Irrungen und Wirrungen
Samstag morgens vor dem Aufwachen schon bei sibirischer Kälte auf ein Taxi warten, wer macht so was?
Klare Sache, so was machen völlig verrückte Bayer-Fans, wenn der Verein zum Wintertrainingslager lädt. Auch dieses Jahr würde es wieder in die Türkei gehen nach Belek. Und auch die Fluglinie würde die gleiche sein, wie in der Vorsaison. Somit ergaben sich schon auf dem Weg zum Flughafen die wichtigen Fragen des Lebens. Welche Flecken vom Frühstück würden sich dieses Mal auf der Krawatte des Flugbegleiters anfinden? Wie sauber würde das Flugzeug selbst sein und wie die dort angeboteten Sandwiches?
Doch zunächst ereilte uns die Information, dass Paffi krank zuhause bleiben mußte, daher auf diesem Wege von allen 90 Bekloppten gute Besserung, Paffi. Aber, Deine Kollegen Franky und Dennis vertreten Dich nettestens und bestens und liefern keinen einzigen Grund zur Klage.
Im Bus zum Flughafen gab es, weil der Kutscher uns schon mal an türkische Fahrverhältnisse gewöhnen wollte, bereits den ersten kleinen Unfall. So eine Krücke auf der Nase kann eine ziemlich schmerzhafte Angelegenheit sein, aber letztlich waren die Sternchen vor den Augen bald weg und Blut floss auch nicht, also alles im Lack.
Was soll man sagen, einchecken, sicherheitshalber noch im Flughafen feste Nahrung aufnehmen, ab in den Flieger, keine Flecken auf den Klamotten der durchaus ansehnlichen Flugbegleiterinnen und ereignisloser Flug nach Antalya. Aber, aus dem Flughafen raus gab es einen positiven Temperaturschock. 30 Grad Unterschied innerhalb von 4 Stunden, das muss der Organismus auch erstmal verkraften. Und dann der nächste Schock, kaum sitzen wir im Bus, regnet es. Das darf ja wohl alles nicht wahr sein. Da fliegen wir mal eben knapp 3.000 Kilometer weit für Sonne und es gießt in Strömen. Naja, so ein warmer Frühlingsregen hat ja auch was, vor allem, wenn man sein Gepäck mühevoll aus dem Bus wuchtet, um dann festzustellen, dass das Hotel, in dem man untergebracht sein sollte, komplett geschlossen ist.
Ein Anruf unserer Reiseleitung beim Reisebüro klärte dann, dass zwischenzeitlich die Umbuchung von der Umbuchung erfolgt war. Alle Einzelzimmer waren nun auch wieder im Hotel Kaya Belek, sodass der ganze Chaotentrupp zusammen untergebracht war. Die anfängliche Freude über diese Tatsache wurde leicht getrübt durch die Tatsache, dass das angeblich überbuchte Hotel zur Hälfte den Charakter einer Großbaustelle hat. Aber, das haut uns Bayer-Fans nicht wirklich aus den Socken, sind wir doch seit ein paar Monaten an heimischer Spielstätte an Großbaustellen gewöhnt und daher hammerfest. Auf das Auspacken der Klamotten wurde erstmal verzichtet, das Restaurant geentert, die Bar aufgesucht und die ersten Campari Orange flossen in Strömen, bis wir schließlich alle müde mehr oder weniger spät in die Betten fielen.
Nä, wat schön
Sonntags geweckt zu werden von Hammerschlägen und Bohrmaschinenklängen, das hat man auch nicht alle Tage. Aber, was soll man machen, so ergibt sich mehr Zeit für das Frühstücksbuffet und die ersten Überlegungen in Richtung, gehen wir zum Training, lassen wir uns massieren, hängen wir faul an der Bar ab oder oder oder. Die ersten hatten dann beschlossen, sich per Taxi zum Hotel der Mannschaft fahren zu lassen, weil ja nicht notwendigerweise eine Reise von Fans zum Trainingslager der Profis gleichbedeutend damit ist, dass auch wir unsere Muskeln in Bewegung setzen müssen. So kamen dann irgendwann erste Rückmeldungen über grippekranke Spieler, den vielen Spaß, den die Jungs auf dem Platz und untereinander haben und dass man nicht mehr, wie im Vorjahr, vom Strand aus zum Mannschaftshotel vordringen könne.
Nach dem Essen verlief die ganze Gesellschaft sich wieder, um sich am Abend pünktlich zur Abfahrt nach Kundu einzufinden, wo die Mannschaft am Radyospor Cup teilnehmen sollte. Schließlich ging es um das Spiel gegen des Vulkans neuen Trupp und das wollte sich niemand entgehen lassen. Es hatte nur auch niemand damit gerechnet, dass das Stadion, in dem dieses Turnier ausgetragen werden sollte, jwd war. Irgendwie beängstigend, die Strecke dorthin. Das Aufgebot an heimischen Sicherheitskräften an der drei Kilometer langen Zufahrt zum Stadion entsprach der Würde des Anlasses und die Durchsuchungen am Einlass ebenfalls. Mit einem freundlichen "viel Spaß" entließen uns die Ordnungskräfte ins Innere des wohl knapp 800 Leute fassenden Stadions, in dem die Galatasaray-Fans schon lautstark was gegen ihre kalten Füße taten.
Denn eins müssen wir zugeben, nach einer Sonnenschein-Temperatur von 24 Grad, war es abends im Dunklen nicht wirklich wärmer, als bei uns zuhause. Aber, der Spaß, den wir im Block hatten, war sozusagen herzerwärmend. Vor allem Hassan, der immer wieder Ssss-Kibbe rrreein forderte, hatte seinen Spaß, was so mancher mit einem Skibbe raus konterte und wieder andere mit einem Hassan auf den Zaun quittierten. Aus der kalten Heimat erreichten uns mehrfach Informationen, nach denen Mucki des öfteren in Großaufnahme im Bild zu sehen sei, sogar stehend! Stimmt, er hat das ein oder andere Mal tatsächlich nutzlos in der Gegend herumgestanden. Nachdem wir stimmungsmäßig alles gegeben haben, bleibt festzustellen, dass wir Capos in Jogginghosen definitiv nicht brauchen.
Sogar die Teeverkäufer hatten ihren Spaß mit uns, obwohl wir uns standhaft geweigert haben, unsere Leber zu vergackeiern und lieber kurzfristig Durst schoben, bis wir nach dem verdiente Sieg unserer Elf unsere Busse zurück zum Hotel besteigen konnten. Interessant, wie schnell die Spieler des Vulkans vom Gelände abfuhren, wahrscheinlich wollten die nicht unter den Blicken unserer Jungs duschen. Zurück im Hotel wurde der Sieg kräftig begossen, über das Spiel philosophiert und schließlich das müde Haupt zur Ruhe gebettet.
Schnix ist wieder da
Früh aufgestanden, ab zum Frühstück, weil um 09:00 Uhr der Marsch am Meer entlang zum Training geplant war. Doch der ein oder andere, der mitlaufen wollte, hatte kräftig verschlafen, sodass sich am Ende ein kleiner Trupp unentwegter per Pedes aufmachte zum Strand. Nach knapp einer Stunde kamen wir - entgegen anderslautender Meldungen vom Vortage - problemlos vom Strand zum Mannschaftshotel, an dem vorbei uns Rudi Nationale entgegen lief. Nachdem er uns darüber in Kenntnis gesetzt hatte, dass er früher schnell war und heute schnell müde sei, wanderten wir die paar Meter weiter zum Trainingsplatz, wo so manche Taxibesatzung sich bereits eingefunden hatte und das Training in vollem Gange war.
Tatsächlich vermittelte die Mannschaft den Eindruck, mit Spaß und guter Laune am Start zu sein, ebenso, wie der gesamte Trainerstab. Ein paar von uns Hühnchen machten sich bei Rüdiger Vollborn gleich mal beliebt, weil sie mehr den Schuss, den er nach eigener Aussage mit links auch rein gemacht hätte, bejubelten, als die beiden Glanzparaden von Erik Domaschke. An dieser Stelle leisten wir also somit Abbitte und hoffen, dass unsere Torwarttrainer das längst wieder vergessen hat.
Der Anblick des Tages war aber dann Schnix, der endlich wieder mit der Mannschaft trainiert und hoch konzentriert an uns vorbei lief. Das genau hatten wir sehen wollen. So vertrieben wir uns ein Stündchen mit diversen Gesprächen die Zeit, um dann mit einem der vor Ort anwesenden Pressevertreter kurz zu sprechen, der auf diesem Wege wohl zum ersten Mal hörte, dass er beim Geißbockecho arbeite. Angeblich kannte er den Ausdruck noch nicht und konnte auch nicht wirklich verstehen, wie wir darauf kommen, seinen Arbeitgeber so zu nennen. Das erklärt wohl so einiges.
Angeblich soll es im Laufe des Tages zu Verbrüderungs- und Kuschelszenen mit Anhängern eines unbekannten Vereins aus der Domstadt gekommen sein. Wie dieses Gerücht zustande gekommen ist, können wir nicht wirklich nachvollziehen, obwohl wir da schon einen Verdacht haben. Aber wir müssen das auf jeden Fall vehement von uns weisen. Wer Bilder der betreffenden sieht, versteht auch, weshalb.
Für Abends war von einigen Leverkusenern die Disco reserviert worden und ab 22 Uhr ging es dort los. Zunächst einmal wurde kräftig für Bayer und gegen diesen Karnevalsverein von nebenan gesungen, bevor die Tanzfläche gestürmt wurde. Dummerweise hatten aber einige Anhänger des Karnevalsvereins Wind davon bekommen oder waren eventuell unter Umständen vielleicht sogar eingeladen worden, auf jeden Fall tauchten sie auch in der Disco auf. Nun ja, wie es im Rheinland so ist, beschlossen wir zunächst einmal Lävve un lävve losse und tanzten munter weiter. Doch irgendwann mußten die Domstadt noch einmal negativ besungen werden und unverständlicherweise bedeutete das, dass auf einmal nur noch schwarz-rote Fans im Raum waren. So feierte es sich dann ganz unter uns locker weiter bis in die spätesten Nachtstunden.