Der Niedergang des Rekordmeisters
Im Derby der Basketball-Bundesliga erwartet Köln am Montag Bonn.
Köln - Der seit langem still erduldete Ärger der Leverkusener Basketball-Fans verwandelte sich am Donnerstagabend in lauten Protest. Und so wurden die Bayer Giants nach dem 80:83 gegen Aufsteiger Nürnberg mit wütenden Pfiffen verabschiedet. Als Trainer Achim Kuczmann seinem Gegner widerwillig zum Sieg gratulierte, hatten die meisten Zuschauer die Wilhelm-Dopatka-Halle schon verärgert verlassen. An die Gewissheit, dass die glorreichen Zeiten des deutschen Rekordchampions (14 Meisterschaften, zehn Pokalsiege) passé sind, haben sich die Anhänger des Klubs gewöhnen können, eine von Woche zu Woche konkreter werdende Abstiegsangst können und wollen sie aber nicht in Kauf nehmen. Nur vier Siege hat sich die Mannschaft in der Hinrunde der Bundesliga zusammengeklaubt, der vorletzte Platz ist die logische Konsequenz des Niedergangs.
Bislang haben sich Coach und Spieler auf die dunkle Macht des Schicksals berufen, die den Giants sieben Niederlagen mit sechs Punkten oder weniger zugefügt hat. Die Grenze zwischen Pech und mangelnder Klasse ist jedoch längst überschritten, auch wenn Kuczmann das noch zu vertuschen versucht: "Es ist schwer, den entscheidenden Wurf zu setzen, die knappen Spiele bleiben in den Köpfen." Der Blick von Abteilungsleiter Otto Reintjes ist da schon realistischer: "Die kämpferische Leistung, die einige gezeigt haben, war zu wenig."
Besorgt nimmt auch der Hauptsponsor die Entwicklung zur Kenntnis. "Die Tabelle ist ein klares Parameter und eine herbe Enttäuschung", erklärt der Bayer-Sportbeauftragte Meinolf Sprink. Die Thesen der Pessimisten, die einen Rückzug des Geldgebers und das damit verbundene Aus des Profi-Basketballs in Leverkusen prophezeien, möchte er aber nicht befeuern. Zumindest noch nicht. "Es ist viel zu früh, Saisonausgänge zu antizipieren", meint Sprink.
Frei von solchen Sorgen bereitet sich RheinEnergie Köln auf das Derby am zweiten Weihnachtstag gegen die Telekom Baskets Bonn (17 Uhr, Kölnarena) vor. Die Mannschaft von Trainer Sasa Obradovic hat mit überzeugenden Leistungen in den vergangenen Wochen ihr Selbstbewusstsein auf eine höhere Ebene befördert. „Es ist unglaublich erfrischend, wie die Jungs spielen“, bemerkt Sportdirektor Stephan Baeck erfreut. Insbesondere bei den Triumphen über Moskau und Cantu haben sich die Nachwuchskräfte für höhere Aufgaben empfohlen. Anlass zum Optimismus liefert den Gastgebern zudem die Statistik: Bei 14 Duellen siegte zehnmal Köln, zuletzt feierte die Mannschaft im Mai nach einem Triumph über die Baskets den zweiten Pokalsieg.
Auch wenn am Montag keine Trophäen zu vergeben sind, ist ein Zuschauerrekord zu erwarten, da der Klub im Vorverkauf bereits mehr als 7000 Tickets abgesetzt hat.
Quelle: Lars Richter, Leverkusener Anzeiger vom 24.12.2005