Vor dem ersten Spiel in der Fußball-Regionalliga am Freitag gegen den Chemnitzer FC sprach Michael Rahm mit dem Trainer.
LEVERKUSENER ANZEIGER: Herr Kirsten, am Freitag beginnt die Saison in der Regionalliga. Wie fühlen Sie sich vor dem Start?
ULF KIRSTEN: Im Moment geht es eigentlich noch. Dass man aufgeregt und gespannt ist, ist normal. Wir haben eine gute Vorbereitung gespielt und von daher schaue ich optimistisch auf das Spiel, aber eine Vorbereitung kann auch arg täuschen.
Wie sehen die Saisonziele aus?
KIRSTEN: Natürlich ist der Klassenerhalt das Ziel. Ganz oben werden wir nicht landen, aber wir wollen in der Liga bleiben und eventuell den ein oder anderen Spieler an die erste Mannschaft heranführen.
Es hat den Anschein, als wäre bei den meisten Mannschaften in der Liga der Nichtabstieg das primäre Ziel. Welche Teams sind aus heutiger Sicht die härtesten Gegner?
KIRSTEN: Durch die neue Problematik mit den drei älteren Spielern wird es vermutlich für alle Amateurteams von Profivereinen nicht leicht. Wir haben gerade gegen Koblenz gesehen, was es ausmacht, wenn eine Mannschaft über viel Erfahrung verfügt. Daher wird es gegen die normalen Amateurmannschaften sicher sehr, sehr schwer.
In der Vorbereitung überraschte Bayer II mit Siegen gegen den Zweitligisten Braunschweig und den TuS Koblenz. Wie weit ist ihre Elf?
KIRSTEN: Das ist schwer einzuschätzen, weil auch viele bei den Profis mittrainierten. Stärken liegen ganz sicher im spielerischen Bereich. Wir funktionieren als Team, weil ja viele zusammen in der A-Jugend gespielt haben und wir dahingehend wenig machen mussten, um eine Einheit zu bilden. Die Jungs verstehen sich sehr gut. Die Schwächen liegen halt im körperlichen Bereich. Aber es ist ja bekannt, dass bei Bayer von ganz unten bis zu den Amateuren im körperlichen Bereich ein Defizit herrscht. Das müssen wir mit kämpferischem Einsatz wettmachen.
Die Amateur-Elf begreift sich ja auch immer als Ausbildungsstation für junge Talente. Wer aus dem aktuellen Kader könnte dauerhaft den Sprung zu den Profis schaffen?
KIRSTEN: Wir haben sicherlich vier, fünf Spieler, die das Potenzial dazu haben. Ob das jetzt für unsere Mannschaft reicht, ist die andere Frage. Aber auf alle Fälle haben wir eine ganze Anzahl von Spielern, die auf Dauer Bundesliga spielen können. Die müssen sich jetzt erstmal in der Regionalliga beweisen, durchsetzen, ein wenig lernen und dann bin ich überzeugt, dass es der ein oder andere schafft.
Der Aufstieg in die dritthöchste Klasse ist da ein Vorteil?
KIRSTEN: Mit Sicherheit. Zwischen Regionalliga und Oberliga ist ein himmelweiter Unterschied. Der Sprung nach ganz oben ist wahrscheinlich so leichter als wenn man in der Oberliga spielt.
Der Spieler Ulf Kirsten ist heute noch ein Vorbild für viele Akteure. Welche Vorbilder hat der Trainer Ulf Kirsten?
KIRSTEN: Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass Christoph Daum der Trainer war, der mir am meisten gebracht hat und von dem ich auch einiges übernehmen kann und muss. Bei Fenerbahçe Istanbul habe ich ja auch mein Praktikum gemacht. Ich hoffe, dass mir das ein oder andere zugute kommt. Aber ich kann bestimmt von allen meinen Trainer etwas mitnehmen.
Als echter Strafraum-Stürmer haben Sie hauptsächlich von einem Spiel über die Außen profitiert. Liegt es daher nahe, dass auch der Trainer Kirsten auf ein offensives Flügelspiel setzt?
KIRSTEN: Ja klar, die meisten Tore fallen nun mal über die Flügel, ich habe als Spieler davon gelebt und will versuchen, dass wir uns da verbessern. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass wir viel durch die Mitte agiert haben. In der Oberliga war das zwar von Erfolg gekrönt, aber ich denke, in der Regionalliga stehen die Mannschaften kompakter. Ein gutes Flügelspiel wäre da wohl keine schlechte Basis.
Wie wichtig ist Dirk Dreher als Assistent für Sie?
KIRSTEN: Er hat schon mehrere Jahre als Co-Trainer gearbeitet und wir verstehen uns auch privat sehr gut. Seit zwei Jahren kennen wir uns enger und daraus ist schon eine gute Verbindung gewachsen. Er nimmt mir als Neuling in dem Job auch viel ab. Zudem ist Ralf Minge ja auch noch da. Bei ihm kann ich mir immer Informationen und Ratschläge holen, genau wie auch bei der Profiabteilung. Von daher passt das insgesamt alles sehr gut.
Sie haben in einer der ersten Mannschaftssitzungen gesagt, dass viele im Umfeld vom direkten Wiederabstieg ausgehen und sie deshalb erst recht die Klasse halten wollen. Ist das ein Motto der Saison: Wir haben keine Chance also nutzen wir sie?
KIRSTEN: Fakt ist, dass die meisten Leute mit denen wir im Vorfeld gesprochen haben, wenig Chancen sehen, da wir so viele A-Jugend-Spieler haben. Allerdings denke ich, wenn wir selber an uns glauben, dann schaffen wir das auch.
Wie sehen denn ihre Ziele für die eigene Trainerkarriere aus?
KIRSTEN: Irgendwann habe ich gesagt: „Ich werde nie den Trainerschein machen.“ 2003 habe ich doch die Prüfung abgelegt. Dann habe ich gesagt: „Cheftrainer bei irgendeiner Mannschaft, darauf habe ich gar keine Lust.“ Jetzt bin ich Chef in der Regionalliga. Das macht mir momentan sehr viel Spaß. Ich habe hier mit den Amateuren zwei Jahre vor mir und ich freue mich darauf. Was danach kommt, steht in den Sternen.
KStA