Es ist kein Geheimnis, dass Michael Ballack die Erwartungen in Leverkusen nicht annähernd erfüllt hat. Wie die Klub-Verantwortlichen aber mit ihm umspringen, zeugt von schlechtem Stil. Kommentar.
Irgendwie scheint sich im deutschen Fußball die Überzeugung durchgesetzt zu haben, dass man es mit Michael Ballack ja machen kann. Erst das unwürdige Theater um seinen unfreiwilligen Abschied aus dem Nationalteam, welches er mit seinem gravierenden Mangel an Selbsterkenntnis allerdings eigenhändig mit inszeniert hatte.
Nun das fröhliche Dreinschlagen bei seinem Klub Bayer Leverkusen.
Kette der Merkwürdigkeiten
Dort haben die Verantwortlichen, allen voran Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser und Sportdirektor Rudi Völler, den Begriff Stil ganz gewiss nicht erfunden, wie sie seit einigen Jahren regelmäßig erkennen lassen. Vom unrühmlichen Abschied des Trainers Bruno Labbadia über ausdauerndes Gemäkel am Charakter diverser Spieler bis zum seltsamen Umgang mit Torwart René Adler reicht die Kette der Merkwürdigkeiten.
Die letzte Episode lieferte nun ohne ersichtliche Not Holzhäuser mit den Tiraden in einer Kölner Zeitung gegen seinen teuersten Spieler, der den Verein zum Saisonende verlassen wird, vorher aber immerhin noch Protagonist einer Werbekampagne des Bayer-Konzerns ist.
Auf dem Platz war Ballack nicht das Problem
Es ist kein Geheimnis, dass Ballack die Erwartungen nicht annähernd erfüllt hat, die mit der Rückkehr zu seinem alten Klub verbunden waren. Das lag an seinen Verletzungen, daran, dass die Trainer Jupp Heynckes und Robin Dutt von den Versprechungen, die dem Spieler bei seiner Verpflichtung gemacht worden waren, nichts wissen wollten, und daran, dass er mit 35 nicht mehr der torgefährliche Antreiber früherer Tage ist.
Dennoch spielte Ballack eine gute Hinrunde, und zu den vielen Problemen, die Bayer in dieser Saison hat, gehört Ballack auf dem Platz gewiss nicht.
Und selbst wenn er abseits des Spielfeldes – und bei seinen Auswechslungen – gern den Stinkstiefel gibt, wäre es angesichts bevorstehender wichtiger Spiele in Bundesliga und Champions League opportun, dies intern zu regeln und nicht über den Boulevard in die Welt zu posaunen.
So jedoch liegt tatsächlich der von Ballacks Manager geäußerte Verdacht nahe, dass schon mal ein Sündenbock gesucht wird. Denn eines ist Standard für Bayers Führung, wenn wieder mal was schiefläuft: Schuld ist immer jemand anders.
Matti Lieske
fr-online.de