Beiträge von Strelczyk

    Sie suchen die Konfrontation, aber mit Gewalt wollen sie nichts zu tun haben: Ultras – Fußballfans der etwas radikaleren Art


    Von Lars Spannagel


    Sechs Wochen lang hießen die Gegner nur Wuppertal, Lübeck oder Borussia Dortmund II. War alles Vorgeplänkel. An diesem Tag aber geht es nach Berlin, zu Union. Ein Ostderby für den 1. FC Magdeburg, wie in alten DDR-Oberliga-Zeiten. An diesem Tag muss man sich beweisen, zeigen, wer die Macht ist. Auf dem Platz, das sowieso, aber auch drum herum.


    Der Zuschauerblock, in dem Steven, Zunge, Tom und die anderen Magdeburger Ultras stehen, tobt, als die Mannschaften aufs Feld kommen. Raketen fliegen auf den Platz, die Magdeburger verschwinden im dichten Rauch der bengalischen Feuer. Die Polizisten, die an beiden Seiten des Gästeblocks wie eine grüne Wand stehen, können kaum erkennen, was einzelne Fans machen. Kurz darauf stürmen die gepanzerten Beamten die Stehplatzreihen, sprühen Pfefferspray und zerren die Raketenschützen aus der Masse. „Zick-Zack-Bullenpack“ gellt es den Polizisten hundertfach entgegen, dann haben sie sich in die Mitte der Fans gedrängt. Das Regionalligaspiel kann angepfiffen werden.


    Bei Fußballspielen in den unteren deutschen Ligen stoßen jedes Wochenende Welten aufeinander. Polizei und Ordner, die für Sicherheit auf den Rängen sorgen sollen, auf der anderen Seite Fans, denen die wilde, ungezügelte Stimmung im Stadion und die Konfrontation mit dem Gegner über alles geht. Woche für Woche bewegt sich der Fußball auf einem schmalen Grat zwischen Stimmung und Chaos, Euphorie und Gewalt.


    Die Schuld dafür wird meist bei den Ultras gesucht. Ultra steht nicht für ultra-gewalttätig oder ultra-rassistisch. Es handelt sich vielmehr um meist junge Männer, für die Fußball mehr ist als 90 Minuten am Samstagnachmittag. Für die er eine Religion ist.


    In dieser Religion sind Fußballspiele Gottesdienste, zu denen Leuchtraketen und bengalische Feuer gehören wie Weihrauch zu einem katholischen Hochamt. Steven, Zunge und Tom, Mitglieder der beiden Magdeburger Ultra-Gruppen Blue Generation und Commando East Side, sprechen noch Wochen später von jenem Spiel im November bei Union. „Ein Auswärtssieg, 2 : 1 in einem Ostderby, unter Flutlicht – nahezu perfekt“, sagt Zunge, er ist 26. Ein paar Raketen waren inmitten von Union-Fans eingeschlagen. „Ein Betriebsunfall“, sagt der 20-Jährige, der sich Steven nennt. Ihre richtigen Namen wollen die drei nicht in der Zeitung lesen, fotografiert werden erst recht nicht. Dem Gespräch haben sie erst nach langem Zögern zugestimmt.


    Nicht nur die Magdeburger Ultras fühlen sich verfolgt, von der Polizei, von den Vereinen, von den Medien. Der ostdeutsche Fußball steht zurzeit unter dem Generalverdacht, ein Sammelbecken für Chaoten zu sein, die sich Schlachten mit der Polizei liefern, mit Fäkalien gefüllte Ballons auf gegnerische Fans werfen, Affenlaute von sich geben, „Juden Berlin“ skandieren.


    Der Fanforscher Gunter A. Pilz hat den Begriff „Hooltra“ für eine Vermischung zweier Fanszenen geprägt: die der fußballfanatischen Ultras und der gewaltsuchenden Hooligans. Die drei Magdeburger verdrehen die Augen, wenn sie das hören, gewalttätig seien sie nicht. Fußball hat aber immer auch mit Rivalität zu tun, mit Provokation. Wer im Feindesland auf dem Weg zum Bahnhof „Scheiß Union“ und „Köpenicker Kinderficker“ schreit oder nur neben einem Schreihals steht, der rechnet auch mit den Konsequenzen.


    Steven fängt gerade mit dem Studium an, auch Tom ist Student, Zunge ist Handwerker. Tom und Zunge sind seit mehr als zehn Jahren „Allesfahrer“. Das heißt, sie sehen jedes Spiel ihres Vereins, egal wo, egal wann. Steven hat auch schon im Sommertrainingslager neben dem Platz gezeltet.


    „Wir sind nicht Fans des Vereins“, sagt Steven, „wir sind der Verein.“ In wochenlanger Arbeit bastelt er mit dem harten Kern der Ultras an Spruchbändern und Zaunfahnen. Mit Papptafeln oder Stoffbahnen verwandeln sie die Fankurve in ein Farbenmeer. Immer neue Ideen müssen her, neue Klatschrhythmen, neue Lieder. Darüber zerbrechen sich Ultras den Kopf, jeden Tag. „Wie die Kurve sich entwickelt, so entwickelt man sich auch persönlich“, sagt Tom. Er spricht über die Kurve wie über sein Lebenswerk. „Wenn uns die anderen in unserem Stadion niederbrüllen, gehe ich gebrochen nach Hause“, sagt Steven. Vor großen Spielen schläft er kaum.


    Beim Spiel gegen Union peitscht Tom die Fans mit einem Megafon an, vom Spiel bekommt er fast gar nichts mit. Im Minutentakt stimmt er neue Gesänge an. Die Polizisten sind immer noch da, ein grünes Band mit großen weißen Köpfen und sehr breiten Schultern zieht sich durch den Block.


    Doch was eigentlich die Situation kontrollieren soll, heizt sie weiter an. Glaubt zumindest Titus Simon, Fan-Experte und Professor für Jugendarbeit an der Fachhochschule Magdeburg-Stendal. „Die Fanblöcke sind wie Käfige, Fans werden eingesperrt und beobachtet wie Tiere“, sagt Simon, „das ist ein sozialer Vorgang, der etwas auslöst.“ Das Gefühl, bedrängt und verfolgt zu werden, schweißt zusammen. Dazu kommt, dass es immer einen Gegner gibt, das brauchen viele als Selbstbestätigung. „Der Gegner ist für Gewalt- und Hassprojektionen natürlich wichtig, ohne den Feind bist du nicht identifiziert“, sagt Simon. Oft versuchen Fans, von der Polizei festgenommene Kameraden zu befreien, Tumulte brechen aus.


    Aus Sicht der Ultras hat die Polizei in ihrem Block sowieso nichts verloren. „Der Block ist doch ein Hochsicherheitstrakt, alles abgesperrt, Zäune, Videokameras. Trotzdem kommt die Polizei rein und zieht Leute raus. Dadurch wird es doch erst gefährlich.“ Steven spuckt die Worte abfällig aus. „Die provozieren eine Reaktion und ziehen die raus, die reagieren.“ Fan-Experten der Polizei werfen Ultras eine verzerrte Wahrnehmung vor, die eigenes Fehlverhalten ausblendet.


    „Niemand, der klar denken kann, legt sich mit 100 bewaffneten und gepanzerten Polizisten an“, sagt Steven. Auf der Internetseite der Ultras klingt das so: „Neben einem gesunden Geist legen wir auch Wert auf ein gesundes Körperbewusstsein, was im Verteidigungsfalle nur von Vorteil sein kann.“


    Nicht immer tritt dieser Fall ein. Beim Spiel in Berlin-Köpenick liegt Magdeburg inzwischen in Führung, die Fans sehnen den Abpfiff herbei und interessieren sich nicht mehr für die Polizei. Nur ein Betrunkener redet immer noch auf einen genervten Polizisten ein. Auch diese Szene wird gefilmt, kaum etwas wird so gut dokumentiert wie ein Fußballspiel in der Regionalliga. Die Fans filmen mit Handys und Fotoapparaten zurück.


    Deren Bilder landen oft noch am selben Tag im Internet. 18 Videos gibt es von diesem Spiel, der Film „Flammendes Inferno“ ist mit bisher 2800 Klicks einer der beliebtesten. Der Begleittext schwärmt vom Feuerwerk vor Spielbeginn: „Von der Qualität her das beste, was die Regionalliga in Deutschland zu bieten hat. Strafbar ist es allemal – aber ein Augenschmaus der Extraklasse auch.“


    Vereine sollen auf Raketen und Feuer mit Stadionverboten reagieren. Nicht immer werden diese auch durchgesetzt. „Wer aber vorsätzlich versucht, andere zu schädigen, den bestrafen wir“, sagt Bernd Hofmann, Magdeburgs Manager. Auf seinem Schreibtisch in der Geschäftsstelle stapeln sich Baupläne des neuen Stadions. Am Wochenende wird es eingeweiht, es gibt noch viel zu tun. Die Ultras sind nicht glücklich mit dem Neubau: keine Stehplätze hinter dem Tor, kein Platz, um große Plakate und Fahnen anzubringen. Hofmann muss los, zum Gespräch mit dem Vertreter der Baufirma. Vorher erklärt er noch, wie gut der Verein mit den Ultras zusammenarbeitet und wie viel Spaß ihm die Fanarbeit macht.


    Die Ultras sind nicht die Fans, die sich die Verantwortlichen im Fußball wünschen. Fifa-Chef Joseph Blatter schlug kürzlich vor, Stehplätze grundsätzlich abzuschaffen. Gestern tagte zum ersten Mal die DFB-„Task Force“ gegen Gewalt, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus. „Die wollen einen klinisch sauberen Fan“, sagt Tom.


    Als der DFB im Oktober eine Aktion gegen Rassismus startete und 750 000 Rote Karten in den Stadien verteilte, entrollten die Magdeburger Ultras vor dem Anpfiff eines Spiels ein riesiges Transparent: „Rote Karte für Alibiaktion – soziale Fanarbeit statt Sicherheitswahn“. Die Magdeburger Offiziellen waren entsetzt. „Wir sind gegen Rassismus im Stadion“, sagt Tom, „wir lassen uns aber nicht vorschreiben, wann wir das zeigen sollen.“


    Die Meinung der Verbandsoffiziellen gilt nicht viel bei den Ultras, sie verstehen sich selbst als das Wichtigste am Fußball. „Der Vorstand sind ja nur Leute, die kommen und gehen, auch viele Spieler sind nach dem nächsten Abstieg schnell wieder weg“, sagt Steven. „Ich bleibe ja für immer“, sagt er noch.


    Tagesspiegel

    von Marc Schürmann


    Ich habe eine neue These über fromme Menschen: Die wollen gar nicht, dass Jesus wieder unter uns erscheint, Kranke heilt, Wasser in Wein verwandelt und so, sie wollen auch nicht das Paradies auf Erden.


    Sondern sie wollen, dass alles so ist, wie es ist, lauthals darüber jammern und auf Jesus und das Paradies auf Erden warten.


    Ich habe diese These entwickelt, als der 1. FC Köln verkündete, Christoph Daum sei sein neuer Trainer. Ich muss dazusagen, dass ich Mitglied dieses Vereins bin. Die Rückkehr des Daum stand für mich wie für alle anderen Verdammten stets für den Weltaufgang. Montagabend steht ER erstmals seit 1990 wieder an der Kölner Seitenlinie, im Heimspiel gegen den MSV Duisburg, doch ich fühle mich nicht erlöst, sondern verängstigt. Der 1. FC Köln könnte mit Daum versagen. Das ist es, was ich mit den Gottesfürchtigen meinte: Was, wenn der Messias erscheint, und nach ein paar Tagen Medienbohei machen die Menschen so weiter wie vorher? Bringen alte Damen um, wählen NPD, servieren Mineralwasser mit einer Zitronenscheibe?

    Da ist noch ein Problem mit Jesus. Vielleicht hat er das mit den Wundern gar nicht mehr drauf und sich seit Lepra nicht weitergebildet? Bezogen auf Daum ist es so, dass er immer entrückter wirkt. Früher der blaue Anzug, später die Kokslüge, heute eine Pressekonferenz zur Bekanntmachung eines postoperativen Hals-Nasen-Ohren-Befundes. Hätte Daum mehr Tassen im Schrank, wäre er wohl kein erfolgreicher Trainer, doch wenn ihm das Geschirr weiter ausgeht, könnte das ein Nachteil werden.


    Meine größte Sorge aber betrifft das Ende der Visionen, und zwar genau das Ende, in dem Overath und Daum und, wenn ich ehrlich bin, auch ich die Champions League sehen. Ich fürchte, Köln wird in seiner Gier nach Größe ein genauso verkommener und verschwenderischer Mistverein wie Dortmund, Hertha oder Schalke, ein Klub, der zehnmal mehr Geld ausgibt, als er hat, Spieler kauft, deren Schnürsenkel mehr Charakter hat als sie selbst, und am Ende sein Leben dafür hergibt, so sein zu wollen wie der FC Bayern München.


    Aber den MSV putzen sie.


    FTD

    Nach dem Punktgewinn genehmigte sich Michael Skibbe erst einmal ein kaltes Bier vom Fass. Das perlte, aber nicht nur deshalb war der Mann am Samstagnachmittag im fußkalten Ostwestfalen so richtig zufrieden. Das unansehnliche 0:0-Unentschieden beim DSC Arminia Bielefeld hatte den Trainer von Bayer Leverkusen in eine überraschend aufgeräumte Stimmung versetzt. „Ein interessantes Spiel“ hatte der gesehen „mit vielen guten Chancen für meine Mannschaft“. „Schön“ war für Skibbe, „dass wir endlich einmal wieder zu Null gespielt haben“. Und zu guter Letzt befand er, „dass uns dieser Punkt in der jetzigen Situation weiterhilft“.
    Nüchtern betrachtet muss man dem Fußball-Lehrer in allen Punkten Recht geben. „Interessant“ war es allemal, dass sich sein eigentlich doch so ambitioniertes Team über das Remis auf der Alm dermaßen freute, dass die Profis sich vor dem Leverkusener Fanblock gegenseitig abklatschten. Die „vielen guten Chancen“ der Bayer-Athleten beschränkten sich zwar schwerpunktmäßig auf die ersten zehn Minuten, in denen es den Hausherren „wahnsinnig schwer fiel, ins Spiel zu finden“, wie auch Arminia-Coach Thomas von Heesen (siehe „nach dem Abpfiff“ auf Seite 14) zugab. Allerdings traf Sergej Barbarez das leere Tor nicht (6.), rettete der Bielefelder Radim Kucera vor Stefan Kießling (8.), und Juan, der in der zweiten Hälfte noch einen Kopfstoß aus aussichtsreicher Position nicht im Kasten von Keeper Mathias Hain unterbrachte (64.), stoppte den Ball, statt zu schießen - die Chance war dahin (9.).


    Mehr hatten die ihren Chef so zufriedenstellenden Werkskicker über 90 Minuten allerdings offensiv nicht zu bieten, was ein Lichtlein wirft auf die bescheidenen Ansprüche gegen eine Arminia-Elf, die sich von einem grauenvollen Niveau lediglich auf Graue-Maus-Durchschnitt steigern konnte. Was aber immer noch reichte, Bayer im zweiten Spielabschnitt ernsthaft in Bedrängnis zu bringen. Das Schöne am „zu Null“ war deshalb vor allem die starke Leistung Jörg Butts, der nach einigen bedenklichen Auftritten zuvor wieder aus dem Leistungsloch herausgefunden zu haben scheint. Butt zeigte keine Schwäche und setzte einen Glanzpunkt vor allem bei einer tollen Fußabwehr gegen Artur Wichniarek (48.).


    „Dass uns dieser Punkt in der jetzigen Situation weiterhilft“, wie Skibbe es meinte, bestätigte denn auch der Torwächter. „Damit muss man zufrieden sein“, sagte Butt. Und es stimmt ja auch. Trotz des öden Kicks vor 20 459 Zuschauern hielt Bayer den Abstand zur Abstiegszone und hat mit fünf Punkten Rückstand einigermaßen Sichtkontakt zur Hertha aus Berlin. Deren augenblicklicher Tabellenrang fünf berechtigt zur Uefa-Cup-Teilnahme.


    Bei aller Nüchternheit der Betrachtung aber beinhaltet der Fußball nach wie vor auch Emotionen. Und da kann man sich schon die Haare raufen, wenn ein Team wie Bayer in 90 Minuten insgesamt nur fünf Schüsse abgibt. Einer wurde abgeblockt, null gingen auf das Bielefelder Tor, vier daneben. Bayer Null Vier! Aber man war zufrieden.


    KR

    Rudi Völler hatte das beste Gespür für das Spiel: In der 80. Minute erhob sich der Bayer-04-Sportdirektor und verließ seinen Platz in der Schüco-Arena in Bielefeld. Es war klar, dass er nichts mehr verpassen würde. Es war ein Nachmittag, der schnell vergessen wird. Nur das, was zählt, ist wichtig: Nach dem 15. Spieltag beträgt Leverkusens Rückstand auf das Saisonziel, einen Platz im Uefa-Cup, nur fünf Punkte. Man muss diese Überlegung an den Anfang einer Erörterung über das 0:0 bei Arminia Bielefeld stellen, weil der Tabellenstand für die Trainer und die Klubs das einzige Kriterium ist. Welche Rolle spielt es, dass der Punktgewinn für beide Seiten und fast völligen Verzicht auf Spielkultur zustande kam? Es war ein schlechtes Fußballspiel auf einem schlechten Platz (den der Trainer des Gastgebers einen „Acker nannte“), das zudem noch von einem schwachen Schiedsrichter geleitet wurde - alles zusammengenommen keine Umstände, um den 20 459 Zuschauern im Stadion und dem TV-Publikum großen Spaß zu bereiten.


    Aber die Bundesliga führt nur Ergebnisdiskussionen und spricht ungern über Qualität, auch wenn die miserablen Ergebnisse im Uefa-Cup dies schon längere Zeit nahelegen würden. Wieweit sich das Beurteilungs-Universum der Trainer abkoppeln kann vom Blick des Restes der Welt, das demonstrierte am Samstag Michael Skibbe, der Leverkusener Coach. Der freute erstens sich darüber, dass seine Abwehr ohne Gegentor geblieben war. Und zweitens hatte der 41-Jährige beschlossen, lieber mit einer guten Viertelstunde zufrieden zu sein, anstatt sich über fünf elende Viertelstunden zu ärgern. „Wir haben am Anfang richtig gut Fußball gespielt. Wir wollten gleich druckvoll beginnen, um die Müdigkeit nach dem Bukarest-Spiel abzuschütteln“, sagte Skibbe über die erste Phase. Da profitierte Bayer 04 von schweren Fehlern der unsortierten Bielefelder Abwehr und kam zu drei großen Chancen, die Sergej Barbarez vergab. Allerdings traf der Leverkusener Stürmer dabei keinmal das Tor, auch nicht, als er Torwart Matthias Hain schon umspielt hatte (6.). Das war Leverkusens größte Torchance, denn Barbarez' Kollegen machten es nicht besser. Der offizielle Statistikbogen wies in der Kategorie „Schüsse auf das Tor“ für Bayer 04 eine Null aus - womit der Leverkusener Anteil an dem torlosen Langweiler statistisch sauber begründet wäre.


    Der zweite Leverkusener Stürmer, der nicht aufs Tor schoss, war Stefan Kießling. Trainer Skibbe hatte noch am Donnerstag erklärt, ein Platz in der Startelf für den 21-Jährigen sei „gegenüber den anderen nicht zu rechtfertigen“. Doch Andrej Woronin hatte den Trainer beim 1:2 im Uefa-Pokal kämpferisch und läuferisch nicht überzeugt. Also erhielt Kießling seine Chance und erfüllte Skibbes Erwartungen und Befürchtungen: Kämpferisch und läuferisch einwandfrei, aber fußballerisch noch nicht reif für die Startelf einer ambitionierten Bundesliga-Mannschaft. „Er hat toll gefightet in der Anfangsphase. Da hatte er tolle Szenen. Er hat einen Schritt nach vorn bei uns gemacht und ich bin mit der Leistung so weit ganz zufrieden“, verteidigte Skibbe den U-21-Nationalspieler. „Für mich war das ein Schritt nach vorn“, fand Kießling.


    Bielefelds Offensivabteilung brachte im Gegensatz zu Leverkusen immerhin fünf Bälle auf das Tor, die Torwart Hans-Jörg Butt alle sicher parierte. „Letztendlich müssen wir mit dem Punkt zufrieden sein. Er hilft uns weiter“, sagte Skibbe, der nach vier englischen Wochen über die Pause bis zur Partie am Freitag gegen Hertha BSC froh ist: „Wir haben Zeit zum Wundenlecken.“ Skibbe wird erneut umstellen müssen: Karim Haggui, der Ahmed Madouni vertrat, sah eine unberechtigte Gelbe Karte und ist gesperrt, weil es für ihn die fünfte Verwarnung der Saison war. Den Kräfteverschleiß führte auch Bernd Schneider an. „Es war heute eine Willensfrage. Spielerisch waren nur die ersten 15 Minuten gut. Man sieht, dass die Akkus immer leerer werden“, sagte Schneider, für den es im Kalenderjahr 2006 das 53. Spiel war.


    KStA

    John Goldsberry verleiht dem Spiel nach seiner Verletzung neue Impulse.


    Wie gut, dass Nürnberg und Gießen weiterhin souverän und konstant in der Basketball-Bundesliga nicht punkten. So haben die Bayer Giants immer noch sechs Zähler Abstand auf einen Abstiegsplatz. Klingt beruhigend. Aber - war da nicht zu Saisonbeginn die Zielsetzung, in die Playoffs zu kommen? Nun gut, die Optimisten sagen beim Blick auf die Tabelle, dass es zu Platz acht ebenfalls nur sechs Punkte sind. Ebenfalls richtig. Nur: Angesichts des 87:94 (41:45) am Sonntag gegen die EWE Baskets Oldenburg sollten die Leverkusener sich erstmal darauf konzentrieren, den Abstand nach unten zu wahren. Der Blick nach oben wäre zur Zeit vermessen. Auch gegen Oldenburg kassierten die Giants vor 2750 Zuschauern wieder über 90 Punkte, darunter gleich zwölf Dreier. So rappelte es in einer ganz wichtigen Phase im zweiten Viertel, als die Gastgeber auf 30:22 davongezogen waren, innerhalb von knapp zwei Minuten gleich vier Mal aus der Distanz. Immer waren die Verteidiger zu weit weg von ihren Gegnern oder hatten die Arme nicht zum Stören des Wurfes erhoben. Dazu kamen noch einige ganz blöde, den Gegner wunderbar aufbauende Ballverluste und schon lag Oldenburg mit 45:37 vorn. Hoffnung keimte bei den Bayer-Fans noch mal im dritten Viertel auf, als Brandon Woudstra endlich seine ersten Dreier traf und sein Team mit 58:57 nach vorn brachte. Die Antwort der Gäste folgte aber prompt: Doron Perkins versenkte ebenfalls zwei Distanzwürfe und schon lag Oldenburg wieder in Führung. Was man den Leverkusenern nicht vorwerfen konnte, war, dass sie es nicht versucht hätten. Aber wie es manchmal so ist: Da baut man etwas mühsam auf und haut es kurz danach mit dem eigenen Hintern wieder um. Vertretend für das menschliche Hinterteil waren dieses Mal mehrere vergebene Korbleger und Ballverluste an der Mittellinie. Und diese Punkte verhinderten auch einen Erfolg der Giants, die mehrfach auf wenige Zähler herankamen, um sich dann selbst zu bestrafen. Ob dies mit dem angeschlagenen Selbstbewusstsein begründet werden kann, müssen andere beurteilen. Es gibt aber auch Positives: John Goldsberry feierte sein Comeback und zeigte dabei auch, wie wertvoll er für sein Team sein kann. Allerdings konnte auch Goldsberry nicht verhindern, dass sein Pendant Adrian Penland allenfalls wieder eine Mitläufer-Funktion übernahm und noch weniger hatte er Einfluss darauf, dass Nate Fox momentan nur noch ein Schatten seiner selbst ist. Symptomatisch für die Verfassung des Kapitäns eine Szene aus dem letzten Viertel: Fox versuchte einen Dreier anzusetzen, dabei rutschte ihm der Ball beim Hochnehmen aus den Händen und flog rückwärts über ihn hinweg ins Aus. Allerdings war auch nicht so recht nachzuvollziehen, warum Fox in der Schlussphase einige Zeit auf dem Feld stand und Derrick Allen auf der Bank saß. So kann man keine Spiele gewinnen.


    Giants: Woudstra (13 Punkte / 50 Prozent Trefferquote / 3 Rebounds / 3 Assists /0 Steals / 2 Ballverluste / 26:35 Minuten Spielzeit), Geib (8 / 40 / 0 / 0 / 1 / 3 / 18:14), Goldsberry (8 / 100 / 4 / 3 / 5 / 2 / 20:06), Newson (10 / 23 / 8 / 5 / 0 / 2 / 34:57), Martin n.e., Allen (21 / 72 / 12 / 0 / 0 / 2 / 27:24), Penland (9 / 37 / 1 / 4 / 0 / 3 / 20:08), Fox (4 / 20 / 7 / 0 / 1 / 4 / 17:46), Taylor (14 / 38 / 8 / 2 / 0 / 1 / 34:50).


    KStA

    Mittelfeldspieler Deniz Naki glänzt als Vorbereiter und zweifacher Torschütze.


    Dennis Schmidt war mit Sicherheit der Spieler des Wochenendes bei Bayer Leverkusen. Maßgeblich bereits am 2:0-Sieg der Amateure in der Regionalliga beteiligt, gelang ihm der entscheidende Treffer im A-Junioren-Bundesliga Topspiel gegen Borussia Dortmund.


    Der Mann des Spiels war beim 5:1 (3:1) jedoch jemand anderes. Dank einer überragenden Leistung von Deniz Naki konnte Trainer Thomas Hörster bereits zur Pause sicher sein, dass seine U-19-Fußballer Herbstmeister werden. Dabei verschlief Bayer die Anfangsphase komplett. Erst eine Großchance der Dortmunder weckte die Leverkusener auf. Anschließend riskierten die Gastgeber mehr und einen schönen Pass von Marcel Risse verwertete Naki entschlossen zur Führung (13.). Aus ähnlicher Position gelang dem offensiven Mittelfeldspieler dann sein zweites Tor (22.). Diesmal leistete der ebenfalls starke Abdulla Keseroglu die Vorarbeit. Aus dem Nichts kam Dortmund zum Anschluss per Strafstoß (38.). „In dieser Phase hatte ich die Befürchtung, dass die Gesetze des Jugendfußballs eintreten“, erklärte Trainer Thomas Hörster. Zu oft hatte er in der vergangenen Saison erlebt, dass eine Führung fahrlässig wieder hergegeben wurde. Ein Phänomen, welches im Jugendfußball eben sehr oft auftritt. „Doch die Jungs haben das natürlich sehr gut gelöst“, sagte der Coach erleichtert. Direkt im Anschluss war seine Elf bereits wieder im Sechzehner des Gegners. Naki hatte dabei den Ball schon vertändelt, erkämpfte ihn sich zurück und legte mit viel Übersicht auf Dennis Schmidt ab. Der Kapitän brauchte nur noch einzuschieben und war später überglücklich: „Das war ein tolles Wochenende für mich. Bei der U 21 hatte mir Kevin Kratz noch das Tor geklaut. Daher ist es umso schöner, das es heute geklappt hat“, sagte der Torjäger.


    Der zweite Abschnitt war nur noch Schaulaufen. Marcel Risse mit einer feinen Einzelaktion (78.) und Alexander Hettich (85.), nach toller Vorarbeit von Fabian Nowak, erhöhten. Am liebsten würde Thomas Hörster mit dieser Elf bis zum Saisonende weiterspielen, vermutlich war es aber das letzte Mal, dass diese Formation in der A-Junioren-Bundesliga auflief. „Wir werden bestimmt ein, zwei Spieler nach oben abgeben“, sagte der Coach. Einer davon wird wohl Dennis Schmidt sein. Der Kapitän befand nach dem Abpfiff: „Ich traue dieser Mannschaft zu, dass sie auch zukünftig um den Titel mitspielt.“ Eventuell wird eine Lösung gefunden, dass er auch weiter bei wichtigen Partien für die A-Junioren bereit steht. Denn Schmidt meinte auch: „Ich bin zwar jetzt müde, aber die Doppelbelastung hat mir nicht viel ausgemacht. Es macht einfach Spaß, in dieser Mannschaft zu spielen.“ Wie auch immer es in der Rückrunde weitergeht, die A-Junioren von Bayer 04 werden sich noch lange an diese nahezu perfekte Halbserie erinnern.


    Bayer U19: Hohs, Kaptan, Lakicevic (53. Oczipka), Reinartz, Hegeler, Keseroglu, Risse, Naki (80. Nowak), Selmani, Schmidt (74. Hettich), Petersch.


    KStA

    Die B-Junioren von Bayer 04 bestätigten in der Regionalliga West die gute Form der letzten Wochen. Beim 4:1 (2:0)-Erfolg im Auswärtsspiel gegen die SG Wattenscheid 09 konnte vor allem Henning Sauerbier überzeugen. Der Nationalstürmer bereitete die Treffer von Richard Sukuta (20.) und Niklas Schilling (26.) vor.
    Nach dem Wechsel erhöhte Burak Kaplan (55.) und auch ein Gegentreffer (70.) brachte die U-17-Fußballer nicht mehr vom eingeschlagenen Kurs ab. Der eingewechselte Patrick Koronkiewicz traf nach schöner Vorarbeit von Sukuta zum Endstand. Neben Sauerbier verdienten sich noch Kevin Kampl und Schilling Bestnoten. Nach einer Achterbahnfahrt steht die Elf von Markus von Ahlen zum Abschluss der Hinrunde auf dem vierten Tabellenplatz. Am nächsten Wochenende beginnt nun die Rückrunde mit einem Heimspiel gegen Bielefeld.


    Bayer 04 U17: Giefer, Eichmeier, Hermsen, Petsos, Leikauf, Teixeira, Kampl, Kaplan, Sauerbier (63. Koronkiewicz), Sukuta (76. Kreyer), Schilling (68. Wycisk).


    KStA

    Eric Domaschke: überragend


    Im Duell Stürmer gegen Torwart unbezwingbar.


    Giovanni Cannata: schwach


    Viele Fehler im Abwehrverhalten.


    Thomas Hübener: stark


    Übersichtlicher Abwehrchef.


    Marius Schultens: stark


    Zweikampfstark und souverän


    Assimiou Touré: schwach


    Häufige Stellungsfehler.


    Fabian Hergesell: schwach


    Nicht nur wegen der Gelb-Rot-Gefahr zurecht ausgewechselt.


    Ali Camdali: mäßig


    Schlimme erste Hälfte, später besser.


    Kevin Kratz: durchschnittlich


    Erzielte die Führung, ansonsten unauffällig.


    Rachid Tiberkanine: schwach


    Konnte wenig Akzente setzen.


    M. Lartey: durchschnittlich


    Engagiert, aber glücklos


    Josip Tadic: mäßig


    Hatte kaum gute Szenen.


    Tevfik Köse: durchschnittlich


    Hatte seine beste Szene beim Tor.


    Dennis Schmidt: überragend


    Bereitete beide Treffer vor und war ein stetiger Unruheherd.


    KStA

    Der eingewechselte von Dennis Schmidt ist an
    beiden Toren beteiligt.


    Die Regionalliga-Fußballer von Bayer II leben in dieser Saison nicht, sie überleben. Bei einem Unentschieden oder einer Niederlage gegen Borussia Dortmund II wäre der Abstand auf den erstrebten 14 Rang mit sechs Punkten recht unüberschaubar geworden. Durch den 2:0 (0:0)-Sieg regiert nun wieder die Hoffnung auf den Klassenverbleib.


    Dabei änderte die Mannschaft von Ulf Kirsten ihre Taktik. Diesmal spielte sie schlecht, holte am Ende jedoch drei wichtige Punkte. Sehr oft lief es in dieser Saison genau andersherum. „Wir waren nicht das bessere Team und ließen zu viele Chancen zu“, erklärte Kirsten anschließend. Vor allem Dortmunds Kosi Saka vergab Tormöglichkeiten am Fließband. Auch der beste Torschütze der Gäste, Sahr Senesie, scheiterte regelmäßig am überragenden Leverkusener Keeper Eric Domaschke. In den häufig auftretenden eins zu eins Situationen behielt der Torwart konstant die Nerven. Es mag überraschen, dass Kirsten trotzdem seinen Innenverteidigern ein gutes Spiel bescheinigte: „Thomas Hübener und Marius Schultens zeigten eine gute Partie.“ Doch es waren in der Tat die Außenverteidiger, die durch taktisches Ungeschick die Chancen ermöglichten. Fabian Hergesell, der zur Pause wegen Gelb-Rot-Gefahr ausgewechselt wurde, und Assimiou Touré sowie später Giovanni Cannata zeigten schwache Leistungen. Auch die defensiven Mittelfeldspieler Kevin Kratz und Ali Camdali hatten schon deutlich besser Auftritte. „Wir standen insgesamt nicht sonderlich kompakt“, sagte Kirsten.


    Seine Entscheidung, bereits zur Pause Dennis Schmidt einzuwechseln, entwickelte sich zur spielentscheidenden Maßnahme. Der Stürmer erzielte zwar kein eigenes Tor, war jedoch an beiden Treffern maßgeblich beteiligt. Zunächst sprang ihm im Sechzehner der Ball nach einem Pass wieder vom Fuß. Schmidts Naturell verbietet es ihm aber, diese Situation abzuhacken. Er geht immer jedem Ball entschlossen hinterher. Auch in diesem Fall, als die Dortmunder das Spielgerät nicht wegschlugen. Allerdings erkannte auch Kevin Kratz die Situation und klaute Schmidt das Tor (79.). Die Gäste agierten nun zwangsläufig offensiver und so ergaben sich Konterchancen. Schmidt setzte mit einem Zauberpass Tevfik Köse in Szene, der im Nachschuss die Entscheidung markierte (87.).


    Der Überlebenskampf in der Regionalliga-Nord darf also für Bayer II weitergehen. Es folgt ein Heimspiel gegen den VfB Lübeck. Sollte hier auch ein Sieg gelingen, könnte die anschließende Winterpause überraschend entspannt genossen werden.


    Bayer Leverkusen II: Domaschke, Touré, Schultens, Hübener, Hergesell (46. D. Schmidt) Cannata, Camdali, Kratz, Tiberkanine (60. Lartey) Tadic, Köse (88. Mies).- Borussia Dortmund II: Samulewicz, Hillenbrand, M. Heitmeier (88. Rammel), Hünemeier, Kohlmann (57. Zejnullahu), Solga, (71. A. Heitmeier), Gordon, Parensen, Akgün, Senesie, Saka. - Schiedsrichter: Borsch (Mönchengladbach). - Zuschauer: 250.- Tore: 1:0 Kratz (79.), 2:0 Köse (87.).


    KStA

    In der Meisterschaft trifft das Kuczmann-Team am Sonntag auf Oldenburg.


    Schuld ist Adi Zaar! Ganz klar. Hätte der Betreuer der Bayer Giants wenigstens den Akteuren aus der Starting-Five vor dem Pokalspiel in Bremerhaven am Mittwochabend mit einer Pressluft-Fanfare in die Ohren getrötet, wären die Jungs zwar taub, dafür aber hellwach gewesen. Und dann wäre sicherlich das erste Viertel nicht so in die Hosen gegangen, wie es bei der 80:91 (36:49)-Pleite bei den Eisbären der Fall war. 26:12 hieß es nach zehn Minuten für die Gastgeber. Dies ist noch nicht einmal so erwähnenswert, kommen die Giants doch häufiger schlecht aus den Startlöchern und 14 Punkte bedeuten bekanntermaßen im Basketball längst keinen unaufholbaren Rückstand mehr. Vor allem nicht bei noch 30 zu spielenden Minuten.


    Was viel bedenklicher stimmte, war das Reboundverhalten der Leverkusener. Mickrige vier Mal sammelten die Schützlinge von Achim Kuczmann die abprallenden Würfe ein, der Gegner holte im selben Zeitraum schon 12 Rebounds. Die Giants waren schlichtweg nicht da. Zwar sollte sich dies im Laufe der Partie ändern, doch umbiegen konnte Leverkusen das Spiel nicht mehr. Maximal bis auf vier Zähler (51:55) verkürzten die Gäste, doch das war es dann auch. Dass es wieder nicht zu einem Erfolg reichte, lag unter anderem erneut daran, dass der Gegner zu viele einfache Körbe machen durfte (42 Punkte aus der Nahdistanz), während in der eigenen Offense mehrere Ausfälle (Fox, Penland) zu beklagen waren. Zwar zeigte Gordon Geib eine bärenstarke Leistung (fünf Dreier, starke Defense), doch reichte die Vorstellung des Deutschen nicht aus, seine Mannschaft ins Achtelfinale zu bugsieren.


    Viel wichtiger erscheint aber sowieso endlich wieder ein Sieg in der Bundesliga. Vielleicht schon am Sonntag (16 Uhr, Dopatka-Halle)? Die EWE Baskets Oldenburg stehen punktgleich mit den Giants in der Tabelle da, haben sich aber nach einem ganz schlechten Start mittlerweile wieder gefangen und sind auf dem Weg nach oben. Ganz anders dagegen Leverkusen, das sich in die entgegengesetzte Richtung bewegt. Also warnt Giants-Coach Achim Kuczmann schon mal vor dem Gegner. „Oldenburg ist besser als es der Tabellenstand vermuten lässt. Das wird ein ganz schweres Spiel für uns“, so Kuczmann. Aber ist nicht zur Zeit jede Begegnung schwer für die Giants? In die Verantwortung will der Bayer-Trainer nun verstärkt Akteure wie Adrian Penland nehmen. „Er muss mehr zeigen, keine Frage. Wir wissen, dass er Verantwortung übernehmen und eine Mannschaft führen kann.“


    Ähnliches müsste für Nate Fox gelten, der in der Offense bislang deutlich hinter seinen Werten aus dem letzten Jahr hinterher hinkt. Die einzige Konstante im Angriff bildet seit Wochen Jared Newson. Alle anderen unterliegen (zu) großen Schwankungen. In der Verteidigung sieht es nicht besser aus. Nur Artland (879 Punkte in elf Spielen und Ulm (985 / 12) haben mehr Punkte kassiert als die Giants (878 / 11). Es muss also etwas passieren, wollen die Leverkusener den Trend stoppen und endlich wieder ein Erfolgserlebnis feiern. Denn nur auf die Rückkehr von John Goldsberry zu warten oder hoffen, wäre fatal.


    KStA

    Vor der Regionalliga-Partie gegen Borussia Dortmund II tanken Köse, Lartey und Schmidt Selbstvertrauen.


    Es kann vorübergehend Entwarnung gegeben werden: Die Fußballer des Regionalligisten Bayer 04 Leverkusen wissen noch, wo das Tor steht. In der dritten Runde des Mittelrhein-Pokals schlägt die Elf von Ulf Kirsten den Landesligisten FC Hennef 05 mit 4:1 (1:1). Hierbei soll allerdings nicht verschwiegen werden, dass die Gäste aus Leverkusen zunächst zurücklagen (10.) und für den Ausgleich die Hilfe des krassen Außenseiters benötigten. Ein Freistoß von Igor Bendovskyi, der nur für die Regionalliga gesperrt ist, wurde von einem Hennefer ins eigene Tor gelenkt (42.). Co-Trainer Dirk Dreher meinte jedoch: „Tevfik Köse hätte den Ball wohl auch versenkt, da er direkt hinter dem Gegenspieler stand.“ Bei der aktuellen Stürmermisere der Bayer-Elf sind Eigentore allerdings gern gesehene Geschenke. Zudem mussten die Leverkusener auch erkennen, dass der Landesligist zumindest in der ersten Hälfte durchaus mithalten konnte. „Das Unentschieden zur Pause war ein gerechtes Resultat“, erklärte Dreher. Als der Druck der Blamage etwas abgeschwächt war, lief es wesentlich besser für den Favoriten. Nach Flanke von Mohammed Lartey köpfte Köse die Führung und Lartey selber erzielte das 3:1. Besonders für den offensiven Mittelfeldmann könnte der Torerfolg ein Schritt nach vorne sein. Immer wieder warfen ihn Verletzungen zurück. Seine zuweilen etwas lethargische Spielweise führte dann dazu, dass er regelmäßig früh ausgewechselt oder erst spät eingewechselt wurde. Auch im vergangenen Regionalliga-Spiel beim Wuppertaler SV blieb er hinter den Erwartungen zurück. Die Verantwortlichen bei Bayer werden hoffen, dass er in der Rückrunde zu alter Form findet. Die Leistung in Hennef ließ zumindest vermuten, dass er fußballerisch nicht alles verlernt hat.


    In der Schlussphase konnte sich Trainer Ulf Kirsten dann sogar über den dritten Treffer eines Angreifers freuen. Dennis Schmidt stellte den Endstand her.


    Somit holten sich die Abstiegsbedrohten das erhoffte Selbstvertrauen vor dem Duell gegen die Amateure von Borussia Dortmund im Haberland-Stadion (Samstag, 14 Uhr). Trainer sprechen vor solchen Duellen gerne von Sechs-Punkte-Spielen. Natürlich ein Irrglaube, da der DFB bisher nur drei Zähler pro Sieg verteilt. In dieser Begegnung geht es für Bayer II jedoch tatsächlich um mehr als nur drei Punkte.


    Mit einem Erfolg am Samstag könnten sie in der Tabelle am direkten Konkurrenten Borussia Dortmundern vorbeiziehen. Ein nicht ganz unrealistisches Ziel, wie Dreher formuliert: „Die Borussen haben in dieser Saison ganz ähnliche Probleme wie wir.“ Allerdings haben die Gäste auch einen Vorteil. Sie verfügen über einen treffsicheren Angreifer. Während Bayer II zumindest in der Unentschieden-Tabelle eine Spitzenmannschaft ist, konnte der BVB fünfmal gewinnen. Maßgeblichen Anteil daran hatte Stürmer Sahr Senesie, der bereits achtmal zum Torjubel abdrehen konnte. „Ihn müssen wir irgendwie ausschalten“, betont Dreher. Dies wird unterstrichen durch die Torstatistik der Gäste. Senesie erzielte die Hälfte aller Dortmunder Treffer. Kurios könnte das Wochenende derweil für Bayer-Stürmer Dennis Schmidt verlaufen. Wenn er Samstag in der Regionalliga auftritt und Sonntag in der A-Junioren-Bundesliga spielt, würde er innerhalb von 24 Stunden zweimal gegen Borussia Dortmund eingesetzt. Ulf Kirsten und Thomas Hörster werden hoffen, dass Schmidt gelb und schwarz zukünftig zu seinen Lieblingsfarben erklärt.


    KStA

    Trainer Thomas Hörster kann auf seinen kompletten Kader zurückgreifen.


    Es ist angerichtet. Wenn die U-19-Fußballer von Bayer 04 im Haberland-Stadion die Talente von Borussia Dortmund empfangen (Sonntag, 11 Uhr), wird ermittelt, wer denn nun die beste Mannschaft in der A-Junioren-Bundesliga West stellt. Um als führendes Team in die Rückrunde zu starten, benötigen die Leverkusener einen Sieg. Von daher reicht Trainer Thomas Hörster ein Unentschieden nicht: „Wir haben bewiesen, dass wir da oben hingehören. Es ist klar, dass wir alles daransetzen um zu gewinnen.“ Nachdem er hauptsächlich auf der linken Mittelfeldseite und in der Innenverteidigung viel experimentierte, ist dieses Spitzenduell eine gute Gelegenheit zu testen, ob seine Wunschelf auch funktioniert. Jens Hegeler machte dabei in der Abwehrkette das Rennen und Slobodan Lakicevic genießt das Vertrauen auf der linken Offensivseite. Aus Hörsters Stamm-Elf sind alle Spieler einsatzfähig.


    Zudem darf Stürmer Dennis Schmidt nach seiner fünften Gelben Karte wieder auflaufen. Der treffsicherste Stürmer der Liga kann sich also gegen eine der besten Hintermannschaften beweisen. „Die Abwehrkette der Borussen ist ihr Prunkstück. Trotzdem würde ich keinen meiner Spieler gegen einen Dortmunder eintauschen wollen“, sagt Hörster. Sebastian Tyrala wäre wohl so ein Spieler, der den Unterschied ausmachen könnte, dieser steht allerdings bereits im Kader der Amateure und wird eventuell einen Tag vorher im Haberland-Stadion seine Runden drehen. Über zumindest einen großen Namen verfügen die BVB-A-Junioren dann aber doch. Marco Rummenigge, Sohn von Michael Rummenigge, verwaltet das defensive Mittelfeld beim BVB. Er wird vermutlich versuchen, die Kreise von Deniz Naki einzuschränken. Ein Duell, welches besonders interessant werden könnte. Der Vergleich der beiden besten A-Junioren-Teams im Westen der Republik verspricht auf jeden Fall fußballerischen Hochgenuss. Die Hörster-Elf könnte eine bisher sehr gute Saison veredeln und sich bis zum nächsten Jahr an der Tabellenführung erfreuen.


    KStA

    Ingo Wollenberg, 36, ist Deutschlands einziger Kopfballtrainer. Er betreut den Nachwuchs von Bayer Leverkusen, wo er mit den Profis trainierte, aber nie spielen durfte. Eines aber konnte er besser als die anderen: Köpfen. Im "RUND"-Interview verrät er seine Tricks.


    Frage: Herr Wollenberg, woran erkennen Sie einen guten Kopfballspieler?


    Wollenberg: Ein guter Kopfballspieler kennt keine Angst. Überhaupt keine Angst. Er muss mit vollem Risiko in den Ball reingehen, ob er ihn trifft oder nicht. Das ist Grundvoraussetzung.


    Frage: Sie versuchen den Jungs die Angst zu nehmen?


    Wollenberg: Ja, das muss man üben. Manchmal mache ich Schweinetraining, da verlieren die Spieler ganz schnell ihre Angst. Die kommen oft auf den Platz mit Gel in den Haaren, gestylt von oben bis unten. Dann nehme ich den Matsch vom Rasen, schmiere ihn den Jungs in die Haare und sage: So, und jetzt zack!


    Frage: Klingt brachial. Worauf kommt es technisch an?


    Wollenberg: Als Fußballspieler muss ich den Ball möglichst immer vorne mit der Stirnplatte treffen, nicht mit der Seite. Nur so kann man gut kontrollieren, wohin er geht. Bei Kopfbällen mit der Stirn kann man auch immer die Augen auflassen und bis zum letzten Moment genau schauen, wohin der Ball muss.


    Frage: Bevor es so weit kommt, muss man die Flugbahn vor dem Gegenspieler erkennen, damit man zuerst an der richtigen Stelle steht. Wie früh kann man das sehen?


    Wollenberg: Das sieht man normalerweise an den ersten zwei Metern der Flugbahn des Balls. Das sind Hundertstelsekunden. Ein guter Kopfballspieler kann das. Das ist auch eine Frage von Intelligenz.


    Frage: Brummt den Jungs der Schädel, wenn Sie mit ihnen fertig sind?


    Wollenberg: Brummen nicht, das ist wie Muskelkater in der Stirn. Da sind ja auch überall Muskeln, und wenn man das wochenlang macht, spürt man gar nichts mehr.


    Frage: Es fällt auf, dass die Flanken in der Bundesliga oft ein erschreckendes Niveau haben. Woran liegt das?


    Wollenberg: Gute Frage. Vielleicht wird es zu wenig trainiert. Aber mit Flanken ist das so ähnlich wie mit dem Kopfball. Es gibt einfach Leute, die das können, und andere, die können üben, üben, üben bis zum Umfallen, und es wird trotzdem nichts.


    Frage: Ist der frühere Dortmunder Stürmer Jan Koller so einer, der es nicht kann? Seine Größe von 2,02 Metern hat ihm enorme Vorteile verschafft, seine Kopfbälle aufs Tor wirkten aber oft kläglich.

    Wollenberg: Manche Spieler bekommen die Bewegungen vom Körperbau nicht so gut hin. Koller kann von der Statur her nicht druckvoll köpfen. Es liegt schon irgendwo in den Genen, ob man das kann oder nicht.


    Frage: Sie sind Deutschlands einziger Kopfballtrainer. Woher nehmen Sie die Ideen für Ihre Übungen?


    Wollenberg: Im Osten wurde früher sehr intensiv Kopfball trainiert. Die standen jeden Tag am Pendel, davon profitiert beispielsweise auch Michael Ballack. Als die Mauer dann gefallen war, hat man die Pendel fast überall abgebaut, auch im Westen. Erst in den letzten Jahren trainiert man wieder mehr mit dem Gerät, ich arbeite sehr viel am Pendel.


    Frage: Ein Phänomen ist Miroslav Klose. Der hat in seinen ersten Bundesligajahren in Kaiserslautern und in der Nationalmannschaft Kopfballtore am Fließband gemacht, er wurde dafür sogar verspottet. Dann ging er nach Bremen und traf plötzlich nur noch mit dem Fuß. Jetzt köpft er auch wieder Tore. Wie kann man das erklären?


    Wollenberg: Es kommt eben auf die Mitspieler an, und das sind in Bremen andere als in Kaiserslautern. Bei uns hier im Jugendbereich ist das Gefüge nicht sehr günstig für den Kopfballspieler. Es wird mehr spielerisch gemacht. Früher hieß es immer, man müsse zur Grundlinie kommen und flanken. Heute ist alles mehr auf das Fußballerische ausgerichtet, da sind mehr Spieler dabei, die einfach keine Schweine sind. Du musst ein Schwein sein, wenn du da vorne reinmarschierst.


    Die Fragen stellte Daniel Theweleit


    GEFUNDEN IN ...


    RUND – das Fußballmagazin
    Ausgabe 12/06


    [URL=http://www.spiegel.de/sport/fussball/0,1518,450145,00.html]spiegel.de[/URL]

    VON CHRISTIAN OEYNHAUSEN


    Man sollte nicht unterschätzen, welche Fortschritte Bayer 04 Leverkusen auf seinem Weg in die Bedeutungslosigkeit in den letzten zwei Jahren gelungen sind. Bundesweit interessiert am erneuten Blindflug des Werksklubs durch den Uefa-Cup nur noch das Rumänien-Problem und damit die Fünfjahreswertung: Da hat das Skibbe-Team am Mittwoch bei Dinamo Bukarest die Chance vergeben, Deutschlands hartnäckigen Verfolger Rumänien auf Distanz zu halten. Das 1:2 könnte mit ausschlaggebend dafür sein, dass der deutsche Fußball von 2008 an nur noch den Meister in die Champions League schicken darf - der Vize müsste in die Qualifikation. Da steht viel Geld auf dem Spiel.
    Die deutsche Konkurrenz allerdings sollte sich mit Vorwürfen in Richtung Leverkusen zurückhalten. Wie der Name schon sagt: Die Uefa-Wertung bildet die letzten fünf Jahre ab. Die waren eben eher mager. Es gibt zwei Lösungs-Möglichkeiten: Besser Fußball spielen oder den Modus der Fünfjahreswertung so ändern, dass nicht kleine Länder vom Rande Europas die Pfründe der Reichen attackieren können. Kein Wunder also, dass die Kritik an den angeblichen und echten Schwächen des Wertungssystems vor allem aus Deutschland ertönt.


    KStA

    Die tiefen Furchen, die die Niederlage in Bukarest am Mittwochabend in Michael Skibbes Stirn gegraben hatten, waren am Morgen danach nicht mehr zu sehen. Aber in den Worten des Trainers von Bayer 04 Leverkusen Klang eine Menge Frust und Enttäuschung mit. Erstmals räumte mit Skibbe ein Leverkusener Offizieller Defizite in der Personalplanung ein: „Wir haben unsere Abwehr nach den Abgängen von Jens Nowotny und Clemens Fritz nicht neu strukturiert bekommen. Wir machen immer wieder die gleichen Fehler und leisten Schützenhilfe bei Gegentoren“, sagte der Trainer. Besonders Ahmed Madouni durfte sich angesprochen fühlen. Der Verteidiger hatte mit einem schweren Fehlpass den Ausgleich für Bukarest vorbereitet, der die Wende im Spiel brachte. „Mangelnde Konzentration“ und „Nachlässigkeiten“ prangerte Skibbe an: „Das ist nicht das internationale Niveau. Wenn das bis zum Winter so weitergeht, werden wir in der Bundesliga Probleme bekommen und im Uefa-Cup sicher ausscheiden“, sagte der Coach nach dem 1:2 bei Dinamo Bukarest.


    Die Welt der Wünsche


    Dass Letzteres noch nicht passiert ist, liegt am milden Modus der Gruppenphase: Mit nur einem Sieg aus vier Spielen, nämlich gegen Besiktas Istanbul am 14. Dezember, könnte Leverkusen noch die Runde der letzten 32 Teams erreichen. „Es ist besser, dass wir gegen Besiktas gewinnen müssen. Wir können sowieso nicht auf Unentschieden spielen“, sagte Mittelfeldspieler Simon Rolfes.


    Am Samstag muss Leverkusen zunächst wieder in der Bundesliga antreten. Die Personalprobleme reisen mit nach Bielefeld. In der Schüco-Arena werden weiter Kapitän Ramelow und Mittelfeldspieler Tranquillo Barnetta fehlen. Marko Babic hat sich in Bukarest leicht verletzt und könnte ausfallen. Leverkusens Verantwortliche rechnen zu diesem Trio noch den langzeitabwesenden Roque Junior und den seit Monaten verletzen Alexander Meyer hinzu, um mit Verletzungspech zu argumentieren. In der Tat versuchte Skibbe am Mittwoch erneut, eine Rückkehr Meyers als Ansatz einer Lösung zu verkaufen - ein 23 Jahre junger Mann mit der Erfahrung von 25 Bundesligaspielen bei Absteiger MSV Duisburg.


    Manchmal wirkt die Präsentation möglicher Heilsbringer bei Leverkusen etwas herbeigewünscht. Auch die Wintertransfers des letzten Jahres, Michal Papadopulos und Fredrik Stenman, trabten eine Weile als Hoffnungsträger über den Trainingsplatz, ehe sie sich als Mitläufer herausstellten. Immer wieder muss Skibbe die Transfer-Irrungen der sportlichen Leitung unter Rudi Völler in Taktik und Ergebnisse umsetzen. Er tut es glücklos, aber tapfer: „Mehr ist finanziell nicht drin“, sagte der Trainer am Donnerstag auf die Frage nach Verstärkungen.


    Leverkusens Mängelliste umfasst nicht nur die Abwehr. Aber im Sturm sieht Skibbe „keinen Handlungsbedarf“, obwohl in Bukarest sowohl Andrej Woronin als auch Stefan Kießling erneut schwach spielten. „Dinamo war nicht viel besser, aber sie haben wenigstens einen Angriff“, sagte Leverkusens Ex-Profi Ioan Lupescu, jetzt Generalsekretär des rumänischen Fußballverbandes. Claudiu Nicolescu nutzte die Leverkusener Abwehr- und Organisationsprobleme zu zwei Treffern und erhöhte sein Konto im laufenden Wettbewerb inklusive Qualifikation auf zehn. Leverkusens gesamte Mannschaft hat im Uefa-Cup erst fünfmal getroffen. „Die Chancenverwertung ist derzeit unser Problem“, sagte Sportchef Rudi Völler, der sogar fand: „Bis zum Strafraum machen wir ein gutes Spiel.“ So viel gute Miene zum schwachen Spiel ging sogar Skibbe zu weit. „Andrej hat nur zwei, drei Bälle berührt und sofort verloren“, schimpfte Skibbe über Woronin.


    KStA

    VON KERSTIN THESING


    Bayer Leverkusen hat ein Problem. Nein. Wenn man ganz ehrlich ist, hat Bayer Leverkusen gleich mehrere Probleme. Die Mannschaft kommt in dieser Saison nicht auf die Beine. In der Bundesliga ist sie Mittelmaß, im DFB-Pokal ausgeschieden. Das selbe Schicksal droht im Uefa-Cup.
    Die Gründe sind vielfältig. Da wäre zum einen die Besetzung des Kaders. Sportdirektor Rudi Völler und Manager Michael Reschke haben es nicht geschafft, die Abgänge von Jens Nowotny, Clemens Fritz und Dimitar Berbatov zu kompensieren. Stefan Kießling ist noch nicht so weit, um einen Berbatov im besten Alter zu ersetzen. Ein rechter Verteidiger wurde erst gar nicht verpflichtet, was wiederum dazu führte, dass Neuzugang Karim Haggui, eigentlich Innenverteidiger, auf der ungeliebten Position spielen musste. Er tat dies schlecht und wurde dadurch dermaßen verunsichert, dass er inzwischen auch als Innenverteidiger nur noch Ersatz ist.


    In Ermangelung von Verteidigern müssen in der Abwehr ständig gelernte Mittelfeldakteure aushelfen, die kaum für Stabilität sorgen. In allen Mannschaftsteilen herrscht auch aufgrund von Verletzungen pausenlose Rotation. Und dennoch könnte Bayer besser dastehen, wenn wenigstens der Einsatz stimmen würde. Hier kommt Michael Skibbe ins Spiel. Es ehrt den Trainer, dass er sich allzeit loyal vor seine Mannschaft und die sportliche Führung stellt. Vielleicht aber wäre es sinnvoller gewesen, statt der ewigen Schönfärberei die Mannschaft auch öffentlich in die Pflicht zu nehmen. Ganz sicher aber wäre es sinnvoller, nicht alle Hoffnung in die Rückkehr des Langzeitverletzten Alexander Meyer zu setzen, sondern auf Neuzugänge in der Winterpause zu pochen.


    KR

    Michael Skibbe gilt als sehr ausgeglichener Zeitgenosse. Am späten Mittwochabend aber wirkte der Trainer von Bayer 04 Leverkusen hochgradig explosiv. Erst hätte er gegen Ende der 1:2 (1:1)-Pleite im Uefa-Cup-Gruppenspiel bei Dinamo Bukarest fast die gegnerische Bank gestürmt - Grund waren unnötiges Zeitspiel und Provokationen der Dinamo-Profis. Dann erklärte er verärgert: „Es ist uns zum wiederholten Male gelungen, einen Gegner stark zu machen.“ Nach Mitternacht, als die Spieler und auch Sportdirektor Rudi Völler das Büfett im Mannschaftshotel längst verlassen hatten, saß Skibbe mit seinem Stab zusammen und diskutierte mit hochrotem Kopf.
    Die Gründe für die Niederlage werden sie relativ schnell analysiert haben. „Wenn man so viele Fehler im Spielaufbau macht wie wir, dann bleibt nichts als die Niederlage“, schimpfte Skibbe. Nach der Führung durch Sergej Barbarez (20.) hatte noch alles ganz gut ausgesehen, bis Ahmed Madouni vor dem eigenen Strafraum einen unmotivierten Fehlpass spielte und prompt der Ausgleich durch Claudiu Niculescu (36.) fiel. In der 75. Minute war es die Passivität von Gonzalo Castro, Madouni und Juan, die Niculescu seinen vierten Uefa-Cup-Treffer und den Rumänen das Weiterkommen in der Gruppe B bescherte. Das Verrückte an diesem Abend war, dass auch Bayer noch die Möglichkeit hat, im Uefa-Cup zu überwintern. Ein Sieg gegen Besiktas Istanbul am 14. Dezember würde Skibbes Mannschaft in die nächste Runde katapultieren.


    Traurig war das Ganze, weil die Niederlage eben nicht nur Bayer sondern den gesamten deutschen Vereinsfußball schmerzt. In der Uefa-Fünfjahres-Wertung sitzen die Rumänen den Bundesliga-Clubs im Nacken. Der feste zweite Champions-League-Platz in der Saison 2008 / 09 steht auf dem Spiel, nach dieser Pleite mehr denn je. „Der Vereinsfußball ist nicht in der Krise“, stellte Skibbe trotzdem fest, „der HSV und wir schwächeln halt.“ Gegen Istanbul soll das internationale Schwächeln ein Ende haben. „Ich erwarte einen Sieg“, machte Skibbe unmissverständlich klar. Er musste aber auch eingestehen: „Wir spielen derzeit einfach nicht auf internationalem Niveau.“ Erstmals kritisierte der sonst so smarte Trainer seine Spieler in aller Öffentlichkeit, zum Beispiel den zur 46. Minute für Andrey Voronin eingewechselten Stefan Kießling: „Er hat die Bälle nicht halten können. Aber bei Andrey war das in der ersten Hälfte noch viel schlechter. Der hatte nur zwei bis drei Bälle und konnte die auch nicht behaupten.“


    Zum ersten Mal gestand Skibbe auch ein, dass „wir uns von den Abgängen von Clemens Fritz und Jens Nowotny nicht erholt haben.“ Stattdessen spielt neben Juan der ehedem für die Ersatzbank gekaufte Ahmed Madouni in der Innenverteidigung. Auf die Frage, ob dem Algerier vielleicht die Uefa-Cup-Tauglichkeit fehle, konterte Skibbe: „Karim Haggui hatte die Grippe. Ich habe doch keine Alternativen.“ Neuzugänge in der Winterpause mochte Skibbe dennoch nicht fordern. Vielmehr setzt er auf den Langzeitverletzten Alexander Meyer. Der linke Verteidiger kam im Sommer vom MSV Duisburg, laboriert seit dem Sommer aber an einer komplizierten Fußverletzung. Aber das ist Zukunftsmusik. Das nächste Schlüsselspiel steigt schon morgen und in Bielefeld (15.30 Uhr / arena live) müssen es die „bewährten“ Kräfte richten.


    KR

    VON FRANK NÄGELE


    Frank Nägele über die nie beendete Ära Daum beim 1. FC Köln


    Niemand kann behaupten, dass beim 1. FC Köln eine neue Ära begonnen hat, denn die Ära Christoph Daum war nie beendet. Vielen Menschen schien völlig gleichgültig, was der Fußball-Trainer in der Zeit seiner physischen Abwesenheit von ihrem Klub tat, er blieb immer ihr Held, ihre Hoffnung, ihr ganz persönliches Versprechen für eine noch nicht verlorene goldene Zukunft. Dafür haben sie ihm alles verziehen, auch das Schlimmste, das ein Idol des 1. FC Köln tun kann: den Wechsel zu Bayer 04 Leverkusen.


    Im Namen Daum materialisieren sich die seit eineinhalb Jahrzehnten enttäuschten Hoffnungen dieser hingebungsvollen Leidensgemeinde. Für sie ist klar, dass dieser Fußballmensch alles kann, besonders im Zusammenhang mit ihrem Verein. Daums Wiedereintritt in die Atmosphäre des FC hat diesen Wunderglauben noch verstärkt. Aus einer Absage wurde praktisch über Nacht eine Zusage, aus einem Kranken ein Gesunder, aus Depression Jubel. Und aus einer Mannschaft, die in der Liga seit Monaten kein Spiel mehr gewonnen hat, ein Team von Siegern. Alleine durch ein paar Ansprachen, wenige taktische Änderungen, durch fußballerisches Handauflegen sozusagen. Die letzten Zweifel sind verflogen.


    Der Verein hat sich unter großem Beifall vieler, die ihm nahestehen, dazu entschlossen, in Daum die letzte Chance zur Rückkehr in den Kreis der deutschen Fußball-Elite zu sehen. Dass über die Langzeitfolgen des spektakulären Engagements keine verlässliche Voraussage gemacht werden kann, hat die wenigstens interessiert. Allen Mahnungen wurde eine Absage erteilt. Also sollte man jetzt ausnahmsweise schweigen, den Reiz der Stunde auf sich wirken lassen und den Anblick des Gebotenen genießen. Christoph Daum und der 1. FC Köln sind gemeinsam eine Show, die der deutsche Fußball anderswo nicht zu bieten hat. Wer dabei Langeweile empfindet, ist selbst schuld.


    Außerdem ist bei Christoph Daum alles möglich - sogar, dass er in fünf Jahren noch Trainer dieses, seines Vereins ist. Oder schon wieder.


    KStA

    Dieter Müller und Thomas Kalt redeten nicht lange herum. Klar, sagte Müller, sei der 3:1-Erfolg der Offenbacher Kickers beim SC Freiburg wichtig, "gerade in der jetzigen Situation", räumte der Präsident des OFC gerne ein. Der erste Auswärtssieg der Kickers in der laufenden Saison in der Zweiten Fußball-Bundesliga hat zweifelsohne die Gemüter beim DFB-Pokalsieger beruhigt, nachdem mancher in Offenbach schon ernsthafte Bedenken gehegt hatte, ob das Unternehmen Klassenerhalt in der zweiten Saison nach der Rückkehr in den Profifußball erfolgreich zu bewerkstelligen sei. Deswegen sagte auch Müllers Vize Kalt, "dass es mehr als nur ein Stein ist, der uns vom Herzen gefallen ist".


    Mehr noch als das nackte Resultat wirkte die Art und Weise, wie der abstiegsbedrohte OFC die Punkte elf, zwölf und 13 errungen hatte, befreiend auf die Seele der Offenbacher. "Die Mannschaft hat gezeigt, was möglich ist, wenn man diszipliniert spielt", befand Trainer Wolfgang Frank nach dem Schlusspfiff, seine Mannschaft sei gut organisiert gewesen und habe "eine gute Bereitschaft zu laufen" an den Tag gelegt. Franks Fazit lautete deswegen: "Wir haben den Sieg nicht gestohlen, sondern ihn verdient."


    Trumpf der Offenbacher im Freiburger Stadion war vor allem die gute Moral, mit der sie vor allem den Rückschlägen begegneten. Denn nachdem Mittelfeldspieler Christian Müller den OFC mit seinem ersten Profitor - einem sehenswerten Direktschuss nach grobem Schnitzer von Freiburgs Innenverteidiger Boubacar Diarra - nach sechs Minuten in Führung gebracht hatte, mussten Kapitän Markus Happe und seine Kollegen zwischen der 27. und 33. Minute gleich drei Nackenschläge verkraften. Zunächst das 1:1 durch SC-Angreifer Alexander Iashvili, der nach Flanke seines Kapitäns Soumaila Coulibaly aus kurzer Distanz traf (27.), und dann binnen vier Minuten den Verlust zweier Stammkräfte. Erst musste Mittelfeldakteur Thomas Wörle mit einer Beckenprellung das Feld räumen (29.), kurz darauf rasselte Kapitän Happe beim Kopfballduell mit Dennis Aogo zusammen und musste mit blutender Lippe und einer Jochbeinprellung ausgetauscht werden (33.).


    Doch die Kickers wirkten dieses Mal, anders als sonst, nervlich stabil und gingen erneut in Führung. Angreifer Regís Dorn, dieses Mal anstelle von Suat Türker aufgeboten (siehe nebenstehenden Bericht) konnte nach 36 Minuten von Schlussmann Alexander Walke im Strafraum nur regelwidrig gebremst werden, den fälligen Elfmeter verwandelte Stephan Sieger kaltblütig.


    Damit hatten sich die Offenbacher den entscheidenden Vorteil erarbeitet, weil Freiburg an diesem Tage "mit dem erneuten Rückstand nicht umgehen konnte", wie SC-Coach Volker Finke hinterher anmerkte. In der zweiten Halbzeit suchten die merklich verunsicherten Breisgauer ihr Heil fast ausschließlich in langen Bällen, die allesamt Beute der kopfballstarken Offenbacher Innenverteidigung wurden. Je nervöser und aktionistischer Freiburg agierte, desto sicherer wurden die Gäste, die schließlich zwei Minuten vor dem Ende den entscheidenden Treffer landeten.


    Nachdem der für Wörle eingewechselte Markus Kreuz allein vor Walke gescheitert war, schaffte es der eingewechselte Türker, die Kugel zum 3:1 im Netz unterzubringen. Die Freude über das Tor und dritte Saisonsieg geriet für OFC-Trainer Frank reichlich schmerzhaft, der 55-Jährige kugelte sich beim Jubeln die linke Schulter aus, die noch am Spielfeldrand wieder eingerenkt wurde.


    Franks Kollege Finke hätte diese kurzen, aber heftigen Schmerzen wohl liebend gerne ertragen. Seine nämlich scheinen dauerhafter zu sein. Angesichts der uninspirierten Darbietung seines Teams gab es von der Tribüne nicht nur gellende Pfiffe, sondern auch deutlich vernehmbare "Finke-raus"-Rufe. Kommentieren wollte Finke die Unmutsbekundungen nicht, doch es war ihm anzusehen, dass es den dienstältesten unter den deutschen Profitrainern schmerzte, dass sein Status der Unantastbarkeit an der Dreisam nach 15 Jahren immer mehr bröckelt.


    Den Offenbachern wird es egal sein. Sie freuten sich darüber, "dass uns der kleine Befreiungsschlag gelungen ist, auf den wir so lange warten mussten", so Wolfgang Frank. Von einer vollzogenen Trendwende wollte im OFC-Lager allerdings keiner sprechen. "Ein kleiner Schritt" sei der Sieg, so Torschütze Türker. Vizepräsident Kalt sieht derweil nun "zumindest die Chance, die Saison ein wenig zu drehen". Das ist mehr, als viele in Offenbach noch vor kurzem angenommen haben.


    FR