: wenn es regnete, wurden wir vom Stadionsprecher auf die Tribüne gebeten- in der Halbzeit habe ich dann die Fahne, die für die Tribüne zu groß war, zu Hause abgeliefert und bin dann für die 2. Halbzeit auf die Tribüne gegangen. Plätze zum Sitzen gab es immer genügend. In den 2 Spieljahren waren die Zuschauerzahlen bei den regulären Spielen recht überschaubar. Ich denke, die Zahl von 500-700 Zuschauer ist realistisch und kommt hin. Größere Mengen kamen jedoch immer zu den Abschluss- oder Aufstiegsspielen nach der regulären Saison.
Im ersten Jahr, welches Bayer als Meister abschloss, konnten Sie nicht aufsteigen, weil in dem Jahr die 2. Liga ins Leben gerufen wurde. So blieb nur die Teilnahme an der deutschen Amateurmeisterschaft. Dort schied das Team nach einer 1:3 Niederlage in Hamburg (Concordia??) und einem 1:0 Heimsieg im strömenden Regen vor ca. 5-6.000 Zuschauern, aus- nach einem wahren Sturmlauf und einem Keeper aus Hamburg, der einfach überall war und auch die unmöglichsten Bälle hielt, mindestens 2 nichtgegebenen Elfmeter (kennen wir ja aktuell auch) aus. Das hat mich dann ein paar schlaflose Nächte gekostet- war ich doch in dem Jahr nur Siege mit deutlichem Vorsprung „gewohnt“…
Ein Gag war, dass die Ordner, die man ja auch sehr gut kannte, jeden per Handschlag zu jedem Heimspiel begrüßten . In der heutigen Zeit mit Sequrity da und Sequrity dort undenkbar. Zu (fast) jedem Spiel hatte ich eine große Tüte mit Konfetti dabei, die ich zur großen „Freude“ meiner Mutter in der laufenden Woche aus alten Zeitungen riss. Ich fand das damals einfach saustark- beim Einlaufen der Mannschaft und bei Toren Händeweise Konfetti loszulassen und auch noch die Fahne zu schwenken- ja, auch damals gab es bereits „Multitasker“ - meine persönlich letzte Konfettiaktion war das erste UEFA- Cupspiel in Kalmar/ Schweden, danach gab es zu Hause keine Zeitungen mehr !!
Aber noch einmal zurück in das Aufstiegsjahr. Es begann wieder mit dem einen oder anderen hohen Sieg des Teams. Soweit ich mich erinnere, war damals Brühl ein starker Gegner. Beim Heimspiel in Leverkusen, welches eigentlich gewonnen werden musste, hatte das Orgateam nur die Tribüne offen, damit die Stimmung besser rüberkommen sollte (jedenfalls soweit ich mich erinnere). Das Spiel lief dann recht zäh. Brühl mauerte, foulte, kratzte und spukte. Irgendwann reichte das dann einem Bayer Fan. Er, alle nannten ihm „Holzapfel“, hatte eine ziemlich große Brille an, stürmte plötzlich auf den Platz und wollte dem Schiri an den Kragen. Der lief aber lustigerweise nicht weg, sondern schlug plötzlich zu und Holzapfel lag, wie vom Blitz gefällt, auf dem Rücken und auf dem grünen Rasen. Ein Mannschaftsarzt (ich glaube der war von Brühl) hat seine Blutung gestillt, verbunden und Holzapfel kletterte danach wieder über das Gitter auf seinen Platz (heute UNMÖGLICH!) - zwar etwas kleinlauter aber unter den Fans als „kleiner Held“, zumindest heimlich gefeiert… am Ende gab es ein 1:1. Es musste noch ein wenig gezittert werden, ob es zur Aufstiegsrunde reichen würde.
Letztendlich wurde der Bayer auch in dieser Saison Meister (… schon wieder Meister- wie langweilig!!! – nix mit „We are the Champions“ (gab es noch nicht), sondern 3x „Hipp-Hipp-Hurra!!“) VORSICHT IRONIE!! Gegner waren die Union aus Solingen und Arminia Hannover. Beide Heimspiele wurden unter strahlend blauem Himmel und ca. 10-13.000 stimmungsvollen Zuschauern klar gewonnen. Damit war die Grundlage zum Aufstieg in die 2. Liga geschaffen. Mir ist leider entfallen, wie die AW-Spiele ausgingen (In SG haben sie das letzte Spiel verloren und in Hannover mindesten einen Punkt geholt, was letztendlich zum Aufstieg reichte. Ein dunkleres aber vielleicht doch notwendiges Kapitel war endlich beendet und der Bayer wieder im „bezahlten“ Fußball angekommen.
So liefen die beiden Jahre ab. Natürlich kann es sein, dass Kleinigkeiten sich doch leicht anders darstellten, als von mir beschrieben- ich denke aber, der Großteil meiner Erinnerungen sind schon noch ganz OK und geben die Realität der damaligen Zeit gut wieder.