Was für ein Coup! Ausgerechnet am Tage seines 53. Geburtstages verkündete Uli Hoeneß die freudige Botschaft, dass Bixente Lizarazu sofort zum FC Bayern zurückkehrt und diesen bis zum Saisonende verstärken wird.
Der 94malige französische Nationalspieler hatte den Klub nach sieben erfolgreichen Jahren (vier Mal Deutscher Meister, zwei Mal Pokalsieger, Champions-League-Sieger, Weltpokalsieger) im vergangenen Sommer verlassen, weil er sich mit den Bayern nicht auf einen neuen Vertrag hatte einigen können. Lizarazu, der Olympique Marseille ablösefrei den Rücken kehren darf, stößt bereits an diesem Donnerstag in Dubai zum Team, das sich dort bis zum 15. Januar auf die Rückrunde vorbereitet. Der 35-Jährige, der bisher 152 Bundesligaspiele für Bayern bestritt, dabei sieben Tore erzielte und 1997 für 4,5 Millionen Euro von Athletic Bilbao gekommen war, ist in der Bundesliga, dem DFB-Pokal und der Champions League spielberechtigt.
Wie es trotz der Aussage von Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge, "wir holen im Winter zu 300 Prozent keinen neuen Spieler" zu der überraschenden Rückholaktion kommen konnte, erklärte Felix Magath gegenüber dem kicker so: "Lizarazu hat kurz vor Weihnachten Uli Hoeneß angerufen und ihm sein Leid geklagt, dass er alles andere als glücklich sei in Marseille." Da sich Hoeneß und Magath einig waren, auf der linken Abwehrseite mit Hasan Salihamidzic und Tobias Rau nicht ausreichend besetzt zu sein, "bin ich froh und dankbar, dass mir Uli für die Rückrunde so einen Klassemann zur Verfügung stellt", sagte der Coach.
Bleibt nur die Frage, ob Lizarazu diese Klasse noch besitzt. Bei Olympique Marseille absolvierte er 14 von 19 Meisterschaftsspielen, alle von Anfang an - allerdings sehr durchwachsen. Es entstand der Eindruck, dass sich Lizarazu nicht wohl fühle. Unter dem neuen Trainer Philippe Troussier konnte er sein Potenzial nicht mehr abrufen, stand nach dem 14. Spieltag nicht mal mehr im Kader. Der Coach sagt: "Das Problem Lizarazu existiert nicht mehr". Was genau der Trainer damit meint, bleibt sein Geheimnis. Für Magath indes stehen die Fähigkeiten Lizarazus "völlig außer Frage. Ich habe mich mit ihm getroffen und so wie er geredet hat, habe ich einen sehr, sehr positiven Eindruck von ihm gewonnen, auch von seinem Aussehen". Der Fußballlehrer schließt sogar eine Weiterverpflichtung des Welt- und Europameisters über die Saison hinaus nicht aus: "Wenn er gute Leistungen bringt, kann man sich nochmal zusammensetzen."
Dass es bei so einem Transfer nicht nur glückliche Gesichter gegeben hat, versteht sich von selbst. Als einer der ersten informierte der Trainer Tobias Rau in einem persönlichen Gespräch von dessen neuem Konkurrenten. "Ich habe mit Tobias kurz gesprochen", verriet Magath, "und ihm gesagt, dass seine Situation noch mal schwieriger geworden ist." Was im Grunde genommen nichts anderes heißt, als dass er dem ehemaligen Wolfsburger einen sofortigen Vereinswechsel nahegelegt hat, "denn dass er an Lizarazu schwer vorbeikommt, ist klar", bestätigte der 51-Jährige auf Nachfrage. Rau selbst zeigte sich "völlig überrumpelt" von der neuen Situation, hoffte, "sich in der Rückrunde in die Mannschaft spielen zu können". Der 23-Jährige flog dennoch am Mittwochabend mit den Bayern ins Trainingslager und wird "alles geben, das habe ich auch dem Trainer gesagt". Rau denkt sogar daran, durch die verschärfte Konkurrenzsituation "neue Motivation zu schöpfen, einen neuen Schub zu bekommen". Und an Abschied denkt der siebenmalige Nationalspieler nicht? "Natürlich werde ich mir in den kommenden Wochen Gedanken machen."
Gedanken, die ihn nach Nürnberg führen könnten, das schon im Spätherbst stark um ihn buhlte. Club-Sportdirektor Martin Bader: "Tobias Rau passt in unser Anforderungsprofil, ist ein Spieler, der für uns sehr interessant ist und den Wolfgang Wolf ganz genau kennt." Und was sagt Tobias Rau zu Nürnberg? "Eine Topadresse!"
Axel Heiber, Uwe Röser, Harald Kaiser
kicker.de