Istanbul - Eigentlich verbindet man mit dem Begriff der südländischen Fußball-Atmosphäre nicht gerade Schneeschippen. Aber die Leute im Ali-Sami-Yen-Stadion in Istanbul haben das am Mittwoch gut hingekriegt. Eine Stunde vor dem Spiel gegen Bayer 04 Leverkusen sangen und trommelten sich die Anhänger von Galatasaray warm, und unten schoben Helfer die dünne weiße Decke vom Platz, die sich den ganzen trüben Tag über angesammelt hatte. Sie schafften eine Hälfte, dann spendierten sie dem Platz ein paar schicke Linien in schwarz.
Zwischen den Trauerrändern brachte Leverkusen dann zwar 90 Minuten lang kaum Fußball zustande, holte sich aber ein freundliches Ergebnis. Dank Torwart René Adler reist Michael Skibbes Team mit einem glücklichen 0:0 nach Hause. So etwas nennt man eine „akzeptable Ausgangsposition“ für das Rückspiel am kommenden Donnerstag (17 Uhr) in der BayArena. Es war zwar kein verdienter Punkt, sondern eher eine Art Diebstahl, und für das Glückhaben muss man niemanden loben. Aber für gehörigen Kraftaufwand - der Einsatz stimmte.
„Wir können mit dem Ergebnis zufrieden sein. Mehr war definitiv nicht drin“, sagte Leverkusens Trainer Michael Skibbe. „Man ärgert sich, wenn man so viele Chancen und Spielanteile hat und das Tor nicht macht“, meinte Galatasaray-Coach Karl-Heinz Feldkamp, der nicht nur den Ex-Schalker Lincoln auf der Bank gelassen hatte (er kam erst in der 84. Minute) sondern alle Ausländer - bemerkenswert im heutigen internationalen Fußball.
Nach etwas fünf Minuten hatten die Stollen der Spieler den Platz bereits umgepflügt. Die Türken rutschten kontrollierter als Bayer 04, das dem Druck nur 15 Minuten kontrolliert begegnen konnte. Danach aber summierten sich die vielen Fehler des Bundesligisten zu Chancen für die Gastgeber. In der 18. Minute entwischte Topal Hans Sarpei und stand frei, doch René Adler im Tor parierte stark. In der 36. Minute wäre der Keeper bei Ardas Kopfball nach Eckstoß machtlos gewesen, doch der Ball flog knapp über die Latte. Die nächste Gelegenheit zur Führung vergab kurz vor der Pause der türkische Superstar Hakan Sükür, dessen Schuss aus kurzer Distanz Adler noch ablenken konnte. Entlastung für Leverkusens Abwehr durch eigene Angriffe fand nicht stand. Es gab in den ersten 45 Minuten eine halben Ansatz zu einer Chance - die Bayer-Elf kam mit ihrem Kurzpass-Spiel überhaupt nicht zum Zug und wirkte geradezu eingeschüchtert vom Gegner.
Auch im zweiten Durchgang wurde es kaum besser bei den Leverkusenern. Die einzige Gelegenheit war eine verunglückte Flanke von Barnetta, die beinahe ins Tor gerollt wäre. Der Rest war Galatasaray gegen Adler mit dem Höhepunkt in der 52. Minute. Nach einem der vielen Fehler von Manuel Friedrich legte Hakan Sükür in die Mitte zu Ümit Karan, der das Leverkusens Gehäuse scheunentorweit offen vor sich sah. Der Türke wollte einschieben, doch von irgendwo flog Adler heran und hielt den Ball. Das Tor schien nur eine Frage der Zeit, doch 92 Minuten genügten den Türken nicht - Leverkusen ging als gefühlter Sieger aus der Abwehrschlacht.
Istanbul: Orkun; Ugur, Emre, Servet, Volkan (84. Lincoln); Ayhan (66. Hakan Balta), Özbek, Mehmet Topal, Arda; Ümit, Hakan Sükür (79. Nonda). - Leverkusen : Adler; Castro, Friedrich, Callsen-Bracker, Sarpei; Rolfes, Vidal (86. Schwegler); Barnetta, Barbarez, Schneider (62. Freier); Kießling. - Schiedsrichter : Cortez Batista (Portugal). - Zuschauer : 24 000 (ausverkauft).
VON CHRISTIAN OEYNHAUSEN
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