Ich hoffe, das Interview gibts hier noch nicht...
Irgendwann einmal Nummer 1 werden“Seit dieser Saison ist Benedikt Fernandez die Nummer 2 bei Bayer Leverkusen hinter Rene Adler. Das Leverkusener Eigengewächs spielt seit 2000 bei Bayer und ist ein weiterer Torhüter aus der Leverkusener Talentschiede. Er absolvierte bereits 3 Bundesligaspiele und 2 Uefa-Cup Spiele, bei denen er sein Talent unter Beweis stellte. Nebenbei studiert er noch Volkswirtschaftslehre.
Goalkeeping.com sprach mit Benedikt Fernandez über seine aktuelle Situation und seine Zukunftsvorstellungen.
Benedikt, du bist seit 2000 bei Bayer Leverkusen. Du scheinst dich wohl zu fühlen. Was gefällt dir an Bayer?
Fernandez: Zunächst war und ist es sehr praktisch, dass Leverkusen sehr nahe zu meinem Wohnort liegt. Ich komme ursprünglich aus St. Augustin und wohne in Siegburg. Außerdem wurde und wird bei Bayer sehr gute Jugendarbeit geleistet, was man auch daran sehen kann, wie viele Spieler es bereits schafften oder daran sind, den Sprung in den Profikader zu schaffen. Wir Torhüter hatten mit Dieter Gans in der Jugend und haben jetzt mit Rüdiger Vollborn ein sehr gutes Torwarttraining. Weiter kommt hinzu, dass ich mir hier mit der Zeit eine immer bessere sportliche Perspektive erarbeiten konnte, die ich noch weiter ausbauen möchte.
Wie kamst du überhaupt zu Bayer Leverkusen?
Fernandez: Das ist eine ganz witzige Geschichte. Damals gab es neben den Verbandsauswahlmannschaften noch Kreisauswahlmannschaften. In der C-Jugend spielte ich in der Rhein-Siegkreis-Auswahl. Mit dieser Mannschaft waren wir zum Geißbockcup, einem Hallenturnier des 1.FC Köln, eingeladen. Bei diesem Turnier spielten und gewannen wir gegen Schalke 04 und den 1.FC Köln, ich wurde dabei regelrecht abgeschossen, weil ich mich einfach nur furchtlos dazwischen warf. Daraufhin wurde ich ins Probetraining nach Leverkusen eingeladen. Nachdem ich dreimal mit trainiert hatte, wollten mich die damals Verantwortlichen haben. Zeitgleich wurde damals auch Rene Adler verpflichtet, der seinem Alter immer ein Jahr voraus war, so dass wir uns bis auf ein Jahr nie in die Quere kamen, obwohl wir fast gleich alt sind.
Du warst bis zur D-Jugend Feldspieler. Wer brachte dich dann zum Torwartspiel?
Fernandez: Das letzte halbe Jahr in der D-Jugend wurde ich zum Torhüter, weil ich im Knie- und im Fersenbereich Wachstumsstörungen hatte, so dass ich mich kaum noch bewegen konnte. Der Arzt teilte mir mit, dass ich keinen Fußball mehr spielen dürfe, da es zu gesundheitsschädlich sei. Da ich aber inklusive Bruder und Vater immer schon fußballverrückt war, wurde ich aus Jux und Tollerei ins Tor gestellt. Da ich offensichtlich nicht so schlecht war, probierte ich diese Position aus. Ich bekam Torwarttraining bei Tura Hennef, und so entwickelte sich alles.
Seit dieser Saison bist du die Nr. 2 in Leverkusen. Ist es nicht perspektivlos für dich, hinter einem so überragend und konstant spielenden Torhüter wie Rene Adler spielen zu müssen?
Fernandez: Die Perspektive, hier die Nummer 1 zu werden, ist natürlich sehr gering. Ich habe aber immer schon Jahr für Jahr und Step by Step gedacht. Vor 2 Jahren wurde ich noch an den Verbandsligisten SC Renault Brühl ausgeliehen, und jetzt bin ich Bundesligaspieler. Das ist schon eine riesige Entwicklung, die ich mir durch meinen Ehrgeiz erarbeitet habe. Da ich nie so talentiert war wie z.B. ein Rene Adler oder manch anderer, musste ich mir alles durch viel Fleiß und Ehrgeiz erarbeiten. So denke ich auch jetzt von Saison zu Saison. Letztes Jahr war ich noch die Nummer 3, jetzt bin ich die Nummer 2. Natürlich danke ich auch dem Verein für das Vertrauen, das sie mir entgegengebracht haben. Ich möchte die nächsten 2-3 Jahre noch dazu nutzen, hinter einem sehr guten Torhüter Erfahrung zu sammeln und die Spiele mitnehmen, die ich bekomme. Da in unserem Sport Verletzungen keine Seltenheit sind, habe ich vielleicht immer mal wieder die Chance mich zu präsentieren und muss dann meine Chance nutzen. Mein mittelfristiger Plan ist es, mit 25 oder 26 Jahren irgendwo die Nummer 1 zu werden, am liebsten natürlich in der Ersten Liga, aber auch vielleicht erst mal in der Zweiten Bundesliga.
Kann sich deiner Meinung nach ein Torhüter zu höchstem Niveau entwickeln, wenn er kaum Spielpraxis im Spitzenbereich erhält?
Fernandez: Das ist eine sehr schwierige Frage. Ich habe in den acht Jahren in Leverkusen mal eine Saison gespielt, dann wieder nicht, weil der Rene wieder ein Jahr vor mir war. Ich habe mir aber immer sehr viel durch Ehrgeiz, Arbeit und durch Nacheifern erarbeitet. Wenn man immer mit guten oder sehr guten Torhütern zusammen trainiert, wo nur Nuancen den Unterschied ausmachen, wird man in seiner Leistung gepuscht. Durch Spieleinsätze kommt man wahrscheinlich zur Höchstform, Ich denke aber schon, dass ich durch den Konkurrenzkampf innerhalb dieser sehr guten Trainingsgruppe meine Leistung verbessern kann.
Sicherlich beobachtest du Rene Adler im Training und Spiel ganz genau. Was hat er dir noch voraus?
Fernandez: Seit Rene vor Jahren diese schwere Verletzung hatte und 1 ½ Jahre pausieren musste, entwickelte er eine ungeheure mentale Stärke. Rene ist einer, der im Training nicht unbedingt gut halten muss. Er ist mental so stark, dass er sich zu 100 % auf ein Spiel konzentrieren und festbeißen kann. Das ist eine seiner größten Stärken, die er nicht nur mir, sondern auch vielen anderen Torhütern voraus hat. Ansonsten sind es Nuancen, die uns unterscheiden. Er ist ein Stück größer, wodurch er eine etwas weitere Reichweite hat. Auch ist er vielleicht etwas sprungstärker und hat durch seine vielen Bundesligaeinsätze seine Strafraumbeherrschung verbessert. Die Unterschiede im technischen Bereich sind wohl eher gering, den großen Unterschied macht die Präsenz aus, die er hat.
Du sammelst nebenbei noch Erfahrung im Oberligateam von Bayer. Wie habt ihr die Einsätze geregelt?
Fernandez: Natürlich braucht auch der Ersatztorhüter des Bundesligateams Spielpraxis, um vorbereitet zu sein, wenn er wie ich in diesem Jahr dreimal zum Einsatz kommt. Diese Erfahrungen sind auch durch Training nicht zu ersetzen. Vor allem die Strafraumbeherrschung kann nur durch Spieleinsätze verbessert werden. Wir hatten es in diesem Spieljahr so geregelt, dass ich ca. zwei Spiele pro Monat im Oberligateam absolvierte. Gut ist, dass die zweite Mannschaft in diesem Jahr aufgestiegen ist, denn in dieser Saison war das Niveau in dieser Spielklasse für uns Torhüter wenig fordernd.
Du studierst weiterhin Volkswirtschaftslehre an der Uni in Köln. Ist es möglich, Studium und Fußballprofi unter einen Hut zu bringen?
Fernandez: Es scheint möglich zu sein, da ich bereits acht Semester hinter mich gebracht habe, auch wenn es nicht immer ganz einfach war. Bis jetzt profitierte ich davon, dass ich keine Pflichtveranstaltungen an der Uni hatte, bei denen Anwesenheitspflicht bestand. So konnte ich sehr viel zu Hause oder unterwegs üben und mir erarbeiten. Ich besitze die Fähigkeit, mir Sachverhalte gut selbst beibringen zu können. Wenn ich allerdings die letzten Jahre Revue passieren lasse, so ist die Anwesenheit an der Uni mit der Zeit rapide zurückgegangen. Aber bis jetzt hat alles hingehauen. Auch möchte ich spätestens nach 12 Semestern mein Studium abgeschlossen haben.
Ist das Studium eine Vorsichtsmaßnahme für dich, falls die Profikarriere nicht wie gewünscht verläuft, oder ist es dir vor allem wichtig, außer Fußball noch anderes im Leben kennen zu lernen?
Fernandez: Sowohl als auch. Als ich das Studium begann, war es für mich überhaupt nicht klar, dass ich Fußballprofi werden würde. Ich kam nach der A-Jugend direkt ins Amateurteam und wurde nach einem halben Jahr zum Verbandsligisten Renault Brühl ausgeliehen, da für mich in Leverkusen kein Platz war, obwohl ich in Leverkusen ständig weiter trainierte. So hatte für mich der Beginn des Studiums absolute Priorität. Mittlerweile setze ich das Studium als Vorsichtsmaßnahme fort, falls vielleicht die Karriere aufgrund einer Verletzung schnell beendet sein könnte. Außerdem ist es natürlich so, dass ich irgendwann irgendwo in einen wirtschaftlichen Beruf einsteigen möchte, vielleicht nicht als Manager, sondern eher in einer beratenden oder analytischen Funktion im Unternehmen. Da habe ich mich noch nicht festgelegt.
Wie reagieren eigentlich deine Kommilitonen auf deine Anwesenheit, wirst du von vielen erkannt oder kannst du dich relativ anonym bewegen?
Fernandez: Ich kam mich eigentlich sehr anonym bewegen. Die einzigen, die mich erkennen, sind die Leute, die ich bereits kenne. Insgesamt glaube ich nicht, dass mich sehr viele erkennen. Das ist auch besser so.
Wenn man sich innerhalb der Fußballwelt (Medien, Fans …) bewegt, muss man bei dem Starkult, der betrieben wird, den Eindruck gewinnen, etwas ganz Besonderes zu sein. Ist es für deine persönliche Entwicklung daher wichtig zu erfahren, dass es z.B. an der Uni viele Menschen gibt, denen Fußball gleichgültig ist und die du als Mensch überzeugen musst, nicht durch deine sportliche Tätigkeit?
Fernandez: Das ist selbstverständlich ganz wichtig. Ich kann das an Rene sehr gut beobachten, dessen Bekanntheitsgrad ja enorm zugenommen hat. Nachdem wir vor genau einem Jahr mit Bayer den UEFA-Pokal-Platz gesichert hatten, machten wir eine kleine Abschlussfahrt nach Mallorca. Wir konnten dort wirklich nicht ausgehen, weil jeder Rene erkannt und angesprochen hat. Teilweise haben sie zu ihm hochgesehen, teilweise ihn auch angepöbelt. Ich glaube für mich nicht, dass ich so sein möchte. Auch finde ich es immer noch am besten, wenn man auf natürliche Art Menschen kennen lernt, da findet man den ehrlichen Charakter immer noch am ehesten heraus.