Der Bericht ist zwar schon etwas älter, aber macht doch wie ich finde einen sehr guten Eindruck!
Warum sollte man den dann nicht holen?
Als Fussballer und Lehrling bei YB
Pirmin Schwegler ist der grosse Aufsteiger bei den Young Boys. Der 18-Jährige hat sich sofort einen Stammplatz erkämpft. Das Supertalent steht vor einer grossen Karriere, bleibt aber trotzdem angenehm bescheiden.
Es sind nicht einfache Tage für die Young Boys. Der «kleine» Kantonsrivale aus Thun feiert in der YB-Heimstätte Wankdorf rauschende Feste. «Wir freuen uns natürlich», sagt YB-Coach Hans-Peter Zaugg, «das ist sehr gut für den Schweizer Fussball.» Eigentlich aber war es einst das Ziel der Stadtberner gewesen, in dieser Saison an die Pforte der Champions League zu klopfen …
Auch Pirmin Schwegler hat den erstaunlichen Höhenflug des FC Thun mitverfolgt. «Man sieht, was möglich ist, wenn alle an ein Ziel glauben und hart dafür arbeiten», sagt der Youngster. Der 18-Jährige hat sich bei YB auf Anhieb einen Stammplatz im defensiven Aufbau erkämpft und ist in dieser Saison bislang der beste und beständigste Young Boy. «Ich habe gehofft, dass es mir so gut läuft», sagt Schwegler, «doch ich habe auch gesehen, dass es bei YB viele gute Fussballer hat.» Roman Friedli und Yao Aziawonou aber, die direkten Konkurrenten, sind derzeit nur zweite und dritte Wahl, und Miguel Portillo, der lieber im Mittelfeld spielen würde, muss sich mit einer Abwehrrolle begnügen.
Ausbildung beenden
Unerschrocken und hart im Zweikampf, sicher und schnell im Passspiel, überlegen und intelligent im Spielaufbau – Pirmin Schwegler interpretiert die Rolle des Scheibenwischers in diesen Wochen nahezu perfekt. «Es ist eine Freude, ihm zuzuschauen», sagt Trainer Zaugg. Der derart Gepriesene bleibt, seinem Naturell entsprechend, bescheiden: «Der persönliche Erfolg ist zweitrangig. Ich kann auch nur gut spielen, wenn es dem Team gut läuft.» Sehr sympathisch wirkt Schwegler, der beim FC Luzern als Jahrhunderttalent galt und in diesem Sommer aus Angeboten vieler europäischer Spitzenklubs auswählen durfte. Bei Bayer Leverkusen hat er einen Kontrakt bis 2010 unterschrieben, doch weil Schwegler ein bodenständiger Typ ist und zuerst «eine anständige Ausbildung» beenden will, bleibt er vorerst in der Schweiz.
Genauer in Bern, wo Schwegler ein zweijähriges Praktikum im kaufmännischen Bereich absolviert. Praktischerweise wird das auf dem YB-Sekretariat passieren – der Arbeitgeber wird es verstehen, wenn der neue Bürostift die eine oder andere Stunde auf dem Rasen verbringen wird …
Playstation in der YB-WG
Denn am liebsten steht der Zentralschweizer Jüngling auf einem Fussballplatz und organisiert den Spielaufbau einer Mannschaft. «Ich freue mich auf jedes Training, weil ich noch viel lernen kann», sagt Schwegler, der jeden Mittwochnachmittag in Luzern noch die Schulbank drückt. «Ich habe mich hier in Bern bestens eingelebt», erzählt Schwegler. Im Marzili-Bad war Schwegler einmal, bevor das Hochwasser kam, «ansonsten habe ich noch nicht sehr viel von Bern gesehen.» Er sei keiner, der unbedingt an jeder Party dabei sein muss, erzählt Schwegler, ein ruhiger Vertreter der oft lauten und schrillen Gattung der Fussballprofis.
Ein Klischee aber erfüllt auch Pirmin Schwegler, schliesslich gehört er zur Playstation-Generation. Und so kann es vorkommen, dass er in der Fussballer-WG der Young Boys nahe des Wankdorfs einen Abend lang mit seinen Wohnpartnern an der Spielkonsole hängt. «Meistens aber verliere ich», sagt er lachend. Schwegler wohnt zusammen mit fünf Akteuren der YB-U21-Equipe in einer Wohnung. Eine «Hausfrau» kocht für die Jungs, «doch unsere Zimmer müssen wir schon selber putzen», sagt Schwegler. Wenn er die Autoprüfung bestanden habe, möchte er dann aber schon eine eigene Wohnung in der Stadt Bern beziehen.
Offen ist indes, wie lange Schwegler überhaupt in der Hauptstadt bleibt. Leverkusen besitzt die Option, ihn immer am Ende einer Saison in die Bundesliga zu beordern. «Aber ich kann schon mitreden», sagt Schwegler, der am Donnerstag ein Aufgebot fürs entscheidende U21-EM-Qualifikationsspiel der Schweizer gegen Israel erhielt. Für die Zukunft stehen ihm jedenfalls alle Türen offen. «Er kann nur noch besser werden», sagt Trainer Zaugg. Gut möglich, dass dieser Pirmin Schwegler – wie jetzt Thun – einmal in der Champions League auftauchen wird. Offen nur, ob das mit YB, Leverkusen oder einem anderen Verein sein wird.
Berner Zeitung, Fabian Ruch [27.08.05